GZ_Leisach_2021_03

6 Leisacher Gucklöcher Franziska Senfter – eine Frau mit vielen Talenten Vor etwa 40 Jahren brachten tirolweit viele den Ort Leisach als erstes mit einem Betrieb in Verbin- dung: Mit der Möbeltischlerei Senfter, die vor allem für die gediegenen, formschönen Sessel be- rühmt war. Damals war Franzi die Chefin dieses Betriebs, den ihr Schwiegervater im Jahre 1938 gegründet und 1964 groß ausgebaut hatte. Franzi ist in Dölsach aufgewachsen, als Tochter des Schmiedemeisters Wilhelmer. Mit ihren zwei Geschwistern verbrachte sie dort eine unbe- schwerte Kindheit. Nach der Hauptschule besuchte sie die Handelsschule in Lienz und arbeitete anschließend bei mehreren Unterneh- men in der Buchhaltung. Schon als Kind war sie in einer Jungschargruppe und engagierte sich bald als Gruppenleiterin bei der Katholischen Jungschar und Jugend. Die Gruppenleiter trafen sich immer wieder zu Schulungen und geselligen Aktivitäten, und dabei lernte sie den jungen Alfred Senfter kennen, der in Leisach Jungschar- und Ministrantenführer war. Er war ambitionierter Tischlerlehrling im elterlichen Betrieb, ein fröh- licher, temperamentvoller, musikalischer junger Mann; kein Wunder, dass sie sich in ihn ver- liebte. Die Liebe war gegenseitig, und für Alfred war es klar, dass er für die Fortführung des auf- strebenden Tischlereibetriebs keine bessere Part- nerin finden könnte.1973 heirateten die beiden, im selben Jahr, als ihr Schwiegervater für seine Verdienste als langjähriger Bürgermeister zum Ehrenbürger der Gemeinde Leisach ernannt wurde. Franzi gelang es mit viel Einfühlungsvermögen und Energie, als Junior-Chefin in der großen, akti- ven Paulschneider-Familie ihren Platz zu finden und zu behaupten. In den folgenden Jahren brachte sie vier Kinder zur Welt: Alfred im Jahre 1974, Magnus 1975, Herwig 1977 und Imelda 1981. Neben der Arbeit für die Familie war Franzi immer im Büro der großen Tischlerei für die Buchhaltung und Lohnverrechnung zuständig und bildete auch Bürolehrlinge aus. Die Firma expan- dierte ständig, Alfred stellte seine Sitzmöbel bei Messen in Innsbruck, Wien und München aus. Er war ein begabter Designer und konnte sich sehr gut auf seine Geschäftspartner einstellen, so dass es an Aufträgen nicht mangelte. Franzi erinnert sich, dass sie bis zu 5.000 Kataloge mit ihren Produkten an Tischlereien in Österreich und Deutschland verschickten. In der Blütezeit waren 33 Personen im Betrieb beschäftigt, zahlreiche Lehrlinge erlernten dort ihr Handwerk. Doch dann schlug das Schicksal unerbittlich zu. 1994 erlitt Alfred bei einem Autounfall schwere Verletzungen, von denen er sich nie mehr ganz erholte. Seine Tischler produzierten nach wie vor in gleicher Qualität, aber die Absatzbedingungen wurden immer schwieriger, weil sich das Kaufver- halten der Kunden änderte und viele billige Möbel auf den Markt kamen. 1998 starb Alfred mit 48 Jahren und Franzi war mit den vier unversorgten Kindern und dem großen Betrieb auf sich gestellt. Es folgten sehr harte Jahre, die Franzi fast an die Grenzen ihrer Belastbarkeit brachten. Am wichtigsten war ihr, dass ihre Kinder ihre Berufsausbildung ungehindert fortsetzen und abschließen konnten, was nur durch Studienbei- hilfen finanzierbar war. Alfred studierte in Innsbruck Medizin. Schon seit seiner Hauptschulzeit war er leidenschaftlicher Rotkreuz-Helfer und davon überzeugt, dass er als Arzt arbeiten würde. Nach seinem Studienab- schluss und den Turnusjahren in Innsbruck und einigen Berufsjahren in Vorarlberg kehrte er nach Lienz zurück, wo er als Anästhesist im BKH und als Notfallarzt große Anerkennung genießt. Magnus absolvierte nach der Handelsschule eine Tischlerlehre, aber sein Herz schlug für die Musik. Auf der Trompete war er so virtuos, dass er in die Militärmusik aufgenommen wurde. Da- nach studierte er in Innsbruck Musikpädagogik und Wirtschaftspädagogik und unterrichtet diese Fächer seit Jahren an der HLW in Lienz. Herwig besuchte nach der HAK in Lienz die Fachhochschule für Holzwirtschaft in Kuchl, die er als Dipl. Ingenieur abschloss. Wenn alles glatt gelaufen wäre, hätte er dem Betrieb neue Impulse geben können, aber das war nicht mehr möglich. Er arbeitete einige Jahre bei der Wirt- schaftskammer in Innsbruck für die Initiative „Pro Holz“, studierte nebenher kaufmännische Fächer und kehrte als Lehrer und Administrator an der HLW nach Osttirol zurück. Imelda ließ sich nach der HAK in Innsbruck zur Medizinisch-technischen Assistentin ausbilden Foto: Brunner Images

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