GZ_Heinfels_2019_01

Berichte 8 Kapellen in Heinfels Die„Kapelle in der Hube“ in Heinfelsberg Bei historischen Romanen oder Nacherzählungen stört niemand der Ansatz „wie es hätte sein können“. Sicher – er ist alles andere als „wissenschaftlich“. Mit diesem Vor- behalt kann man sich trotzdem der Kapelle in Heinfels- berg mit seinem Deckenfresko nähern. Es zeigt das „letzte Abendmahl“, das sich an das berühmte Wandgemälde Leo- nardo da Vincis im Refektorium der Santa Maria della Gra- zie in Mailand anlehnt. Wahrscheinlich hat der wohl ein- heimische Künstler einen Stich von ihm gesehen und als Vorlage benutzt. Die Jünger stehen in Dreiergruppen diskutierend um Jesus. Man hat den Eindruck, sie sind aufgesprungen, ob der Un- geheuerlichkeit, die sie gerade erfahren haben. Judas ist – im Gegensatz zur mutmaßlichen Vorlage – nicht eindeutig zu identifizieren, es sei denn, man interpretiert das grüne Gewand eines Jüngers (neben Jesus) als einen versteckten Hinweis. Bei Leonardo da Vinci ist der Tisch mit Brot und Wein gedeckt, und am Beutel erkennt man Judas. Auch ist die Szene bewegter, die Gesten der Jünger eindeutig aufge- regter, nur Christus strahlt traurige Ruhe aus und neben ihm zwei Jünger weiter Judas quasi isoliert. So durchkom- poniert stellt sich das Deckengemälde in der Kapelle in der Hube nicht dar. Eher steif und reserviert diskutieren dort die Jünger. Eine Gruppe sitzt normalerweise zum Essen oder Trinken „um den Tisch herum“. So wird das letzte Abendmahl im großen Fastentuch der Pfarrkirche Virgen oder im dor- tigen Fresko in Maria Schnee dargestellt. Nicht so in der Hube: Alle Akteure stehen hinter einer Tafel. Die Dreizahl der diskutierenden Jünger, oder die so gruppierten Fenster sowohl in der Hubekapelle als auch im Mailänder Vorbild sindwohl Anspielungen auf die Dreieinigkeit Gottes – nicht so in den Darstellungen in Maria Schnee. Mit einfach pro- filiertem Stuckrahmen eingefasst erscheint das Bild und wird wohl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Decke der Kapelle gemalt worden sein. Sicher, das Gebäu- de könnte älter sein. Aber seine Formensprache weist auch in diese Zeit. Die beiden Fenster neben dem Eingang und auch die verglaste Rundbogennische mit der Skulptur des Sylvester passen ins späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert. Rokoko- oder Barockarchitektur besitzt andere Formen. Die Kapelle hat einfache, klare Linien, keine Schnörkel. Zu Ostern wird in der Kapelle in der Hube ein „Geißelhei- land“ aufgestellt. Wie er nach Panzendorf kam, ist verges- sen, aber ihm könnte es ähnlich ergangen sein wie dem „Herrgöttle von Bihlafingen“. Die Wallfahrtskirche „Wies“ bei Steingaden in Oberbayern hatte ab 1755 europaweiten Zulauf. Frommes Volk strömte aus allen Himmelsrichtun- gen zum „Wiesheiland“ und erhoffte sich dort Gebetserhö- rung und Hilfe in allen möglichen Nöten. In seinem Umfeld entstand quasi eine „Devotionalienindustrie“. Man konnte dort „geschnitzelte Figürchen“ für 2 1/2 Kreuzer kaufen. Diese kleinen Nachbildungen des gegeißelten Heilands waren begehrt. Der in einem verglasten Rokoko-Schrein in der Hube an Ostern ausgesetzte „Geißelheiland“ ist ein sol- ches Bildnis. Es dürfte so um 1760 herum bei Steingaden entstanden sein. In schwäbischen Kirchen sind Skulpturen vom Kerkerhei- land an der Geißelsäule durchaus üblich. Sie waren Aus- druck schwäbischer Volksfrömmigkeit dieser Tage. So auch in Bihlafingen, das zu Wiblingen gehörte, dieses wiederum war ein angesehenes Kloster in „Vorderöstreich“. Starke Verbindungen zwischen Schwaben und Tirol bestanden in dieser Zeit durchaus. Die Augsburger Fugger waren ja im Tiroler Bergbau investiert. Wenn man von Lienz über den Brenner nach Augsburg wollte, kam man nahe an der „Wieskirche“ vorbei. Brächte man die Kapelle in der Hube mit dem Bergbau in Verbindung, so sind die 70er Jahre des 18. Jahrhunderts relevant. Seinerzeit wurde in Panzendorf

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