GZ_Virgen_2021_03

44 Dorfleben – Menschen Virger Zeitung dern und Geschäft. Ich kann mich an einige wenige prägende Mo- mente erinnern, wo mein Vater auf Heimaturlaub bei uns war. Einmal saß ich in der Küche beim Fenster, ein Soldat mit Rucksack und Ge- wehr ging vorbei. Ich hatte Angst. Die Küchentür stand offen und ich sah, wie dieser Soldat den Rucksack samt Gewehr mit beiden Händen in unseren Keller stellte. Der Soldat war mein Vater. Sein letzter Hei- maturlaub war im Jänner 1944, ich war damals sechs Jahre alt und die Abreise ist mir tief im Herzen ein- gebrannt. Ich kann mich an einen Spaziergang mit ihm durchs Dorf erinnern, er trug mich unter dem Arm. Dann kam auch schon wieder der Abreisetag. An diesem Tag krochen meine Schwester und ich in der Früh zum Vater ins Bett, an diese wohlige Wärme kann ich mich heute noch erinnern. Beim Frühstück wurde kaum gesprochen, wir Kinder verstanden nicht, dass dies ein Abschied in eine ungewisse Zukunft war. Wir begleiteten unse- ren Tate um 6 Uhr in der Früh zum Bus. Es war dann schließlich ein Abschied für immer, er kam nicht mehr zurück. Meine Mutter hat nie mit mir über das Leben und den Tod meines Vaters gesprochen und ich habe auch nicht gefragt, zeit- lebens fehlte mir das. Ostpreußen Als unsere Mutter am 22. Mai 1991 verstarb, fand ich bei ihren beschei- denen Habseligkeiten einen Brief in einer Holzschatulle, geschrieben in Kurrentschrift, datiert mit dem 11. Jänner 1948 von einem Herrn Wilhelm Kübler aus Hessigheim. Er schrieb unsere Mutter, dass er selbst erst Ende 1947 aus russischer So war er Mitbegründer des Virger Männerchors und 48 Jahre lang aktives Mitglied der Musikkapelle, wo er sich seit 30 Jahren für die Organisation des jährlichen Alm- blasens auf Zupal mit besonders viel Herzblut einsetzt. Außerdem war Fritz beim Volkstanz, bei der Sportunion, im Pfarrgemeinderat und lange Jahre im Gemeinderat tätig, davon zwei Perioden als Vize- bürgermeister. 20 Jahre lang fun- gierte er als Bezirksvertrauens- mann der Bäckerinnung. Im „Lebensbild“ dieser Ausgabe der Virger Zeitung erzählt Fritz selbst von seiner Kindheit, seinem beruf- lichen Werdegang und unter ande- rem auch von den sehr prägenden Reisen zum Grabe seines Vaters. Aufwachsen ohne vater Einige Begebenheiten aus Kind- heitstagen haben mich bis zum heu- tigen Tag begleitet. Die einfache Wohnung im Untergeschoss beim Bacher „Machtla“ in Virgen, wo ich mit meiner Mutter Emma und mei- ner Schwester Inge und Cille Egger (Tollinger – sie war als Hausgehilfin joast Fritz - „bäckn Fritz“ VIRGER LEBENSBILDER Fritz joast, bäckermeister i. r. schon bei unserem Vater Ernst be- schäftigt), in Untermiete wohnte. Ein Bäckerladele mit ca. 20 m², eine kleine Küche, zwei Zimmer, ein Klo, ein breiter Hausgang, der auch als Lagerraum für Mehl und diverse Rohstoffe für die Bäckerei fungierte, im Keller die Backstube und ein Keller mit Lehmboden. An meinen Vater kann ich mich kaum erinnern. Vater musste schon ein Jahr nach meiner Geburt ein- rücken – eine unvorstellbare Zeit für eine Frau allein mit zwei Kin- Fritz in jungen jahren. Auf ein sehr bewegtes leben kann der pensio- nierte virger bäckermeis- ter Fritz joast zurückbli- cken. es war geprägt von entbehrungen vor allem in der kindheit, aber auch gesegnet mit vielen schö- nen und kostbaren Mo- menten. neben seinem beruf als bäckermeister und seiner großen Familie fand Fritz auch immer Zeit für das vereinsleben.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3