GZ_Virgen_2020_07

47 Wirtschaft – Tourismus Virger Zeitung Russland war 1974 in Spanien, liegt also fast 50 Jahre zurück. In Deutsch- land, das wie Österreich hohe An- sprüche an die Sicherheit der Bevöl- kerung stellt, leben mittlerweile über 100 Wolfsrudel und es ist zu keinen Zwischenfällen gekommen. In Öster- reich und Mitteleuropa leben Wölfe dank hoher Schalenwildbestände im Überfluss und brauchen sich keinen unnötigen Risiken aussetzen. Trotz- dem kann es vorkommen, dass ein- zelne Wölfe, die gefüttert werden und sich daran gewöhnen (Habituie- rung bzw. Futterkonditionierung), eine Verbindung zwischen Mensch und Futter herstellen und so eine ge- fährliche Entwicklung nehmen. Hier muss das Management rechtzeitig durch Unterbinden der auslösenden Situationen und Entfernen der pro- blematischen Tiere reagieren. Der österreichische Wolfsmanagement- plan liefert dazu Grundlagen und Empfehlungen. Als Mensch braucht man sich also um die Sicherheit keine großen Gedanken machen, auch wenn man in Wolfsgebieten wohnt. Hundehalter sollten jedoch in Gebieten mit Wolfsrudeln ihren Hund nahe bei sich führen, denn sollte er von Wölfen allein angetrof- fen und als Reviereindringling be- trachtet werden, kann das böse enden. Die vermehrte Rückkehr von Wöl- fen in die mitteleuropäische Kultur- landschaft stellt jedenfalls eine große Herausforderung für unsere gesamte Gesellschaft dar. Wölfe sind aber nicht die einzigen Wild- tiere mit erheblichem Konfliktpo- tential, man denke nur an Arten wie Biber, Kormoran, Fischotter, Krä- hen, Rotwild oder auch Steinadler. Weiterführende Informationen zum Thema große Beutegreifer, die Ent- schädigung von Nutztierrissen, Mög- lichkeiten Nutztiere auf Weiden zu schützen und wie man sich z. B. bei einer Begegnung mit Bär und Wolf verhalten sollte, finden sie auf der Homepage des Landes Tirol unter www.tirol.gv.at/baer-wolf-luchs nach sich. Alle diese Umstellungen können nicht „über Nacht“ erfol- gen, sondern benötigen neben dem Willen dazu Zeit und Geld, um ent- sprechendes Know-how zu erwer- ben, Finanzierungen zu etablieren und neue Wege zu gehen. Bei so viel Konfliktpotential braucht es v.a. auch „Spielregeln“, wie man mit der heiklen Situation umgehen kann, es braucht Management. So ist z. B. in Tirol klar geregelt, dass von einem Wolf gerissene Nutztiere entschä- digt werden. Die Unterstützung für Maßnahmen zum Schutz der Wei- detiere vor Übergriffen durch Wölfe wurde durch das Land Tirol aktuell erheblich aufgestockt. Aber auch die Beurteilung des Verhaltens von Wölfen in besonderen Situatio- nen und die Abwägung, wann allen- falls ein Wolf trotz Schutzstatus ab- geschossen werden kann oder sogar muss, sind Teil des Managements. harmlos oder gefährlich? Ein weiterer wichtiger Aspekt des Zu- sammenlebens mit Wölfen ist die Frage der Gefährlichkeit. Die Palette der Einstufung reicht von völlig harmlos bis zur Inkarnation des Bösen. Festzuhalten ist jedenfalls, dass bei allen behördlichen Über- legungen und Einschätzungen in Zu- sammenhang mit Wölfen die Sicher- heit von Personen bzw. der Bevölke- rung jederzeit oberste Priorität ge- nießt und Vorrang vor dem Schutz der Wölfe hat. Die Antwort auf die Frage nach der Gefährlichkeit von Wölfen für den Menschen könnte so zusammengefasst werden: Wölfe sind für den Menschen grundsätz- lich nicht gefährlich, aber sie haben das Potential, gefährlich zu werden. Wölfe sind scheu und vorsichtig, sie gehen Menschen aus dem Weg, oft merken wir gar nicht, wie nahe wir einem gekommen sind, weil er sich rechtzeitig zurückzieht. Das bedeutet nicht, dass Wölfe nie zu sehen wären und bei einem Zusammentreffen immer gleich Hals über Kopf flüch- ten müssten. Wenn ein Wolf sich nicht unmittelbar bedroht fühlt, kann der Rückzug auch gelassener ausfallen. Gegenüber häufig anzu- treffenden, vom Menschen in die Welt gesetzten Dingen wie Autos, Maschinen oder Gebäuden ist seine Vorsicht geringer. Dass Autos oder Traktoren von Menschen gelenkt werden, ist Wölfen in der Regel nicht einsichtig, und der Nahbereich von Häusern oder Siedlungen kann durchaus aufgesucht werden, wenn mit dem Erscheinen eines Menschen nicht zu rechnen ist. Bedenklich wird es, wenn ein Wolf sich einem frei stehenden Menschen, den er wahrgenommen hat, gezielt an- nähert. Solche Vorfälle müssen sorg- fältig untersucht werden, um die zu- grundeliegende Motivation und das Gefahrenpotential einzugrenzen. Der letzte Todesfall eines Menschen durch Wölfe in Europa westlich von schafe auf weiden und almen sind eine leichte beute für den wolf. foto: konrad großlercher

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