GZ_Kals_2020_09

90  FODN - 75/02/2020 FODN - 75/02/2020   91 UMWELT & NATUR UMWELT & NATUR wurde innerhalb von nur wenigen Stun- den versandet, weggespült oder von he- ranrollenden Steinen so zerstört, dass es im selben Sommer zu markant weniger Insektenflug als in Vorjahren kam, wes- halb infolge auch die Grundnahrung für die Fische fehlte. Da die Situation auch für die Gemein- de durch massive Eingriffe und Repara- turarbeiten an den Bachfluren mit ext- remen Kosten und zeitlichem Aufwand verbunden war, ist es uns nicht möglich gewesen, im Jahr 2018 die Fischerei zu betreiben und Karten zu verkaufen. Dankenswerterweise ist zu erwähnen, dass der Gemeinderat bei seiner dama- ligen Sitzung beschlossen hat, die Pacht für das Jahr 2017 auszusetzen, wofür wir uns auf diesem Wege nochmals ganz herzlich bedanken möchten! Wiederaufbau der Strukturen Mit den nun schon alljährlichen Hoch- wasserereignissen wird eine Bewirt- schaftung des Baches immer schwie- riger. Kaum glaubt man, der Bach ist wieder in einem guten Zustand, kommt das nächste Hochwasser und zerstört die ganze Arbeit wieder. Während ich nun diesen Artikel schreibe, höre und rieche ich von meinem Büro aus den Dorfer- bach, der mit unglaublicher Geschwin- digkeit Bäume, Sträucher, Steine und sogar ganze Felsen mit sich reißt. Es ist eine sehr fordernde Arbeit, die Qualität eines Gewässers konstant gut zu halten. Im kommenden Herbst ist deshalb eine „Generalsanierung“ gewisser Abschnit- te vorgesehen, die den Forellen wieder als neue Heimat dienen soll. Mit dem Bau tiefer Gumpen und Kehrwässern, der Aufweitung eines wichtigen Seitenarmes bei Lana und der Platzierung großer Steinblöcke in einigen Teilbereichen sollte wieder ein Top Zustand für die Bewohner des Kalserbachs gegeben sein und so Ein- heimischen und Gästen eine einmalige Fischerei ermöglicht werden. Unser Freund und Kollege im Revier- ausschuss, Günther Blassnig aus Rat- zell, hat sich bereiterklärt, die Eier der im Kalserbach und seinen Seitengewäs- sern per Strom gefangenen und abge- streiften Wildfänge in seiner Fischzucht auszubrüten. Diese rund 8.000 Jungfi- sche, die derzeit im Defereggental ihre Heimat haben, werden nach Vollendung der Neustrukturierung in diesem Herbst in den Bach eingesetzt und bilden somit die nächste Generation autochthoner Jungfischbestände bei uns in Kals. (Ger- ne kann sich jeder bei uns melden und beim Einsetzen der Jungfische Ende Oktober mit dabei sein). Aus einer verrückten Idee wird Realität Nachdem die ca. 8.000 Jungfische ein- gesetzt sind, wird ab diesem Zeitpunkt in Kals auf einen Besatz von Fischen verzichtet. Wir sind der Meinung, dass der Fisch schon als Ei in unsere Ge- wässer eingebracht werden muss, und nicht erst als „verdummter“ und sich auf künstliche Fütterung verlassender Zuchtfisch, der mit den vorherrschen- den Bedingungen nicht zurechtkommt. Ab Oktober/November 2020 verse- hen wir gewisse Stellen des Baches mit „Baby Fish Rinnen“ – dabei handelt es sich um Brutkammern, die in ein PVC Rohr eingeschoben werden und mit je 5.000 Stück sich im Augenpunkt- Stadi- um befindlichen Forelleneiern bestückt sind. Dadurch schlüpft der Fisch genau in jenem Gewässer, das er für sein rest- liches Leben bewohnen wird. Mit die- ser Methode entwickelt der Fisch sofort beim Schlüpfen die für ihn wichtigen Eigenschaften, die er für ein Überleben im Wildbach braucht. Insgesamt sollten ab 2021 dann ca. 30.000 Fischeier pro Jahr erbrütet wer- den. Die Ausfallsquote ist hoch, weil statistisch gesehen nur 3% der ge- schlüpften Fischlarven ein adultes Sta- dium erreichen, aber der Mehrwert in Hinsicht auf das Genmaterial zahlt sich aus und genau diese 3% der Fische sind perfekt an die extremen Verhältnisse angepasst und können in Zukunft im Kalserbach wieder natürlich ablaichen. Aufzuchtteich Taurer Neben den gerade erwähnten Maß- nahmen behalten wir uns ca. 50 Mut- tertiere, die letztes Jahr per Strom im Kalserbach und seinen Nebengewäs- sern gefangen wurden, in unserem Auf- zuchtteich beim Taurer. Diese sind un- sere letzte Reserve, falls es wieder ein Hochwasser wie jenes von 2017 geben sollte. Die Fische werden Anfang No- vember von unserem Kollegen Günther Blassnig mit Netzen gefangen und ab- gestreift. Die größten Fische dort haben mittlerweile die 7kg Grenze überschrit- ten! Große Exemplare der Bachforellen (derzeit Exemplare bis 4 kg) können bis zu 1.500 Eier enthalten. Diese werden direkt nach dem Abstreifen vor Ort be- fruchtet und in der Fischzucht bis zum Augenpunktstadium aufgezogen, bevor sie Mitte Februar in die Brutrinnen ge- geben werden. Sehr gerne kann man sich dieses Schauspiel anschauen. Ein Anruf bei mir reicht und ich werde euch rechtzei- tig informieren, wenn es soweit ist. Fischotter nachgewiesen Leider ist widererwarten auch das Kalsertal nun offiziell die Heimat des Fischotters. Wir haben mit diesem Räu- ber seit Jahren massive Probleme in der Drau, der Isel und anderen Nebenge- wässern Osttirols. Nicht nur Kormoran und Graureiher, sondern auch der Otter hat sich bei uns explosionsartig ausge- breitet. Der niedliche Schein ist trüge- risch. Otter sind für Gewässerbewohner des Kalserbachs tödlich. Sie breiten sich bedingt durch den Schutzstatus mittler- weile überall in Osttirol aus und fressen ganze Bäche leer. Speziell die Bachforelle wird allzu oft Opfer des Otters, weil sie sich intuitiv bei Gefahr unter Steinen versteckt und somit zum leichten Ziel des Otters wird. Äschen und Regenbogenforellen hinge- gen flüchten eher ins offene Wasser und kommen deshalb oft mit kleinen Biss- spuren davon. Leider ist der Otter in Ti- rol strengstens geschützt und so müssen wir neben den vielen Hochwasserereig- nissen, die unseren Fischbestand stän- dig schrumpfen lassen auch noch mit diesem gefräßigen Räuber leben. Schnupperkurse Abschließend möchte ich gerne noch mitteilen, dass Peter und ich mit Lei- denschaft die Bewirtschaftung der Kal- ser Gewässer betreiben. Es gehört viel Herzblut dazu, sich diese viele Arbeit immer und immer wieder an zu tun und die Rückschläge weg zu stecken. Uns geht es nicht darum, sich mit den Fischereikartenverkäufen zu bereichern, ganz im Gegenteil. Alles Erwirtschafte- te geht 1:1 in die Erhaltung des Lebens- raumes Kalserbach und seiner Nebenge- wässer. Im Gesamten ist es aber eine wun- dervolle und meiner Meinung nach sehr wichtige Aufgabe, denn es hängt immerhin auch ein gewisser Mehrwert für die Gemeinde daran. Viele Fliegen- fischer aus Nah und Fern besuchen Kals und kommen speziell wegen der Fische- rei zu uns. Deshalb werden alleine in unserem Haus pro Jahr ca. 180 Nächti- gungen lukriert. Ich finde es schade, dass die Fische- rei bei uns keinen allzu großen Stellen- wert hat und nur wenige Einheimische, vor allem auch Kinder an der Fischerei nicht interessiert sind. Gerne würden wir die Kalser Bevölkerung für dieses spannende Thema interessieren und darum werden wir ab dem Frühjahr 2021 gratis Einstiegskurse für alle In- teressierten anbieten und hoffen, dass somit auch das Leben unter Wasser ein wenig populärer wird und eine gewisse Sensibilisierung für die Wichtigkeit der Erhaltung unseres Naturjuwels Kalser- bach passiert. Ganz liebe Grüße und Petri Heil, Christoph Rogl vom Taurer

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