GZ_Virgen_2021_03

47 Dorfleben – Menschen Virger Zeitung Bäcker Albert Wurnitsch wanderte genau zu dieser Zeit nach Amerika aus und meine Mutter bat mich zu bleiben. 1964 wagte ich dann den Neubau des Betriebes zusammen mit einem Wohnhaus. Zwei Jahre später, ich war bereits verheiratet und wir hatten vier Kinder, zogen wir in unser Eigenheim. Zeitgleich eröffneten wir unsere neue Bäcke- rei, die ich gemeinsam mit meiner Frau bis zur Pensionierung führte. Familie „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau “ – diese Aussage trifft wohl auch auf meine Frau Christel zu, die ich 1961 in Solin- gen, Deutschland, heiratete. Das war damals sehr schwer und auch unüblich, dass ein Stadtmädchen in ein kleines Bergdorf heiratet – dazu noch evangelischen Glaubens im „Heiligen Land“ Tirol. Christel hat mir den Rücken freigehalten, wenn ich nicht zu Hause war, und das war oft. Im Jänner durften wir das Fest der Diamantenen Hochzeit bege- hen – aufgrund Corona musste die Familienfeier natürlich verschoben werden. Unsere Ehe war mit zehn Kinder gesegnet, zu denen sich mitt- lerweile 13 Enkel und zwei Urenkel- kinder dazu gesellt haben. Jetzt in der Pension genießen Christel und ich die gemeinsame Zeit, die früher sicher oft zu kurz gekommen ist. Wir sind beide sehr weltoffen und gehen gerne auf Reisen, machen die eine oder andere kleine Wanderung oder genießen einfach in Ruhe ein gutes Buch. Rückblickend auf mitt- lerweile 60 gemeinsame Ehejahre kann ich sagen, dass es kein Rezept für eine gute Ehe gibt, aber gegen- seitiger Respekt und Achtsamkeit, gewürzt mit gesundem Humor sind Hilfen, um gemeinsam alt zu werden. Meine Athos- Aufenthalte Die Mönchsrepublik Athos im Nordwesten Griechenland ist eine eigene Welt. Sie ist das spirituelle Fritz und christel joast mit ihren zehn kindern und Fritz‘ Mutter emma joast (l.). Athos - Wandern auf alten, ausgetretenen Pilgerpfaden. Zentrum der griechisch–orthodo- xen Kirchen. Diese geheimnisvolle Welt wird derzeit von ca. 2.800 Mönchen in 20 Großklöstern und Skiten (Mönchsdörfern) und eini- gen Hundert Einsiedelein selbst- ständig und autonom unter grie- chischer Hoheit verwaltet. Was zieht einen in die Gegend, wo die Zeit stehen geblieben ist? Schon die Erlaubnis einreisen zu dürfen, ist schwierig. Lediglich zehn männ- lichen Ausländern pro Tag gewäh- ren die Mönche die Einreise. Frauen ist der Zutritt verboten. Das Wertvolle und Schöne auf Athos war für mich, das Gehen auf den alten, ausgetreten Pilgerpfaden von Kloster zu Kloster, begleitet von den Düften der wildwachsenden Kräu- ter und einer unvergesslichen Blu- menpracht. Man fühlt sich von Gott geführt und begleitet. Das Leben in den Klöstern ist einfach und bescheiden. Brot, Wasser, Oli- ven, Gemüse, Obst – kein Fleisch – mehr gibt‘s nicht zum Essen. Mag spartanisch erscheinen, aber ab dem dritten Tag empfand ich die Abkehr von Konsum und Über- fluss als einen Rückzug in meine Kindheit – deshalb die zwölf Auf- enthalte dort. Sieben Mal begleitete mich mein Freund Franz Holzer, auch er war fasziniert von dieser außergewöhnlichen Unberührtheit. Die Rückkehr von diesen Reisen gaben mir selbst und meinem Um- feld Entspannung und meinem täg- lichen Tun längere Zeit Normalität.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3