GZ_Kartitsch_2020_04

Seite 37 Ausgabe 84 Historisches - Das Grundbuch Grundbuches vom „Teilwälderstreit“, einem zehn Jahre dauernden Rechtsstreit überschattet, der mancherorts, so auch in Kartitsch teilweise recht emotional ge- führt wurde und verständlicherweise die Gemüter der Bauern bewegte. Den Waldbesitzern drohte die Aberkennung des Waldeigentums und Änderung auf Nutzungsrechte. Schließlich wurde aber in Kartitsch Ende August 1909 und für Gesamttirol im Jänner 1910 zu Gunsten der Bauern entschieden. Aufbau des Grundbuches und Be- griffsklärung Das Grundbuch besteht aus dem Haupt- buch und der Urkundensammlung , wobei für jede Katastralgemeinde (KG) ein eigenes Hauptbuch und eigene Urkundensammlung geführt werden. Im Hauptbuch ist jede Liegenschaft mit einer eigenen Nummer (Einlagezahl) bezeichnet. Daher wird eine Liegenschaft oft auch als „Grundbuchseinlage“ oder „Grundbuchskörper“ bezeichnet. Ge- genstand des Eigentumsrechtes bei Grund und Boden ist die „Liegenschaft“, sie kann aus einem oder mehreren Grundstücken (früher Parzellen ) beste- hen. Für jede Liegenschaft besteht das Hauptbuch aus drei Blättern, dem A-, B- und C-Blatt. A-Blatt (Gutsbestandsblatt) Dieses besteht aus zwei Teilen: Im A 1-Blatt sind die Grundstücknum- mer (n), (früher Parzellennummer), Be- nützungsart (Gebäude, Wiese, Wald.. ect.), Fläche und Adresse angeführt. Das A 2-Blatt enthält die mit dem Ei- gentum verbundenen Rechte (Dienstbarkeiten oder Servitute) zu Lasten anderer . B-Blatt (Eigentumsblatt) Hier ist der Eigentümer angeführt, bei mehreren Eigentümern ist jeder und mit der jeweiligen Höhe seines Eigentum- Anteils genannt. Außerdem ist zu ent- nehmen, wann und zufolge welcher Ur- kunde das Eigentum (bzw. Miteigentum) erworben wurde. C-Blatt (Lastenblatt) Es enthält die mit dem Eigentum (bzw. Miteigentum) der Liegenschaft verbun- denen Belastungen (z.B. Pfandrechte von Banken, Veräußerungsverbote, Aus- gedinge, Dienstbarkeiten, Servitute). Die Belastungen sind den konkreten Eigen- tumsanteilen zugeordnet. Ein im Grundbuch eingetragener Pfand- rechtbetrag sagt aber nichts über die konkrete Höhe einer noch aushaftenden Verbindlichkeit. Wenn ein Pfandrecht eingetragen ist, kann die Schuld bereits teils oder zur Gänze beglichen sein, sie könnte den Pfandrechtbetrag aber auch überschreiten. Betreffend Pfandrecht gilt im Grundbuch: Wer zuerst gereiht ist, hat das stärkere Recht. Ein an erster Stelle eingetragenes Pfandrecht ist für den Gläubiger besser abgesichert als ein nachgereihtes . Die Urkundensammlung: Grundbucheintragungen können nur auf Grund schriftlicher Urkunden (z.B. Kaufvertrag, Wohnungseigentumsver- trag, Darlehensvertrag etc.) erfolgen. Diese Urkunden werden nummeriert und datiert gereiht in der Urkunden- sammlung aufbewahrt. Grundbuch - alt / Grundbuch - neu Unter dem heute fallweise genannten Begriff Grundbuch - alt ist das Grund- buch in der seit der Eröffnung ange- wandten Form gemeint. Diese für jede Katastralgemeinde eigenen, in Leder gebundenen Bücher, Größe ca. 38 x 48 cm wurden vom zuständigen Grundbuchbeamten (Rechtspfleger) handschriftlich mit den jeweils erforder- lichen Eintragungen versehen und lagen beim Bezirksgericht zur öffentlichen Einsicht auf. Sie können auch heute noch eingesehen werden. Seit den Nachkriegsjahren wurden in der Grundbuchführung einige Verbesserun- gen und Neuerungen eingeführt. Auch die Ablage der Urkundensammlung wurde leicht verbessert. Das System der Grundbuchführung konnte aber seit der Einführung vor nun über 100 Jahren im Wesentlichen beibehalten werden. Seit etwa 1990 wird das Grundbuch digitali- siert geführt, 2005 wurde auch die Ur- kundensammlung auf Digitalisierung umgestellt. In Österreich kann in das Grundbuch von jedermann/-frau kos- tenfrei eingesehen werden . Ebenso kön- nen entweder persönlich, schriftlich oder per EDV gebührenpflichtig Grund- buchsauzüge angefordert werden. Alle diese Neuerungen verdienen zu Recht die inzwischen fallweise Bezeichnung Grundbuch – neu. Wie bereits vorne erwähnt, wird das Grundbuch beim Bezirksgericht der jeweiligen Katastralgemeinde geführt, in Osttirol - da die Bezirksgerichte Matrei und Sillian aufgelassen wurden, beim Bezirksgericht Lienz . Die ehemaligen Verfachbücher und ebenso die bei der Grundbuch-Errichtung verfassten Grundbuchanlegungs-Protokolle wer- den für Tirol im Tiroler Landesarchiv aufbewahrt. Betreffend der Gültigkeit des Grundbu- ches gilt der bücherliche Vertrauens- grundsatz: Jedermann darf darauf vertrauen, dass die Eintragungen im Grundbuch richtig und vollständig sind! Was im Grundbuch steht, stimmt, trotzdem fallweise auch andere – im Grundbuch nicht eingetragene Vereinba- rungen gelten mögen. Ludwig Wiedemayr

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