GZ_Virgen_2020_07

33 Dorfleben – Menschen Virger Zeitung epidemie, winter 1839 „Ausweis ueber die hiesige Epidemie … im Winter 1839. Im Herbst 1838 zeigte sich ein Nerven- fieber in der Pötsch, wo nach und nach 5 Personen erkrankten, aber alle wieder genasen. – Dann beym Schmid zu Göri- ach, wo es nach und nach 6 ergriff, und der Besitzer u. sein Weib daran starben. Endlich erkrankte auch daran meine Kuhmagd Anna Lang, die ebenfalls am 1ten Jänner 1839 beerdigt wurde. Mitte Jänner machte ich die Anzeige beym Landgericht, indem 3 meiner Dienstbo- then zugleich erkrankten, die aber alle wieder genasen. Beym Jagler Paul zu Gö- riach erkrankten nach und nach 7, wovon Vater, Mutter u. älteste Tochter starben. Beym Niggeler zu Mitteldorf starben innerhalb 3 Tagen 2 Schwestern. Am 1ten Febr. kam Hr. Distriktsarzt Dr. Winter von Sillian mit Handl hier, die Krankheit wurde epidemisch er- klärt, u. Handl erhielt den Auftrag, von nun an wochentlich 2mal hieher zu kommen … Leider aber hatten die Kranken kein Zutrauen zu ihm, u. so war die ärztliche Hilfe bereits zwecklos u. ohne Erfolg. Den 14ten März wurde die Epidemie- zeit als beendigt erklärt. Seit Herbst 1838 bis März 1839 wurden 38 Per- sonen von dieser Krankheit befallen, wovon 10 gestorben sind. Die meisten weiblich, und im besten Jugendalter. Die Erholung war bey den meisten langsam – 8 bis 10 Wochen kamen mehrere nicht mehr vom Haus. …“ Abschließend noch ein paar Sätze über die spanische grippe, 1918 Der Name ist irreführend: Einge- schleppt wurde sie höchstwahr- scheinlich durch amerikanische Soldaten, nachdem die USA im April 1917 Deutschland den Krieg erklärt hatten. Mit Hilfe der Zen- sur verschwiegen jedoch alle in den Krieg verwickelten Staaten Europas den Ausbruch der Krank- heit – nur das neutrale Spanien be- richtete darüber und kam auf diese Weise zu ungewollten „Ehren“. Das Virus verursachte vor allem Lungenversagen und breitete sich in relativ kurzer Zeit über alle Konti- nente aus. Weil damals nicht alle Länder Statistiken führten, klaffen die Schätzungen über die Zahl der Todesopfer weit auseinander, sie rei- chen von etwa 25 bis zu 50 Millio- nen! In Virgen starben zwischen 30. Oktober und 12. Dezember 16 Per- sonen verschiedener Altersgruppen, im Mai 1819 wurden zwei weitere Todesfälle registriert. Welche Maß- nahmen die Ausbreitung verhin- dern sollten, bzw. wie viele Men- schen in der Gemeinde infiziert waren und überlebten, ist von dieser Pandemie leider nicht bekannt. In der Volksschul-Chronik wird sie so erwähnt: „Ende Oktober gab es in Vir- gen die ersten Anfälle der sogenannten `Spanischen Grippe´, die bereits in vie- len Orten Österreichs u. Tirol herrschte u. viele Todesopfer forderte. Auch hier griff sie rasch um sich. Am 25. Okt. mußte die Schule wegen starker Erkran- kung d. Kinder geschlossen werden. Vom 30. Okt. bis 15. Nov. gab es in Virgen nicht weniger als 13 Todesfälle, darunter auch 2 Kinder im vorschulpflichtigen Alter – eine hier ungewohnte Sterblich- keitsziffer. In der 2. Hälfte Nov. ließ die Krankheit nach u. am 25. Nov. konnten die I. u. II. Klasse mit der Schule begin- nen. Die III. Kl. am 2. Dez.“ Otfried Pawlin Quellenverzeichnis: Pfarrarchiv Virgen, Faszikel VII/18 (Epidemie 1824), VII/20 (Epidemie 1834), VII/14 (Epide- mie 1839) Pfarrarchiv Virgen, Sterbebuch mit den Jahren 1918,1919 Internet: https://de.wikipedia.org/wiki/Spani- sche_Grippe Abbildungen aus dem Internet: https://picryl. com/media/typhus-from- ... (Illustration aus dem Buch: Die Deutsche Revolution. Ge- schichte der deutschen Bewegung von 1848 und 1849) https://www.medmedia.at/nextdoc/krieg-und- krankheit-die-spanische-grippe-1918 https./ /commons.wikimedia.org/wiki/File :Sarg _ der_Schwester_Illustrierte_Kronen_Zeitung Manche Menschen versuchten immer schon, selbst die größte not für ihre geschäfte zu nutzen. schnaps als heilmittel? „illustrierte kronen Zeitung“ vom 2. dezember 1918 (originaltext): der vater im krieg, die Mutter im krankenbett, zwei schwestern begraben ihre tote schwester.

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