GZ_Leisach_2019_12

8 Leisacher Gucklöcher Emil Senfter – ein technisches Talent mit Weltruf Es war keine gute Zeit, in die Emil im Jahr 1932 hinein geboren wurde. Die Folgen des Ersten Weltkriegs waren noch überall zu spüren und zugleich stiegen die Spannungen und Schwierigkeiten, die wenige Jahre später zum Anschluss Österreichs an Deutschland und zum Zweiten Weltkrieg füh- ren sollten. Aber der kleine Emil, der mit drei älteren und drei jüngeren Geschwistern auf dem Gasslerhof aufwuchs, blieb von diesen Problemen weitgehend unberührt. Schon als kleiner Bub zeigte er sein technisches Inter- esse und Geschick. Dazu bot seine Um- gebung jede Menge Anregungen. Auf dem elterlichen Hof stand ihm jederzeit Werkzeug zur Verfügung und die Schmiede im Nach- barhaus war sein liebster Aufenthaltsort. Emils Schulzeit fiel großteils in die Jahre des Zweiten Weltkriegs. Dabei wurden die Schul- kinder über den Volksempfänger der Lehrerin Zeugen des Jubels in Wien beim Anschluss. Die Begeisterung für den Nationalsozialis- mus teilte Emil nicht, im Gegenteil. Als der Gauleiter mit seiner Eskorte auf seiner Fahrt von Sillian nach Lienz durch Leisach kam, hatten Anhänger ein großes Hakenkreuz auf die Straße gemalt. Im Schutz der Dunkelheit machte Emil mit Kreide daraus ein Krucken- kreuz. Der „Widerständler“ wurde zwar gesucht, aber nicht ausgeforscht. In den späteren Kriegsjahren mussten die Schüler immer wieder bei Fliegeralarm überstürzt die Klassenräume verlassen und Zuflucht in sicheren Kellern suchen. Als im Mai 1945 das Deutsche Reich zusammenbrach, wurden englische Besatzungssoldaten vorüberge- hend im Schulhaus einquartiert, so dass das Schuljahr in Leisach ein paar Wochen später begann. Die Lehrerin, eine überzeugte Nationalsozialistin, wurde aus dem Schul- dienst entlassen, worauf alle 80 Leisacher Volksschulkinder vom ersten bis zum achten Schuljahr vom Lehrer Senfter in einer Klasse unterrichtet wurden. Auch im Stadel des Gasslerhofs waren wäh- rend des Kriegs immer wieder Soldaten der deutschen Wehrmacht einquartiert, kurz vor Kriegsende auch SS-Einheiten mit einem Pan- zerspähwagen, die unmittelbar vor dem Ein- marsch der Engländer ihr Quartier überstürzt verließen und einiges an Waffenmaterial zu- rückließen. Diese Waffen bildeten die Grund- lage für Emils spätere Waffensammlung. Bald darauf wurden für kurze Zeit auch Kosaken im Gassler-Stadel einquartiert, mit denen sich der Gassler-Bauer, der im Ersten Weltkrieg und als Kriegsgefangener mehrere Jahre in Russland war, auf Russisch unterhalten konnte. Als Emil ausgeschult war, arbeitete er drei Jahre lang auf dem elterlichen Hof mit, bevor er in Lienz eine Lehre als Huf- und Wagen- schmied antreten konnte. 1952 war er Sieger beim Landeslehrlingswettbewerb und trug sich mit dem Gedanken, die Meister- prüfung zu machen und sich selbständig zu machen. Durch die zunehmende Motorisie- rung und andere Entwicklungen war die Arbeit der Schmiede immer weniger gefragt, und so suchte Emil ein anderes Berufsfeld. Er fand es bei der sogenannten B-Gendarmerie, die damals ein Zwischenglied zwischen der Gendarmerie und dem Militär der Besatzungs- macht bildete und nach dem Staatsvertrag für den Grenzschutz zuständig war und den Grundkader für das neu gegründete Öster- reichische Bundesheer stellte. Nach der Grundausbildung in Innsbruck wurde Emil umgehend in die technische Abteilung ver- setzt, wo er zum Waffenmeister ausgebildet wurde. Sobald die Lienzer Haspingerkaserne dem Tiroler Militärkommando unterstellt wurde, kam Emil dorthin und blieb dort nach einer halbjährigen Ausbildung in Wien bis zu seiner Pensionierung Waffenmeister.

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