GZ_Oberlienz_2019_12

34 OBERLIENZerlesen Perchtenspiel und Perchtenspringen in alter Zeit Ein Brauch der in unserer Gemeinde längst in Vergessenheit geriet, ist das Perchtenspiel oder auch Perchtenspringen genannt. Nach einer Erzählung der alten Jo- sefa Gritzer aus Oberdrum, berich- tet Hermann Mang über diesen ab- gekommenen Brauch: „Zum Perchtenlaufen ist nicht etwa minderes Volk gegangen, sondern gerade die besten Bauern zu aller- erst“. Es waren zwölf „schöne“ Perchten mit bunten Kleidern und Bändern. Sie trugen hohe, mit Schellen und Glöcklein behangene Helme, die bei jeder Bewegung tön- ten, und feine, schöne Masken. Der Anführer, der Voranperchte, hatte einen extra großen Helm und war besonders reich geschmückt. Mit ihnen gingen paarweise vier Tänze- rinnen, ebenfalls Männer, in der al- ten Frauentracht gekleidet, die frü- her beim Fronleichnamsumgang üblich war: einen Rock mit ange- nähtem, reich verschnürtem Mie- derleibchen, ein weißes Leinen- schalkl mit spitzenbesetzten Ärmeln, an den Unterarmen Stut- zen, am Hals eine weiße Krause mit gleichmäßigen Falten, dazu weiße Schürze, weiße Strümpfe und ausge- schnittene Schuhe. Hinter den schönen Perchten und den Tänzerinnen zogen die „schie- chen“ Perchten. Sie waren lange nicht so gut gekleidet und trugen nur schreckliche und lächerliche Masken. Auch humoristische Figu- ren, wie Wunderdoktor mit seltsa- men Kuren, Kramer mit Juxwaren, Zillertaler mit Schnapspanzele u. a. waren dabei. Um die Mittagszeit ging der Zug durch das ganze Dorf. Die „schönen“ Perchten machten mit ihren großen Stöcken ungeheure Sprünge und von Zeit zu Zeit hiel- ten sie auf dem Felde, neben den Wegen, einen feierlichen Tanz, bei dem sie die Tänzerinnen abwech- selnd führten. Für die Tanzplätze wurde eigens der Schnee ausge- schaufelt. Die Musik besorgten Schwegelpfeifer. Die „schiechen“ Perchten machten indessen aller- hand Scherze und Sprüche. In den christlichen Darstellungsweise. Dass dies die Obrigkeit im Sinne der Aufklärung (1795) versuchte zu un- terbinden, tat wenig dazu bei, dass sich die Nikolausspiele, wenn auch mit Unterbrechungen, bis ins 20. Jahrhundert hielten, so etwa in Sex- ten, Gsies oder in Kartisch. Manch- erorts wurde das Stubenspiel ins Freie verlegt, um auf diese Weise das Verbot (erlassen auf die Bauernstu- ben) zu umgehen. Dieser Schritt vor die Haustüre vermag schließlich dazu geführt zu haben, dass sich die Nikolausspiele immer mehr mit dem Perchtenbrauch vereinten, woraus sich in weiterer Folge der heute praktizierte Krampuslauf bzw. das Klaubaufgehen entwickelt haben. Nach dem Buch „Krampus masken und postkarten“ von Herlinde Menardi Aus unserer Gemeinde ist bekannt, dass man zunächst mit Felllarven oder nur mit angerußten Gesichtern und einem Fell über den Kopf gezo- gen zum Krampuslauf aufmarschier- te. Erst um 1940 entstanden die ersten „richtigen“ Krampusmasken, geschnitzt von Hansl Zeiner (Jo- hann Schneeberger). In Oberdrum war es Josef Egartner, vlg. Egartner, der die ersten Charaktergestalten für den Krampuslauf schnitzte. Nur wenige Personen konnten sich nach dem 2. Weltkrieg Larven von Tobias Trost aus Matrei leisten. © Gottfried Stotter © Ernst Zeiner

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