GZ_Sillian_2020_07

BLICK Ein 41 Soziales Das hat es so in über 800 Jahren Geschich- te der Pfarre Sillian noch nicht gegeben: eine globale Krise, aufgrund derer die Men- schen nicht mehr in ihre Kirche kommen dürfen. In einer Zeit, in der Druck und bei manchen auch existentielle Not wachsen, wird es ihnen untersagt, Zuflucht, Kraft und Trost in den Gottesdiensten zu finden. Da gab’s nur eins: wenn Menschen nicht herwärts zur Kirche kommen dürfen, muss sich Kirche eben auf den Weg hin zu Men- schen machen. Hinein in ihr Leben, in ihre Häuser und Wohnungen. Hinein in ihre Not. Ein Teil dieser Bewegung hin zu den Menschen in der Krise war der Beginn der Livestream-Gottesdienste. Schritt für Schritt haben wir an der Qualität ihrer Übertragung und an der Gestaltung der Gottesdienste gearbeitet. Und mehr und mehr lernten wir, die digitalen Möglich- keiten zu nutzen, um auf diese Weise das aktive Mitfeiern der Menschen als zentra- le Säule der Liturgie hinein zu holen. Die vielen und dankbaren Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind sehr bewegend und motivierend. Danke vielmals, auch im Na- men des ganzen Teams, das hinter diesen Übertragungen steht. Das Schlimmste der ersten Welle haben wir nun überstanden, und mit großer Erleich- terung genießen wir jeden kleinen Schritt hinein ins ersehnte Leben. Dennoch, die Krise wird uns noch eine Zeit lang beglei- ten, und sie hat auch Fronleichnam und die traditionelle Prozession verändert. Wenn wir von der Botschaft zu Fronleich- nam ausgehen, dann drückt dieses Fest aus, dass Jesus sich bis heute auf den Weg macht, hinein in unser Leben; dass er auf den Straßen unserer alltäglichen Wege ge- genwärtig und unterwegs ist; und dass er seinen Weg bis heute besonders zu jenen Menschen hin lenkt, die besonders betrof- fen sind von der Krise; hin zu den alten und älteren Menschen, die sich auch ein Stück einsam und abgeschnitten vom Leben füh- len, weil sie zur Risikogruppe gehören und deshalb Begegnungen und v.a. Ansamm- lungen von Menschen vermeiden sollen. Jesu Weg geht weiters zu den Menschen im Wohn- und Pflegeheim, zum Betreuten Wohnen und zur Lebenshilfe. Ihnen möchte er seine Nähe und seinen Segen schenken. Deshalb haben wir Fronleichnam heuer an- ders als gewohnt gefeiert. Nach der Fest- messe machte sich eine überschaubare Gruppe mit dem Allerheiligsten auf eine neue, dem Weg Jesu in dieser Krisenzeit angepasste Route. Ihr habt auch heuer die Häuser zu Fronleichnam festlich be- flaggt und Jesus aus euren Wohnungen, von euren Balkonen oder Gärten begrüßt und seine heilende Gegenwart erfahren. Für euch wie für mich war das sehr be- wegend. Höhepunkt wurde der liebevoll vom Wohn- und Pflegeheim gerichtete Al- tar in ihrem Garten. Die Bewohner waren darum versammelt, auf den Balkonen und an den Fenstern, und es wurde die erste richtige Begegnung mit ihnen seit Beginn der Krise. Vielen bleibt unvergesslich, wie die Bewohner am Ende das Lied "Großer Gott wir loben dich" aus Leibeskräften mit leuchtenden Gesichtern mitgesungen ha- ben. Schöner könnte ein Lob auf den im Allerheilgsten gegenwärtigen Gott nicht klingen. Wir hatten auch heuer eingeladen, alle Al- täre zu richten. Denn wir wollten zu Fron- leichnam der Bevölkerung die Möglichkeit bieten, wenn schon nicht bei der Prozessi- on, dann doch einfach für sich selber be- tend die traditionelle Prozessions-Runde zu gehen und an den Altären betend im Laufe des Festtages innezuhalten, Gott zu bitten und ihm zu danken. Erst zum Abend hin wurden die Altäre dann wieder abgebaut. Und schließlich ist es mir ein Herzensan- liegen, mich ganz herzlich auch bei der Marktgemeinde Sillian und bei Bürger- meister Hermann Mitteregger zu bedan- ken. In der gesamten Krisenzeit haben wir immer einen engen Kontakt miteinander gehalten und alle Fragen, die die Öffent- lichkeit betreffen, in völligem Einverneh- men miteinander besprochen und gelöst. Danke für alle Unterstützung und alles Miteinander. Dekan Dr. Anno Schulte-Herbrüggen Pfarre Sillian in Corona-Krisen-Zeiten Wie sich Kirche neu von Jesus hin zu den Menschen führen lässt

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