GZ_Tristach_2020_09

16 Nachrufe Sept. 2020 Unsere Verstorbenen Sepp kam am 13. Juni 1932 als fünftes von acht Kindern in Tristach zur Welt. Hineingeboren in eine krisengeschüttelte Zeit und in karge Ver- hältnisse, war sein Start ins Leben sicher kein leichter, schon früh musste er Verantwortung übernehmen und für die Familie da sein und am Hof mithelfen. Er besuchte die Volksschule in Tristach und schon bald begann für ihn ein arbeitsreiches Leben. Bereits als Jugendlicher hat er beim Friesslmoar das Zimmerer- handwerk erlernt, Holz geschlägert, später bis zu 13 Stunden am Tag auf Akkord beim Bahntrassenbau im Oberland Schotter geschaufelt. Schon bald hatte man ihn als ausdauernde und ge- naue Arbeitskraft im ganzen Dorf zu schätzen gewusst. Axt und Schaufel blieben bis zum Schluss seine geliebten Werkzeuge und waren beinahe täglich in Verwendung. Anfang der 60er Jahre ging er zur Post und fing dort als einfa- cher Telegrapheler an. Es dauerte nicht lange, bis er sich durch seine gewissenhafte und genaue Art und durch Schulungen bis zum Bautruppführer hochgearbeitet hatte. Seine Devise war „mit Vöatl* orbeitn. Zeascht schaugn und übalegn, nit hudln und no- chan ounfongin“. Die Kraft schlau einsetzen und nicht mit dem Kopf durch die Wand. „Vöatl“: Das war nicht nur seine Arbeits- einstellung, sondern vielmehr sein Lebensmotto. Bei der Kirchenrenovierung oder beim Aufbau der Prozessions- altäre war er bis zum Schluss immer mit vollem Einsatz und wertvollem Wissen zur Stelle. Ein weiterer wichtiger Bestandteil seines Lebens war die Musik. Er war über 45 Jahre eine tragende Säule der Musikkappelle Tristach und ein äußerst gefragter erster Flügelhornist. In jungen Jahren hat er laut Nachbarn täglich zwei Stunden draußen auf dem Bankl vorm Elternhaus geprobt. Doch die Musik war ihm nicht nur ein wichtiges Hobby, durch sie hatte er auch seine Moidi ken- nengelernt. Er marschierte als Flügelhornist in der ersten Rei- he, sie als Marketenderin noch eine Reihe vor ihm. 1963 heiratete er seine gelieb- te Moidi und sie führten eine lange, glückliche Ehe. Im sel- ben Jahr konnte das neu erbaute Haus bezogen werden und we- nig später kamen die beiden Kinder Eva und Reinhard zur Welt. Erwähnenswert ist, wie topfit er auch noch im letzten Teil seines Lebens war. Bis auf seine starke Sehschwäche war er absolut gesund. Aber selbst die hat er im stolzen Alter von 84 noch kor- rigieren lassen. Nach dieser Operation meinte er, er habe noch nie in seinem Leben so gut gesehen und das sogar ohne Brille. Er hat behauptet, dass wenn sie früher nicht so arm gewesen wären, er schon mit einer dicken Brille zur Welt gekommen wäre. So war sein trockener Humor. Bis zum Schluss war er mit dem Radl oder dem Auto unterwegs und ist in sein geliebtes Holz gegangen. Selbst an seinem letzten Tag hat er noch die Hecke geschnitten und Holz gehackt. Stets zufrieden und ein Lächeln auf den Lippen, die Hände hin- term Rücken verschränkt, leise ein Lied pfeifend, so hat man den Sepp gekannt. Immer für seine Familie da, besonders für seine Enkelkinder und sein Urenkelkind. Er würde sagen, es war ... interessant. Lieber Sepp, Danke für alles. * „Vöatl“: Wissen um praktischen u. vorteilhaften Arbeitsablauf Josef Amort, vlg. Wutzer Sepp, † 6.6.2020

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