GZ_Gaimberg_2020_07

30 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Chronik 0 Di i Nummer 66 - J li 2020 Will man der Geschichte der einzelnen Bauernhöfe in un- serer Gegend nachspüren, so gestaltet sich dies immer schwieriger, je weiter man in der Zeit zurückgeht. Vor allem gilt das für die Jahr- hunderte vor der Einführung von Kirchenbüchern (Mat- riken), die im Lienzer Raum um das Jahr 1600 einsetzt. Einen besonderen Glücksfall stellt daher ein historisches Dokument dar, das um die Wende vom 14. zum 15. Jahr- hundert entstand und für die Orte des Lienzer Talbodens versucht, Häuser, Höfe und Personen mehr oder weniger systematisch aufzulisten. Der Zweck war ein militärischer: Die Görzer Grafen, die auf Schloss Bruck residierten, waren immer wieder in be- waffnete Konflikte mit ihren Nachbarn verwickelt, vor allem mit den Venezianern, aber auch mit den Salzburger Bischöfen und mit Kärnten. Möglicherweise standen die militärischen Vorbereitungen, von denen diese Verzeich- nisse indirekt erzählen, auch im Zusammenhang mit der Angst vor einem Türkenan- griff. Jedenfalls unterhielt die Grafschaft Görz eine Art allgemeine Landwehr, die im Fall einer militärischen Be- drohung aktiviert wurde. Um zu wissen, wie viele Männer und Waffen in diesem Fall zur Verfügung standen, wur- den Musterungen durchge- führt und Listen angelegt. In zwei dieser „Musterregister“ kommt auch das Gebiet von Gaimberg vor. Im Folgenden wollen wir einen genaueren Blick auf die betreffenden Abschnitte werfen. Ein kleines, aber bemer- kenswertes Dokument Die in Leder gebundene Pa- pierhandschrift, um die es hier geht, wird im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck unter der Inventarnummer Hs 63 aufbewahrt. Sie ist recht klein (nur ca. 11 x 30 cm schmal) und besteht eigent- lich aus vier verschiedenen, zu unterschiedlichen Zeiten entstandenen Verzeichnis- sen. Der erste Teil ist nicht datiert, man hat jedoch u. a. durch eine Untersuchung der Wasserzeichen im Papier he- rausgefunden, dass er um das Jahr 1385 niedergeschrieben wurde. Er umfasst den Be- reich des Landgerichts Li- enz, das ist im Wesentlichen der Talboden mit Ausnahme der Stadt Lienz und der Salz- burger Herrschaft Lengberg (Nikolsdorf), weiters die heutigen Gemeinden Ainet, Schlaiten und St. Johann im Walde sowie die östlichen Teile der Gemeinde Assling. Der zweite Teil ist datiert mit 1410 und bezieht sich eben- falls auf das Landgericht, da- neben aber auch auf die Stadt Lienz. Der dritte Abschnitt von 1428 umfasst Kals am Großglockner und der vier- te schließlich, aus dem Jahr 1444, die Herrschaft Pitters- berg im Kärntner Lesach- bzw. Gailtal. Für das Ge- meindegebiet von Gaimberg relevant sind also die beiden ersten Teile. Diese decken jeweils nicht den gesamten Bereich des Landgerichts Lienz ab, es gibt jedoch eine Schnittmenge von in beiden Dokumenten vorkommen- den Ortschaften, darunter auch Gaimberger Ortsteile. Es handelt sich vermutlich um die ältesten historischen Quellen dieser Art aus dem Zentralalpenraum. Neben- stehend sind die Gaimberg betreffenden Teile der hier besprochenen Handschrift abgedruckt, jeweils links (mit freundlicher Erlaubnis des Tiroler Landesarchivs) die Scans des Originals und rechts eine Umschrift, bei der die zahlreichen Abkürzungen aufgelöst sind. Eigenwillige Gliederung und ein „verschwundener“ Orts- teil Wirft man einen ersten Blick auf die hier besprochenen Texte, so sieht man, dass es sich eigentlich um Lis- ten handelt. Die einzelnen Einträge werden mit dem (abgekürzten) lateinischen Wort item eingeleitet, das so viel wie ,ebenso, desglei- chen‘ bedeutet. Die Anord- nung der einzelnen Häuser bzw. Untertanen geschieht aus heutiger Sicht eigentlich recht willkürlich, etwa wenn nach dem Kerschbaumer die Höfe Ebner und Zaber- nig angeführt werden, dann aber wieder zum Rohracher „heruntergesprungen“ wird. Auch die Gliederung der Ortschaften weicht von der heutigen ab. Im Dokument aus 1385 ist einfach von den Gamnperger[n] die Rede. Innerhalb des Textes kommt als nähere Ortsbestimmung zu einem Untertan auch cze Jessendarff vor. Damit ist wohl Gassendorf gemeint, eine alte Bezeichnung für die Gegend um den Peheim- Hof. Eine stärkere räumliche Gliederung weist hingegen das Schriftstück von 1410 auf. Dort wird unterschie- den zwischen Gräfendarff , Gamperg und dem erwähnten Kässendarff . Dabei fällt auf, dass dem Orts- teil Gamperg nur fünf Höfe zugeordnet sind, darunter die heutigen Anwesen Idl , Sporer und Ploier. Höfe weiter oben am Berg, wie die noch heute bestehenden Anwesen Zaber- nig , Kollnig , Ebner , Kersch- baumer etc., sind hingegen Gräfendarff zugeordnet. Vor allem das Schriftstück von 1385 weist zahlreiche Streichungen und Ergän- zungen von einer zweiten Hand (in der Umschrift mit runden Klammern markiert) auf. Offenbar wurde das Ver- zeichnis zu einem oder meh- reren Zeitpunkten aktualisi- ert. Dabei gibt es zum einen Änderungen in der Bewaff- nung, doch auch die Namen von Personen bzw. Gehöften erscheinen nachträglich kor- rigiert. Dies zeugt wohl von Verschiebungen in den Be- sitz- oder Wirtschaftsverhält- nissen bzw. vomWegzug und/ oder demAbleben von Unter- tanen, etwa wenn der Risar durch den Nikl an der Prans- tat ersetzt oder ein Jäkel samt seiner Bewaffnung ersatzlos gestrichen wird. Gut gerüstet mit armst und spis Die Register enthalten in erster Linie die Namen von Personen, in geringerer Zahl auch nur von wirtschaftlichen Einheiten, denen jeweils eine bestimmte Bewaffnung bzw. Kampfausrüstung zugeordnet ist. Bezüglich dieser Ausrüs- tung lassen sich zwischen den beiden Dokumenten gewis- se Unterschiede beobachten. In der Handschrift von 1385 Gaimberg und die Gaimberger um das Jahr 1400 Bemerkungen zu einem interessanten historischen Dokument

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