GZ_Kals_2020_09

80  FODN - 75/02/2020 FODN - 75/02/2020   81 MENSCHEN AUS KALS MENSCHEN AUS KALS betrieben wird, ging es am zweiten Tag weiter ostwärts, flach ansteigend an vielen kleinen Seen und Almen entlang bis zum Rastkogel, dem buchstäblichen Höhepunkt von Tag 2. Schon kurz dar- auf war klar ersichtlich, dass Mayrhofen nicht mehr weit sein kann, denn es war kaum möglich, irgendwo hinzuschauen und keine Schipisten im Blickfeld zu haben. Eingefleischte Schihasen und Vollblut-Touristiker werden dazu be- stimmt einen anderen Zugang haben, aber für mich war dieses nicht enden wollende Netz aus Liftstützen, Statio- nen, Speicherteichen und unauthenti- schen „Almhütten“ ein Anblick, an dem ich mich sehr schnell sattgesehen habe. Durch den sich sehr in die Länge ziehenden Zillergrund und vorbei an seinem imposanten Stausee am hin- teren Talschluss ließ ich das Zillertal dann wieder hinter mir und überquerte das Heilig-Geist-Jöchl Richtung Südti- rol, hinab in das hintere Ahrntal. Dort wartete schon ein Freund von mir mit einer Labestation der etwas anderen Art – regionales, frisch abgefülltes Craft Beer – bevor ich die gerade erst hinabgestolperten tausend Höhenmeter direkt auf der anderen Talseite wieder hochkraxeln durfte, um rechtzeitig auf der Lenkjöchljütte anzukommen. Der vierte Morgen begann direkt mit dem steilen Aufstieg zum höchs- ten Punkt der Wanderung, dem Ahrner Kopf (3051m) zwischen dem vorderen und hinteren Umbaltörl. Der Blick auf das sich gegenüber erstreckende Um- balkees war sehr beeindruckend, gab einem allerdings auch zu denken, wie stark es in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen ist. Über das Umbaltal und einige weitere spontane Umwege kam ich rechtzeitig vor einem Wetter- umschwung in meiner Unterkunft in Prägraten an. Das Gewitter fiel deutlich milder aus als erwartet und wir sind weiterhin gemütlich draußen gesessen, bis eine halbe Stunde später plötzlich die Fotos und Videos davon eintrudel- ten, wie fünf Kilometer Luftlinie weiter ostwärts in Virgen ganze Brücken von den Sturzbächen mitgerissen wurden. Über diese Spuren der Verwüstung sollte ich dann am fünften und letzten Tag auch meinen Weg bahnen müssen. Entweder irgendwie über den Schlamm an den Bachufern kommen oder einen Umweg ins Tal in Kauf nehmen, mein Sturschädel entschied sich natürlich für ersteres. Der Rest war ein weiter, aber trotzdem entspannter Tag in vertrautem Gebiet, und so dauerte es auch nicht mehr lang, bis ich am Kals-Matreier- Törl oben stand und endlich mein Ziel vor Augen hatte. Unterm Strich war es eine schöne und auch entschleunigende Zeit und ich habe zwischen Daheim und Heimat viel Schönes kennenlernen dürfen. Mit ein bisschen Durchhaltevermögen und Wet- terglück ist alles locker machbar und ich kann es eigentlich nur weiterempfehlen. Aber trotz aller Freuden unterwegs freut man sich am Ende natürlich auch auf das Ankommen, und für den Rückweg habe ich dann doch lieber auf motori- sierte Methoden zurückgegriffen. In Anlehnung an den Hit der Proclaimers: And I would walk one hundred miles But I won‘t walk one hundred more . Von Familie Rainer V inzenz Alois Silvester Rainer wur- de geboren am 20.01.1948 in St. Jo- hann im Walde als erstgeborener Sohn des Vinzenz Rainer, Kirchhofbau- er in St. Johann im Walde Nr. 10 und der Notburga geb. Oberhauser. Es ka- men noch 7 Geschwister (6 Brüder und das letzte ein Mädchen mit dem Namen Maria) dazu. Nach Volks- und Hauptschule in Lienz besuchte er die 3-jährige Handelsschu- le in Lienz, die er 1966 beendete. Kurzfristig war er beim Hochwas- ser in St. Johann Raupenfahrer, bis er den Militärdienst antrat. Vom 2. Jänner 1968 bis Juli 1973 war er als Beamter der Sparkasse Lienz beschäftigt, wo er die Sparkassenprüfungen I und II mit gutem Erfolg abschloss. Vinzenz war in den verschiedenen Abteilungen, beson- ders in der Kreditabteilung tätig. Aus persönlichen Gründen wechselte er in den Fleischmarkt Theuerl als Verkaufs- leiter. Am 20. Feber 1974 heiratete Vinzenz Marilis Theurl. Am 20. Juli 1974 kam Sohn Gery Vincent auf die Welt. 1972 kaufte Walter Theuerl, der Bruder von Marilis bei der Versteigerung das Cafe Tyrol in Kals. 1973 wurde es eröffnet und führte es mit Angestellten als Tanz- Cafe bis Sommer 1977. Popi wollte selbstständig sein und überraschte Vinzenz mit dem Kauf. Vin- zenz wollte in St. Johann von seinen Eltern einen Baugrund, es gab schon einen Bauplan, doch leider kam es nicht dazu. Am 15. Dezember 1977 eröffneten sie das Cafe Tyrol mit Musik. Für Popi war es sehr enttäuschend, da sie das Landleben nicht kannte. Sie wollte zu- rück, doch Vinzenz blieb standhaft und es wurden Veranstaltungen mit Musik ohne Ende: Simon und Robert, Cilli und Gerd, die Heroes, Connys Band, Mari- nos, Flamingos, die Nachtschwärmer, usw. für die Jugend. Am 2. Dezember 1980 kam Sonnen- schein Marisa auf die Welt. Es fanden Preisverteilungen der Schischule, 5 Uhr-Tees, und Disco-Abende statt. 1988 eröffnete die Muh-Muh-Bar. Leider wurden die Veranstaltungen immer schlechter, sodass nur mehr Cafebe- trieb und Bar angeboten wurde. Vinzenz arbeitetet nebenbei bei sei- nem Bruder Josef Rainer, Steinbruch und Erdbau und einige Zeit auch bei der Waldgenossenschaft Ainet und die letzten Jahre vor der Pension bei seinem Bruder Hans Rainer als Chauffeur. Im Sommer, 15. August 2018, erkrank- te er an Lungenentzündung und im April 2019 bekam er die Diagnose Lungen- krebs. Es folgte eine schmerzhafte Zeit In Gedenken an Vinzenz Rainer mit Chemotherapie und Bestrahlungen in Innsbruck. Wir hatten so viel Hoff- nung, doch leider war alles umsonst. Vinzenz starb am 21. April 2020 um 16:20 Uhr im Krankenhaus Lienz in den Armen seiner Gattin in inniger Umar- mung. Ein Schicksalsschlag war der Un- falltod seines Bruders Engelbert am 27.12.1976 in Kals. Der Tod von Bruder Sepp, Bürgermeister von St. Johann, folgte am 8.3.2013. Sein Bruder Fried- rich starb am 30. Dezember 2015. Vinzenz half sehr gerne im Lokal „Ge- nußwerk“ bei seiner Tochter Marisa und Benny, beim Einkaufen und Gar- tenarbeiten. Seine Lieblingsbeschäfti- gung war bei den Gästen an der Theke, Holzarbeiten, Politik und Sport. Sehr traurig machte ihn der Schlaganfall von Sohn Gery. Lieber Vinzenz, du bist den langen Weg gegangen, über Höhen und Tiefen, durch Licht und Schatten. Nun bist du am Ziel. Danke, dass ich dich begleiten durfte, 46 Jahre. Lebewohl! Deine Popi mit Gery und Marisa Die Trauerfamilie bedankt sich bei allen Kalserinnen und Kalsern für ihr Mitge- fühl und Verbundenheit zu Vinzenz! Popi und Vinzenz im Cafe Tyrol (ca. 1985) Vinzenz Rainer, 1948 - 2020 Johannes Schneider

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