GZ_Gaimberg_2019_12

38 Die Sonnseiten Nummer 64 - Dezember 2019 Gut ein Jahr vor Ende des Zweiten Weltkrieges muss- ten auch fünf Gaimberger Familien den „Tod im Felde“ zur Kenntnis nehmen und ein „Nimmahoamkemmen“ ihrer Söhne akzeptieren. Alt.-Bgm. Peter Duregger wäre im vergangenen No- vember 100 Jahre alt ge- worden Die Briefe vom Peter und vom Michl Duregger, beide „Grießmannsöhne“, die das Glück hatten, die Heimat wieder zu sehen, sind rich- tige Zeitdokumente. Wenn man sich ungefähr hinein- versetzen kann (Ich tu mich da leichter, weil ich meinen Vater in dieser Zeit verloren habe), muss einem wohl be- wusstwerden, in welch guter Zeit wir leben können. Aber diese gute Zeit scheint nicht allen gut zu tun und in man- chen Ängste zu wecken, was die Sehnsucht nach einem starken „Führer“ verständ- lich machen kann. Im Norden, 30.11.1941 Liebe Eltern undGeschwister! Wieder einen kleinen Sonn- tagsgruß. Diese Woche kamen 2 Päckchen an, die zu Allerheiligen aufgegeben wurden: In einem waren Al- lerheiligen-Krapfen, im an- deren Backwerk von der Nanne. Die Päckchen brau- chen also 3 mal so lang als die Briefpost, die in 6 - 7 Tagen hier ist. Was gibt’s denn daheim Neues? Hier ist es trocken-kalt; so bei Minus 10 Grad Celsius (...) Verflos- sene Nacht hatte ich Nacht- dienst, infolgedessen ist bis 10 Uhr Vormittag frei. Da versuchte ich heute mal in eine Kirche zu kommen, aber anscheinend fand gerade heute kein Wehrmachtsgot- tesdienst statt, zumindest war die Kirche geschlossen und weit und breit keine Seele zu sehen. Mit heutigem Sonntag sind wir also schon in den Advent eingetreten; in 3 Wo- chen ist Weihnachten; zum 1. Mal Weihnachten in der Fremde. Denn mit Urlaub ist nichts; für uns gilt scheints noch immer oder von neuem wieder die Urlaubssperre. Bitte schreibt mir mal die neue Feldpostnummer vom Lois, euch hat er ja von Oslo aus wieder geschrieben (...) Wie ihr seht, gibt’s als Brief- papier auch nur mehr Heft- papier zu kaufen; ist also Zeit, dass ich Schluss mache. Bleibt alle recht gesund, vie- len Dank und recht viele, viele Grüße euch allen euer dankschuldiger Peter. Im Lager 1. 3. 1944 Meine Lieben! Zuerst recht viele herzliche Grüße sendet euch allen Leh- rer Pepi (Anm. Vallazza) und Michl. Gestern erhielt ich den Brief vom 6. 2., wofür ich herzlich danke. Lehrer Pepi war jetzt einige Tage hier in diesem Lager, hatte einen Kurs mitgemacht und heute ist er wieder weggefahren, bevor er wegfuhr hatte er mich noch mal besucht. Der gestrige Brief ist wohl ein Trauerbrief gewesen. Leitn Lois und Peheim Peter, diese zwei Spezi sind nicht mehr, aber kannst nichts machen. Schicksal ist Schicksal. Das kann ich mir vorstellen, was beim Leitn jetzt für ein Jam- mer ist. Vom Seppl (Anm. vlg. Gorele) hab ich nun auch mal einen Brief bekommen und er schreibt, dass es ihm ganz gut geht und im Lazarett sei. Für heute wieder genug. Bleibt alle gesund. Viele tau- send Grüße sendet euch Michl Ebenfalls S. sendet auch viele Grüße Verwunderlich ist bei Michls Brief auf‘s erste, dass er vom Peheim Peter als Gefallenen schreibt, obwohl er am Krie- gerdenkmal erst beim Jahr 1945 zu finden ist. Die Ur- sache ist, dass er als tot ver- meint war, aber offiziell noch als vermisst galt. Erst am Kriegsende wurden alle Ver- missten von seiten der jewei- ligen Heimatgemeinde für tot erklärt. Außer den Angehörigen der offiziellen Kriegsopfer des Jahres 1944 werden also vor 75 Jahren manche Angehö- rige der sechs Vermissten vielleicht mehr oder weniger noch auf ein Wiedersehen ge- hofft haben, was leider nicht eintraf Geschrieben wurden diese Briefe natürlich in Kurrent- schrift; zwar papiersparend sehr klein, aber außerge- wöhnlich schön, sodass das Lesen relativ leicht war. Die Gefallenen unserer Gemeide vor 75 Jahren (1944) vom Gemeindechronisten Franz Wibmer Chronik i i - Typische Feldpostkarten im 2. Weltkrieg.

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