GZ_Virgen_2020_07

46 Wirtschaft – Tourismus Virger Zeitung finden. Der Bestand an Rotwild, Rehen, Gämsen und Wildschwei- nen ist hoch in Österreich, ein Mehrfaches höher als vor 150 Jah- ren, und ca. die Hälfte des Landes ist von Wald bedeckt. Insofern bie- tet Österreich Wölfen alles, was ihnen das Leben leicht macht. Sieht man jedoch das Konfliktpo- tenzial, das das Wiederauftreten von Wölfen mit sich bringt und über das mittlerweile die Medien fast täglich berichten, kann das Vor- handensein von Lebensraum für Wölfe in der österreichischen Kul- turlandschaft in Frage gestellt wer- den. Wölfe ernähren sich zwar vor- wiegend von Schalenwild, aber sie reißen auch Nutztiere auf Weiden und Almen, umso mehr, wenn diese nicht geschützt und damit ge- radezu „auf dem Silbertablett“ als Beute präsentiert werden. Die jagd- liche Praxis und die Formen der Weidetierhaltung müssen sich auf das Vorhandensein der Tierart Wolf, die viele Jahre nicht mehr prä- sent war, nun neu einstellen und angepasst werden. Das ist kein leich- tes Unterfangen und bedeutet vor allem große Umstellungen zualler- erst in den Köpfen, im Wirtschaf- ten und zieht zusätzliche Kosten Dr. Martin Janovsky, Abteilung Lan- desveterinärdirektion, Amt der Tiroler Landesregierung und Dr. Georg Rauer, Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizini- schen Universität Wien Wölfe, die durch Tirol wandern oder gar in Tirol bleiben. Lange Zeit war das unvorstellbar, aber jetzt sind sie da – in überschau- barer Zahl noch, aber es werden kontinuierlich mehr. Ganz über- raschend ist das nicht, in unseren Nachbarländern hat sich diese Ent- wicklung schon früher abgezeich- net. Für die einen Grund zur Sorge, für die anderen ein Erfolg. Über Jahrhunderte wurden Wölfe intensiv verfolgt und zurückge- drängt. In Österreich sind die letzten Bestände im Laufe des 19. Jahrhun- derts erloschen. Mit dem Erstarken des Naturschutzgedankens wurden Wölfe in den 1970er-Jahren in vielen Ländern unter Schutz gestellt bzw. die Jagd auf Wölfe durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt. Die Restbestände haben rasch wie- der zugenommen und begonnen, sich auszubreiten. Wölfe sind aus- gezeichnete Kolonisatoren. Sie sind fruchtbar und es wandern männ- liche wie weibliche Jungtiere. Diese legen mitunter weite Strecken zu- rück und können so tief in bislang wolfsfreie Gebiete vorstoßen. So werden in Tirol seit dem Jahr 2009 regelmäßig Wölfe mittels DNA-Pro- ben oder anhand von Fotos nach- gewiesen. Am Beginn des Jahres 2012 ist ein besenderter Wolf auf seinem Weg von Slowenien nach Italien auch durch das Osttriroler Iseltal und Pustertal gezogen. Das erste Wolfsrudel in Österreich hat sich im Jahr 2016 in Nieder- österreich am Truppenübungsplatz Allentsteig gebildet. Im Jahr 2019 gab es in Österreich drei Rudel. In Osttirol wurden letztes Jahr insge- samt drei verschiedene Wölfe nachgewiesen. In Tirol gab es im heurigen Jahr bereits jetzt mehr Wolfsnachweise und demWolf zu- geordnete Nutztierrisse als in den vergangenen Jahren. Dass Wölfe zunehmend nach Tirol einwandern, ist ein Faktum. Dass sie rechtlich unter strengem Schutz stehen, ebenfalls. Die mehr philo- sophisch-ethische Begründung der Unterschutzstellung von Seiten des Naturschutzes ist jedoch meist wenig überzeugend für Landwirte und Bewirtschafter von Jagdrevie- ren, die andere Interessen in den Vordergrund stellen. konflikte sind vorprogrammiert Wölfe meiden grundsätzlich den Kontakt mit Menschen, sind zu- gleich aber äußerst anpassungsfähig. Es gibt den Spruch, Wölfe könnten überall leben, wo man sie lässt. Das ist zugespitzt und plakativ, aber es stimmt: Wenn das Nahrungsange- bot passt und Rückzugsräume vor- handen sind, können Wölfe auch in der Kulturlandschaft ihren Platz LANDESVETERINÄRDIREKTION wölfe wandern in tirol zu, das birgt konfliktpotenzial. foto: Pexels.com der wolf kehrt zurück!

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