GZ_Kartitsch_2020_07

Seite 34 Ausgabe 85 Historisches - 2. Weltkrieg Bombenabwurf Bombenangriff in Kartitsch Unter diesem Aufmacher liest man in der Gendarmerie-Chronik von Kartitsch über einen Notab- wurf eines „feindlichen“ Bom- bers am 20. Oktober 1944: „Um 13.10 Uhr wurden im soge- nannten Steintal, oberhalb der Fraktion Sulzenbach, Gemeinde Kartitsch von feindlichen Flie- gern, Amerikaner, 9 Bomben schweren Kalibers im Walde ab- geworfen. Verletzt wurden: Maria Strasser, Lienharter, 21 Jahre, an der lin- ken Hand und ihre Tante Kathi Jungmann, 48 Jahre alt leicht am Rücken. Maria Strasser musste ärztliche Hilfe in Anspruch neh- men. Im Walde der Kleinbauern Andrä Herrnegger, vlg. Unter- bachler und Josef Moser, Unter- kofler entstanden Waldschäden, wobei ungefähr 40 Fichtenstäm- me entweder herausgerissen oder beschädigt wurden. Durch den Luftdruck wurden ungefähr 55 Fensterscheiben in der Fraktion Sulzenbach zertrümmert. Ein Blindgänger liegt ungefähr 120 m östlich des Bauernhauses des Franz Strasser, vlg. Inner- lerch, Nr. 70. Dieser Blindgänger liegt tief im Sumpfe und kam nicht zur Explosion. Sonstige Schäden sind nicht entstanden.“ Soweit der nüchterne, Gendarme- rie-Bericht. Beinahe täglich überflogen im Sommer und Herbst 1944 ameri- kanische Flugbomber unser Hochtal Richtung Norden zur Bombardierung deutscher Städte und Anlagen, gegen Abend ka- men sie wieder zurück. So musste am 20. Oktober ein defektes Flugzeug seine tödliche Fracht entladen, gottseidank im Dorfbergwald, etwa 200 Meter oberhalb (nördlich) der Sulzen- bach-Höfe und etwa 120 Meter östlich des Innerlercherhofes. Die beiden im Gendarmeriebe- richt Genannten wurden durch Bomben-Splitter verletzt und es grenzt beinahe an ein Wunder, dass nicht mehr passierte. In unmittelbarer Nähe der Mooser Höfe, im „Schachen“ war man mit dem „Brecheln“ beschäftigt, eine damals im Herbst übliche Bearbeitung des Flachses zur Tuchherstellung. Oft halfen sich die Bauern dabei gegenseitig aus. An diesem Tage brechelten vlg. Obermooser gemeinsam mit vlg. Trojer, sodass sich etwa 12 - 15 Leute ohne jeden Schutz im Freien beim Brechelloch aufhiel- ten. Der Bomben-Einschlag im Wald oberhalb der Häuser war ohrenbe- täubend und schon flogen die Steine und Splitter durch die Luft und bei den Leuten vorbei, von denen einige versuchten, sich not- dürftig in Schutz zu bringen. So wissen noch lebende Zeitzeugen zu erzählen. Heute sind die Krater wieder großteils mit Jungwald zugewachsen, im Schnittholz des Waldbestandes der näheren Um- gebung sind aber noch immer Bombensplitter zu finden. Etwas später berichtet die Gen- darmerie-Chronik von einem wei- teren Flugzeug-Zwischenfall. Fallschirm-Notabspringer am 29. 12.1944 „Gegen 10 Uhr überflogen wie fast täglich vorher, ca. 280 feind- liche, 4-motorige Flugzeuge, meist Bomber, aus Süden kom- mend das Gemeindegebiet Kar- titsch. Sie flogen in Richtung Salzburg – München. Auf ihrem Rückflug konnten hier nur etwa 40 solche Flugzeuge gezählt wer- den, die vereinzelt über Hollbruck und Sillian nach Süden zurück- kehrten. Eines dieser Flugzeuge war de- fekt und es sahen sich die Insas- sen deshalb gezwungen mit ihren Fallschirmen abzuspringen. Es waren ihrer 10 Abspringer, die wegen des herrschenden Windes 10 Minuten lang gesichtet werden konnten. Vier dieser Abspringer landeten im hiesigen Postenberei- che, die anderen sechs im Sillia- ner Bereiche.“ Bei der Verfolgung und Aufgrei- fung dieser Notabspringer betei- ligten sich 10 (namentlich ge- nannte) Personen, 2 Gendarmen, 6 Zollwachebeamte und 2 Einhei- mische. „Zwei dieser Abspringer konnten im Hollbruckertal und zwei im Winklertal festgenommen werden. Sie waren Amerikaner und kann- ten nicht die deutsche Sprache. Wegen der großen Schneemassen war ihnen jeder Fluchtversuch unmöglich und so leisteten sie bei ihrer Festnahme keinerlei Wider- stand. Sie wurden nach Sillian, wo die übrigen 6 Abspringer auf- gegriffen wurden, überstellt und von dem Flugkommando Kla- genfurt übernommen.“ Ludwig Wiedemayr

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