GZ_Assling_2020_10

Viren sind Bausteine des Lebens. Sie haben die mensch- liche Evolution ermöglicht. Letztlich stammen wir alle von Viren ab. Sie können uns aber auch krank machen. „Wenn Viren krank machen, sind die Menschen meistens selber ver- antwortlich. Denn sie haben Gleichgewichte gestört“ sagt die Virologin Prof. Dr. Karin Moelling. Viren sind die größte biologische Population. Dass sie auf unserem gesamten Globus verteilt sind, dass sie Ozeane, Flo- ra, Fauna und auch den Menschen besiedeln, ist allgemein bekannt. Aber Viren sind uns noch viel näher, als wir lange ahnten. 2001 erschien in der Zeitschrift „Nature“ eine mit Spannung erwartete Veröffentlichung. Es war gelungen das menschliche Genom zu entschlüsseln. Und was wurde zur Überraschung aller gefunden? VIREN! Das menschliche Erbgut besteht zu über 50 Prozent aus Viren, ehemaligen Viren und virusähnlichen Elementen. Und das betrifft nicht nur uns Menschen. Die DNA aller Lebe- wesen auf diesem Planeten besteht zu unterschiedlichen Anteilen aus der DNA von Viren. Wie ist das möglich? Sind die Viren unsere Vorfahren? Das Viren die ersten Lebewesen waren, der Ursprung des Lebens – das ist bisher noch eine Hypothese. Eine Hypothese, die Dr. Moelling ganz entschie- den vertritt. Sie ist damit nicht allein. Das Verhältnis von Virus zur Wirtszelle kann sich sehr unter- schiedlich gestalten – von der Zerstörung der Zelle bis zu einer friedlichen Koexistenz zu beiderseitigem Nutzen. Viren kön- nen inaktiv in einer Zelle verharren. Ihre Vermehrung erfolgt dann durch die natürliche Teilung der Wirtszelle. Sie schädi- gen den Wirt dabei nicht. Sie können aber auch ihre eigene DNA in die des Wirts einbauen. Integrieren sie ihre DNA in die Keimzellen ihres Wirtes werden sie von Generation zu Generation weitervererbt. Bestimmte Mechanismen können die Viren wieder aktivieren und sie veranlassen, sich in den Zellen zu vermehren. Oder sie bleiben, eingeschrieben in die DNA des Wirts, für alle Zukunft im Erbgut enthalten. Diesen Vorgang nennt man Endogenisieren. Er ist wohl dafür verant- wortlich, dass unsere und die DNA aller Lebewesen einen gro- ßen Anteil an viraler DNA enthält. Wir bestehen aus Viren. Das sollte uns jedoch keine Angst machen. Im Gegenteil. Die stetigen Veränderungen, die Viren in unserem Erbgut bewirkt haben und weiter bewirken, gehö- ren zu unserer Evolutionsgeschichte, zu unserer Menschwer- dung. Viren sind der Motor der Evolution. Gute Viren? Böse Viren? Weder noch. Einerseits sind die Viren Motor unserer Evolution. Andererseits gehören Infek- tionskrankheiten, bakterielle wie virale, zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Doch dass ein Virus seinem Wirt gefährlich wird, hat meistens die Ursachen in einem gestörten natürlichen Gleichgewicht. Im Menschen existieren unzählige Virenarten, die zu unserem Mikrobiom, der Gesamtheit unse- rer natürlichen Mikroorganismen gehören. Aber es gibt auch pathogene, also potentiell krankmachende Viren in uns oder sie werden durch Mileauveränderungen erst dazu, ohne dass wir es bemerken. Erst unter bestimmten Bedingungen werden sie aktiv. Ein bekanntes Beispiel ist das Herpes-Virus, das vie- le Menschen in sich tragen. Erst in Stresssituationen wird es rege und zeigt sich in seiner unangenehmen Erscheinung in Form von Fieberblasen. Wir erkranken nicht nur durch Ansteckung, sondern auch, wenn wir uns überabeitet haben, unterkühlt sind, aus unserem Gleichgewicht kommen. Viren sind natürlich nicht nur in uns, sie werden auch rege ausgetauscht zwischen Menschen, aber auch zwischen Tieren und Menschen. Das Corona-Virus ist ein derartiges. Für den menschlichen Körper noch neu, wird es über die Schleimhäute aufgenommen und befällt nicht nur die Lunge sondern auch Darm, Nieren und Gefäße, wo es zu Mikroembolien und den entsprechenden Krankheitsbildern kommt. Etwa 80 Prozent aller Corona-Patienten machen eine Infektion durch, ohne überhaupt Symptome zu entwickeln. Nur ein kleiner Teil bekommt Beschwerden. Für den Verlauf einer Covid-19- Infektion ist von Anfang an die Immunitätslage entscheidend. Meist sind es die Immunitätsgeschwächten, oft auch Ältere mit mehreren Vorerkrankungen. Mögliche Ursachen der Zunahme von Epidemien in unserer Zeit ist in erster Linie unser Verhalten gegenüber unserer Mut- ter ERDE. Wir sind Teil des Mikrobioms der Erde, wir sind der zerstörende Teil dieses Mikrobioms und bringen alles aus dem Gleichgewicht. Die Folgen sehen wir nicht nur in dieser Corona-Pandemie. Es werden noch viel schwerwiegendere Katastrophen auf uns zukommen müssen, bis wir diese Zusammenhänge verstehen werden oder auch nicht verstehen werden. Die Gefahr sind nicht die „Verschwörungstheoreti- ker“, sondern eindeutig die „Verschwörungspraktiker“ die derzeit unsere Geschicke lenken. Die Kriegsrhetorik ist fehl am Platze. Wir werden den Krieg gegen die Mikroorganismen, seien es Bakterien oder Viren nie gewinnen. Es ist ein Krieg gegen uns selbst, gegen unser Mikrobiom, unsere Bakterien und Viren die auf und in uns wohnen. Wir müssen die sogenannten Guten schützen und vermehren, damit die sogenannten Bösen keinen Platz mehr haben. Seite 24 10/2020 „Am Anfang war das Virus“ Die Seite für die Gesundheit mit Doktor Adelbert Bachlechner Fortsetzung nächste Seite unten

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