GZ_Gaimberg_2020_07

39 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 3 Chronik Nu mer 66 - Juli 20 Bevölkerung ein Begriff sein wird. „Wenden“ ist eine alte deutsche Bezeichnung für die Slawen. Und warum gerade die obers- ten Bergbauernhöfe, werden sich manche fragen. Die kur- ze und oberflächliche Erklä- rung dafür ist, dass durch die spätere Besiedlung aus dem bayrischen Raum die Slawen kampflos weiter hinaufge- drängt wurden, wo vorher wahrscheinlich noch Wald und Weideland war. Hätte es nicht ein mehr oder weniger friedliches Nebeneinander gegeben, wären nicht so viele slawische Flur- und Ortsna- men in Osttirol von den bay- rischen Siedlern übernom- men worden. Unserem Dr. Hubert Berg- mann wird meine laienhafte „Kurz-Info“ vielleicht weh tun, nachdem er bezüglich der slawischen Sprachen ein umfangreiches Wissen hat. Aber er hat in diesen „Sonn- seiten“ die Gelegenheit, einen kleinen Teil davon preiszuge- ben, was schon längere Zeit geplant war. Franz Wibmer Ortschronist Der aufgelassene und aufgeteilte „Tscharnighof“ im Jahr 1974. Foto: Claudia Oberhofer Vor 75 Jahren - Sommer 1945 Nochmalige Erinnerung an die Kosakentragödie aus Gaimberger Sicht Weiters einige Sätze zum Kriegsende und für heuer bestens passend: Seuchen in früherer Zeit In unserem Archiv war fol- gender Text - sicherlich von der Ortschronistin Frau Ober- hofer geschrieben - zu finden: Am 26. April 1945 erlitt Li- enz den schwersten Bomben- angriff. Am Hauptplatz und am Johannesplatz schienen die Trümmerberge unüber- windbar. Die Menschen hun- gerten. Es waren die letzten Tage vor Kriegsende. Von Ni- kolsdorf herauf kamen etwa 30 000 Kosaken mit Frauen, Kindern, alten Leuten und vielen, vielen Pferden. Sie lagerten rund um Lienz und hatten ihr Hauptquartier im Arbeitsamt. Lienzer Bürger unter Theodor v. Hibler ent- schlossen sich, die Engländer um Hilfe zu bitten. Am 8. Mai fuhren schwere englische Panzer bis in die letzten Täler und besetzten das Gebiet. Das Hauptquar- tier war in der Knabenschule. Bloß im Haidenhoffeld, dann beim Gutternig, weideten in diesen Tagen etwa 400 Kosa- kenpferde. Beim Wachtlech- ner reichte die Mutter Speck und Brot für die Treiber, wo- rauf sie abschwenkten und zum Zenzeler und zum Jager nach Thurn weiterzogen. Am 1. Juni wurden die letz- ten dieser armen Menschen von den Engländern nach Rußland zurückgeschickt. Aus Angst davor hatten viele zuerst die Kinder, dann sich selber getötet. Unter der Überschrift „Ernste Zeiten“ wird zuerst von den Ausbrüchen des Grafenbachls berichtet und von der Bittpro- zession zum Nepomukstöckl amWeg nach Untergaimberg. Ein weiteres Thema erinnert an Zeiten, die von Seuchen geplagt wurden, zu denen es aber noch nicht einmal dieses Wissen und die Mittel gegen die Ausbreitung von heu- te gab. Die Schilderung der Maßnahmen vor 300 Jahren ist kaum zu glauben: Besonders schlimm waren auch die Pestzeiten. Vor 600 Jahren blieb kaum der sech- ste Teil der Menschen übrig. Viele Höfe standen nachher leer. Vor 400 Jahren star- ben in Lienz 550 Leute am Schwarzen Tod; das war ge- nau die Hälfte der Lienzer Bürger. Vor ca. 300 Jahren, in der Zeit des 30jährigen Krieges, war die letzte große Pestzeit. Erkrankte Menschen wurden samt ihrer Familie in ihrem Haus eingesperrt, manchmal sogar das ganze Haus samt dem Hausgesinde in Brand gesteckt. Der Hl. Sebastian ist der Schutzpatron gegen die Pest. Bis auf den heutigen Tag zie- hen die Gaimberger in einer Bittprozession am Freitag nach Christi Himmelfahrt nach Lavant. Bezüglich letzte große Pest- zeit ist zu ergänzen bzw. zu berichtigen, dass es am Ende des 1. Weltkrieges auch noch eine Pestzeit gab (1918 - 1920), deren Ursache auch als „Spanische Grippe“ be- zeichnet wurde. Sie forderte mit weltweit ca. 25 Millionen mehr Tote als der Weltkrieg und war vorher genau so unbekannt wie das Corona- Virus heuer, gut 100 Jahre später. Die anscheinend spezielle Gaimberger Bittprozession wurde durch die Einführung der allgemeinen Dekanats- wallfahrt am 1. Mai nach Lavant nicht mehr durchge- führt. An einem 1. Mai in den 1980er-Jahren. Foto: Josef Walder

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