GZ_Virgen_2020_03

49 Dorfleben – Menschen Virger Zeitung gangen ist. Der Aufsatz ist hier wort- getreu wiedergegeben, das heißt, die – ohnehin nicht häufigen – Fehler im Text wurden nicht korrigiert. Die fahrt mit dem opfer-widder nach maria lavant im jahre 1917 Eine ganze Woche hatten wir Ar- beit, um den Widder zu waschen und aufzufilzen, denn er mußte bis auf die Haut weiß sein. Durch die Stadt Lienz durch haben die Leute die Wolle auseinander getan und ge- schaut, ob der Widder wohl sauber gepuzt ist. Am Ostersonntag wurde der Widder um 1 Uhr mit dem Kreuzgang nach Obermauern ge- führt und wieder nach Hause, die ganze Woche den Widder sauber halten, das war eine Arbeit! Am Freitag vormittag vor Weis-Sonntag sind wir von hier weggegangen. In Matrei hat Lottersberger den Widder fotograpfiert, dann ging es weiter bis St. Johann im Walde, dort wurde übernachtet. In der Früh wieder wei- ter nach Lienz und dort auch wieder übernachtet. Um zirka 1 – 2 Uhr nachts am Samstag gingen die Leute mit dem Kreuzgang von Virgen weg. Gebetet wurde nur durch die Ort- schaften durch. Um zirka 8 bis ½ 9 Uhr kamen die Leute aus Virgen bei der Pfarrkirche in Lienz an. Wir mußten mit dem Widder solange dort warten. Dann ging es weiter durch die Stadt durch nach Lavant. Durch die Stadt durch regnete es fast Blumen und Seidenbänder, so das man vomWidder seinen Rücken fast gar nichts mehr sah. In Lavant war dann ein Amt, den Widder mußte man in der Kirche bei einem Seiten-Altare halten. Unser Widder fing an, an die Bank zu stos- sen, so daß der Pfarrer ganz Wild wurde. Hierauf wurde der Widder dem Kirchprobst übergeben. Es gab dort ein sehr gutes Mittagessen mit Fleischsuppe, Knödl und Mohnbin- gelan. Der Heimweg war auch kein Spass. Am Montag um 5 Uhr in der Früh kamen ich und die Mutter nach Hause. Ich mußte rückwärts über die Stiege gehen, so hien bin ich ge- wesen. Soviel ich weiß, wurde der lezte Widder im Jahre 1918 von Peter Hochkofler Niggiler in Welzelach, in Lavant geopfert. Damals hatte es so- viel Schnee noch, daß auf den Tris- tacher Feldern die Zaunsäulen erst eine Spanne heraus ragten. Wenn ich in meinem Schreiben Böcke gemacht habe, dann bitte um Enschuldigung, mit 70 Jah- ren geht es nicht mehr besser. Es grüßt Josef Berger Otfried Pawlin Quellenverzeichnis: Reinhard Bodner: Der neue Widder – An- merkungen zum Andauern und zur Wandel- barkeit eines Brauches in Osttirol und Ober- kärnten Beitrag in der Gedächtnisschrift für Dr. Lois Ebner: „Osttirol, Geschichte – Volkskunde – Kunst“; Studienverlag Ges. m. b. H., 6020 Innsbruck, 2005, ISBN 3-7065-4050-9 manchmal wurden neben dem „offiziellen“ widder noch weitere tiere in einer privaten Angelegenheit geopfert. jahr der Aufnahme unbekannt, ca. vor 1914. v. l.: barbara berger, vlg. oberbichl; unbekannt; mutter von oberbichler warwe; Dorothea bstieler, vlg. stamper; josef hatzer, vlg. taxer; margarethe mair, vlg. hüttinger mutter; unbekannt; vorne – unbekannt: hinten – genoveva bstieler, vlg. stamper; unbekannt; Anna steiner, vlg. mesner; leonhard Dichtl, vlg. obersonnberger; unbekannt; unbekannt; Anna Dichtl, vlg. obersonnberger, verehel. bstieler, vlg. roll (original und information von herrn Alois weißkopf).

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