GZ_Oberlienz_2021_05

24 Oberlienz erlesen Oberlienz erlesen 25 Oberlienz was Laufen konnte, auf dem Unglücksplat- ze. Es war schauerlich anzusehen. Ich hörte aber wenig und sah nichts, war ich doch in einer riesigen Schuttmasse ver- graben. Als mich die Arbeiter nach Tagen fanden, war ich Gott sei Dank unverletzt geblieben. Aber drei neue Glocken waren zerbrochen; die Größte, die Mittlere und Vierte, die Zweite und die Fünfte waren wie ich unbeschädigt. Kein Stein fiel über die Friedhofmauer hinaus. Die Kuppel war in den Wirtsgarten hinaufgefallen und der Kirchturmhahn dort auf einem Birnbaum hängengeblieben. Menschen kamen nicht zu Schaden. 1915 Am 1. Juni kam eine Anfrage seitens des fb. Ordinariates Brixen, ob und wie viele entbehrliche Kirchenglocken in den einzel- nen Kirchen vorhanden seien, welche zur Herstellung von Kriegsmaterial der Heeres- verwaltung unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Antwort von Pfarrer Mellitzer lautete: keine. 1917 Nachdem die k.k. Heeresverwaltung die Kirchenglocken nun doch zu Kriegszwe- cken in Anspruch nahm, wurden zunächst die größte und zweitgrößte Glocke am 2. und 4. Juni 1917 abgenommen. Die Glo- ckenabnahme besorgte das Militär und ging vom Kleeblatt des Turmes aus von- statten, kostete aber der Bevölkerung manche Träne, aber es hieß: „Wenn nur unsere Leute – Soldaten noch zurückkom- men!“ Die älteren Leute hatten keine Hoff- nung mehr, dass sie nochmals ein gleich- wertiges Geläute hören würden. In diesen vier Jahren des I. Weltkrieges wurde ich 131 Mal geläutet, davon 58 Mal für die Gefallenen. Viel Leid und Wehklagen zu dieser Zeit - viele Tränen wurden im Friedhof unter mir vergossen. Nur 25 Jahre später: 1942 Im Februar erfolgte erneut eine Glocken- abnahme. Hitler tat es also doch. Es ge- schah auf gemeine Art. Eine Firma von Li- enz sandte ohne Anmeldung ein paar Lumpen, ja richtige Lumpen in den Turm. Pfarrer und Kirchenrat wurden gar nicht beachtet und die Glocken ohne Gegen- schein fortgeliefert. Ich blieb als einzige, älteste und eigentlich am schlechtesten er- haltene Glocke im Turm. In Oberdrum blieb die kleine Glocke und in Glanz die Stahlglocke im Turm. In St. Helena wurde die Größere etliche Tage später durch Einbruch ergattert. Pfarrer Kleinheinz traf die Diebe auf dem Wege von der Helenenkirche kommend. Der An- führer und Oberlümmel mit Namen Diet- mar hatte danach erklärt, dass er den Pfaffen eigentlich niederschlagen hätte sollen. In diesen sechs Jahren des II. Weltkrieges wurde ich insgesamt 131 Mal geläutet, für die Gefallenen erklang mein Ton 53 Mal. Wieder diese Hoffnungslosigkeit, das un- sagbare Leid und die vielen Tränen unter mir. 1955 Vor der großen Feier, die am Sonntag den 1. Mai stattfand, wurde ich diesmal vom Turm abgenommen und durfte bei der Ein- weihungsfeier meiner sechs neuen und größeren Geschwister dabei sein. Dekan Monsignore Budamaier nahm die Weihe der sieben Glocken, umgeben von vielen geistlichen Herren, vor. Dann ver- wies Nationalrat Franz Kranebitter in einer eindringlichen Ansprache auf den Wieder- aufbau Österreichs, der sich aber nicht nur im Materiellen abspiele, sondern sich auch im Geistigen vollziehen muss. Es sollen Glück und Segen die Zukunft unse- res Vaterlandes begleiten. Danach wurden wir in den Glockenturm aufgezogen, meine sechs Geschwister läuten seit mittlerweile mehr als 65 Jahren. 2021 Ich klagte mein Leid letztmals am 22. Jän- ner 2000, dem Todestag von HW. Pfarrer Josef Taxer. Aber 231 Jahre Arbeit sind ja auch genug, meine ich - nun bin ich schon mehr als 21 Jahre in Pension. 10 Generationen Einwoh- ner habe ich mittlerweile von der Geburt bis zum Tod begleitet. Sie wurden gebo- ren, wurden getauft, feierten Erstkommuni- on und Firmung und viele von ihnen auch Hochzeit und alle durfte ich auch ihren letzten Weg begleiten. Bericht zusammengefasst aus Zeitzeugen- berichten, Zeitungsartikeln und Chronikauf- zeichnungen von Gottfried Stotter im April 2021 von Gottfried Stotter Dialekt A richtige Bairin I hätt heint fia enk 2 luschtige Beiträge, des oba woahre Begebenheiten sein. Bei da easchtn leben die Leit nou, deswegn houn i gfrog ob i des Schreiben terf: Die olte Tante von ana Oberlienzna Bairin hot se gfrog ob sie Hein (Hühner) hot und Oa vakafn tuet? Drauf hot die Bairin „na“ gsog. Die zweite Froge woa ob sie buttan tuet? Des hot sie a wieder mit „na“ beont- woaten gemiesst. Aber wienigschtens Heimilch weasche woll hoben! Die Bairin wieder „na“. Drauf die olte Tante gonz schlogfeatig: „Nocha bisch du koa richti- ge Bairin“! Da schnellschte Schaufla in da Gemeinde Die zweite Begebenheit hot sich glei amol nochn Krieg ogschpielt. Sem homse im Dorf die Wosserleitung gegroben, wos gröessteils lei mit da Hond gepickelt und gschaufelt wöan isch. Do sein allweil a poa Leit beinonda gewesen de in oana Partie gegroben hom. Sou homse nochan auf vaschiedene Öate oungfong und hom aufanonda zue gegroben. Oana isch do bei oan Trupp dabei geweisen, dea hot am liebschten alloan gschaufelt wie da wilde. Die oan zwoa hom weita drunta gegroben und sein so vatieft in die Orbet geweisn, daß se den wos alloan gegro- ben hot goa nit a sou beochtet hom. Wie se nochan Knietief gegroben ghot hom, mochn se amol a Raschtale. Bold se aufn schaugn ze den wos alloane gegroben hot, homse gsechn dass dea jo schun bis zen Bauch in Groben drinne isch. Sie hots gewundert, dass oana alloane so schnell sein koun ban schaufln und sein amol aufn gong ze ihn schaugn. Dea oanzelne Bug- gla woa fia seine güetn Schmäh bekonnt, und wos homse gsechn …………….., ea isch im Grobn geknient! und hot gschauflt. De Begebenheit isch Johre danoch allweil wieda dazählt woan. De Beteiligten hom a do nou ollweil herzhoft iba die Dreistig- keit und en Einfall vom Orbeitskollegen lochen gekinnt. von Hannes Schneeberger Mädchen ganz rechts: Sieglinde Unterassinger © Fotos Chronik Oberlienz

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