GZ_Oberlienz_2019_12

OBERLIENZerlesen 33 GESCHICHTLICHES Vom heiligen Nikolaus und seinen Begleitern zusammengefasst von Elisabeth Hainzer und Gottfried Stotter Legenden zufolge wirkte die Heili- gengestalt des wundertätigen Bi- schofs von Myra bereits im 6. Jahr- hundert, doch eigentlich ist die Gestalt des Heiligen Nikolaus aus einer Verschmelzung zweier histori- scher Personen entstanden – dem Bischof Nikolaus von Myra, welcher im 4. Jahrhundert in Lykien (heute Türkei) wirkte und dem Abt Nikolaos Sioni- tes, der Bischof von Pina- ra war und 564 in Lykien verstarb. Zu jener Zeit ward der Ruf des Heiligen Nikolaus geboren und verbreitete sich insbeson- dere in der katholischen Ostkirche. Der Überlieferung zufol- ge war die Einkehr des Bischofs in die Familien und die Befragung und Beschenkung der Kinder lange Zeit rein auf die Oberschicht beschränkt. Weiters ist überliefert, dass die Klöster initiie- rend auf diesen Brauch gewirkt haben. Als wich- tiger Nachweis auf den volkstümli- chen Nikolausbrauch gilt ein Kin- dergebet aus dem Kloster Tegernsee (15. Jhdt.). Weitere Hinweise finden sich in katholischen Barockpredig- ten. So lobte der Tiroler Kapuziner Heribert von Salurn um 1693 den Brauch „fleißig betenden Kindern am Nikolaustag Obst und derglei- chen einzulegen und sie mit kleinen Geschenken zu andächtigen Übun- gen anzuspornen“. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen fin- den sich um 1680, als am Münchner Hof erstmals von der Einkehr dieses Brauchs berichtet wird. Archivbele- ge aus dieser Zeit weisen auf einen zunächst städtischen Brauch hin. Eindrucksvoll schildert der Wiener Hofprediger Abraham a Santa Clara (1644 – 1709) von einer Entartung dieses Brauchs durch einen „betrun- kenen Nikolaus“ oder durch eine „stehlende Nikolausgruppe, die aus Nikolaus, Leviten, Engeln und Teu- feln“ bestand. Noch im 18. Jahrhundert galt der Heilige Nikolaus als Überbringer von Gaben und so wurde er erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in manchen abgeschiedenen Tiroler Seitentälern erst in der Zwischen- kriegszeit, vom Christkindl mehr oder weniger „abge- löst“. Wie der Heilige Nikolaus nun zu seinen Begleitern kam, lässt sich geschichtlich nicht mehr ganz nachvoll- ziehen. Bekannt ist, dass neben der Gestalt des Niko- laus immer auch eine Schre- ckensgestalt ihr Unwesen trieb. Dieses Gegensätzliche sollte Himmel und Hölle, Belohnung und Bestrafung oder eben Gut und Böse symbolisieren. Daraus ent- wickelten sich über die Zeit sogenannte „Stubenspiele“, in denen der Kampf zwi- schen Gut und Böse in den bäuerlichen Stuben nachge- stellt wurde. Die Darstel- lung oblag zumeist armen Leuten, die durch die Niko- lausspiele Essen und Trin- ken bekamen und sich den einen oder anderen Kreuzer dazuverdienen konnten. Ende des 18. Jahrhunderts wandte man sich von der ursprüng- lichen Darstellungsweise immer mehr ab. Zunehmend wurden heiter bis hin zu erotisch-satirische Szenen in die Nikolausspiele integriert und so wandelte sich der anfangs kirchli- che Brauch hin zu einer weniger Wo andernorts die erste Adventswoche von vorweihnachtlicher Freude begleitet wird, stimmen in Oberlienz Nikolaus und Krampus auf die – gefühlt wichtigsten Tage im Jahr – ein. Doch was ist es, das uns mit diesem Brauch verbindet? © Chronik Oberlienz

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