GZ_Gaimberg_2020_07

29 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 2 Pfarre Nu mer 66 - Juli 20 ...so der Titel des Hirten- wortes der Österreichischen Bischöfe zum Pfingstfest. Die Corona-Krise hat auch die Kirche überrascht und gefordert. Die Regulierungen der kirchlichen Praxis waren notwendig. Priester, Männer und Frauen in der Seelsorge haben auf die Beschränkun- gen reagiert und sehr krea- tive Wege beschritten. Die religiösen Möglichkeiten in den digitalen Medien wurden intensiv beworben und auch genutzt. Manche Gläubige sahen im „ausgefallenen Os- terfest 2020“ ein Menetekel - „das sei wohl noch nicht al- les“! Nun sind wir mittendrin und lernen, mit der „Neu- en Normalität“ umzugehen. Wird das aber „geistvoll“ ge- schehen? Dazu einige Punkte, die im Blick auf die Kirche im Laufe der Monate sichtbar geworden sind. Was meint unser Dekan Dr. Franz Troyer dazu? Gibt es Erkenntnisse darü- ber, ob die religiöse Praxis (Gebet, Bibellesen etc.) im Lockdown zugenommen hat? In der intensivsten Phase des Lockdown waren viele Menschen gezwungen, aus dem üblichen Hamsterrad auszusteigen. Das hat Ver- schiedenstes ausgelöst: Un- sicherheit und Angst, mehr Zeit für die Familie und zum Nachdenken, Bescheidenheit und Demut. Von vielen Fa- milien weiß ich, dass sie in dieser Zeit versucht haben, daheim miteinander zu beten oder über Gott ins Gespräch zu kommen. Für viele war das etwas ganz Neues. Es hat viele Angebote gegeben, um die spirituelle Grundver- sorgung aufrecht zu erhalten. Zu den Live-Stream-Got- tesdiensten aus Sillian oder auch zu den Sonntagsbetrach- tungen im Osttiroler Boten habe ich viele positive Rück- meldungen bekommen. Die Bischofskonferenz setzt vermehrt auf „Hauskir- che“ und vermittelt dazu jede Menge Hilfen in Form von Unterlagen und Anlei- tungen, was allerdings als „verlor’ne Liebesmüh‘“ zu sehen ist. Wie begegnen die pastoralen Mitarbeiter die- ser Entwicklung? Wir versuchen durch digi- tale Videoimpulse oder auch Impulse der Hauskirche per Whatsapp den Menschen zu helfen, ihren spirituellen Durst zu stillen und (wieder) mit Gott ins Gespräch zu kommen. Andererseits kön- nen wir hier viel von Juden lernen: Immer wenn ich in Jerusalem an der Klagemau- er stehe, dann denke ich mir: Hierher kommen Einzelper- sonen, Familien und kleine Gruppen, die ganz selbstver- ständlich miteinander beten und nicht warten, bis der Rab- bi für sie einen Gottesdienst feiert. Damit unser Glaube lebendig bleibt, brauchen wir beides: Schöne gemeinsame Gottesdienste in der Kirche und die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, da- heim zu beten. Das Tischge- bet, der Engel des Herrn, ein kurzes Gebet am Morgen und Abend erhöhen die Lebens- qualität. Probieren Sie es! Die Hauskirche im Advent ist ein guter Ansatzpunkt für Haus- kirche . „Außer Risiko sein ma nix mehr“, so der Seufzer vieler älterer Menschen, denen die Sinnhaftigkeit und Freude am Dasein zunehmend ab- handenkommen. Wie kann die Kirche Ermutigung und Trost vermitteln? Ich weiß von verschiedenen älteren Menschen, wie sie darunter gelitten haben, dass sie keine Besuche bekom- men haben. Ich verstehe, dass dann die Freude am Leben abnimmt. Ich bin so froh, dass wir seit vielen Wochen im Wohn- und Pflegeheim je- weils stockweise die Hl. Mes- se feiern durften. So konnten wir neben dem Gebet auch die Gemeinschaftserfahrung ermöglichen. Der beste Trost für uns alle ist erlebbare Ge- meinschaft und ein aufmerk- sames Wort. Sie haben als Priester ver- mehrt Hl. Messen gefeiert, in leerer Kirche, vor ganz wenigen Menschen. Ist GOTT da einem näher? Sind eine besondere Inten- sität und Vertrautheit spür- barer? Ich bin gewohnt, allein in der Früh in der Kirche zu beten. Dabei genieße ich die Stille und den Schutz eines beson- deren Ortes. Für Hl. Messen ist mir eine große Gemein- schaft lieber. Das Wesen der Hl. Messe besteht gerade in der Communio, d.h. in der Gemeinschaft. Ich mag große Festgottesdienste sehr gern. Ein größerer Teil der Gläu- bigen verfolgte die Gottes- dienste in „Servus TV“ und hatte den Eindruck, dass die Predigten offener und unbeschwerter „rüberka- men“. Hat das damit zu tun, dass der Zelebrant nur die Kamera-Crew vor sich hatte? Ich bin froh, dass es im Ra- dio und im Fernsehen Got- tesdienste gibt, besonders für ältere oder kranke Menschen, die nicht mehr aus dem Haus kommen. Beim Fernsehen ist sicher hilfreich, dass ich den Prediger ganz nahe sehe und somit die Person des Predigers stärker erlebe. Talentierte charismatische Prediger können bei Übertra- gungen ihr Talent besonders gut verwirklichen. Beim Ra- dio und Fernsehen sehe ich die Gefahr, dass ich schnell Konsument werde und neben dem Gottesdienst noch bügle, zusammenräume oder eine SMS beantworte. Am Sonn- tag, dem 6. September, wird übrigens im Radio auf Ö2 der Gottesdienst aus Lienz St. Andrä übertragen. Um auf „GEISTVOLL“ zurückzukommen: Pfing- sten 2020 in St. Andrä - das „Vierzigstündige Gebet“ - wurde heuer zu etwas Be- sonderem. Lag es am fest- lichen Glockengeläut‘ nach langer Läute - Abstinenz, lag es an praktiziertem Ge- bet vor der ausgesetzten Monstranz oder den festlich gestalteten Freiluftgottes- diensten mit gehaltvoller Predigt? Man ahnte die An- wesenheit des Hl. Geistes und war Ihnen und Ihrem Stab für die Organisation sehr dankbar! Ich bin sehr froh, wie heuer das Pfingstgebet in St. And- rä verlaufen ist. Wir wollten - auch hinein in die vielen Zukunftsfragen und Ängste der Menschen - ein positives Zeichen setzen und Neues wagen, u.a. mit Gottesdiens- ten im Freien am würdigen Kirchplatz. Es war beindru- ckend zu erleben, wer alles mitgeholfen hat, eine halbe Stunde des Gebetes zu ge- stalten. Ich möchte mithelfen, dass die Kirche ein Ort des Hl. Geistes ist. „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagt- heit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ bestätigt schon der Apostel Paulus. Ich danke für das Ge- spräch! Elisabeth Klaunzer „Für eine geistvoll erneuerte Normalität“

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