GZ_Gaimberg_2019_12

36 Die Sonnseiten Nummer 64 - Dezember 2019 „Wohl geziemend, ja pflicht- mäßig erscheint es, das An- denken eines Mannes, des Bildhauers Matthäus Obe- regger in seiner engeren Hei- mat wieder neu zu wecken und dem Vergessen zu entrei- ßen. Ihm, dem bescheidenen Idealisten, der nicht nach Künstlerruhm strebte, dessen Wissen und Können umfas- send war, den sein Geist und die Tiefe seines Fühlens zum Genie stempelten, seien nach- stehende Zeilen in Ehrfurcht und Hochachtung gewidmet. Matthäus Oberegger wurde am 21. September 1829 zu Gaimberg bei Lienz als Sohn des Michael Oberegger (Obereggerbauer) und der Maria Hanser, einer Krall- tochter aus Leisach, gebo- ren. Schon in früher Jugend zeigte er große Vorliebe zur Schnitzerei. Seine Vermö- gensverhältnisse gestatteten ihm gerade, die nötige Aus- bildung zu machen. So zog denn der Jüngling nach In- nsbruck und besuchte dort die Fachschule und studier- te auch Anatomie. Von Inns- bruck zurückgekehrt, schuf er für die Pfarrkirche sei- nes Heimatortes die Statue des hl. Sebastian, welcher noch heute wegen der schö- nen Stellung und edlen Auf- fassung vollste Anerkennung gezollt wird. Hierauf begab er sich nach Wien und ar- beitete dort mit dem schon berühmten Bildhauer Josef Gasser von Prägraten und mit Jakob Gliber von Ainet in der gotischen Votivkirche, an deren Bau von 1856 bis 1879 gearbeitet wurde. Nach 20 Jahren Aufenthalt in Wien kehrte er für den Winter in die Heimat zurück, um im Frühjahr wieder nach Wien zu reisen. So machte er es et- liche Jahre, bis ihn Gesund- heitsrücksichten für immer daheim festhielten. Schon kränklich, schuf der rastlos tätige Künstler immer wieder neue Werke, so für die Pfarr- kirche in Leisach die Statuen des hl. Georg und Florian wie auch 2 kleinere Figuren der hl. Apostelfürsten Pe- trus und Paulus (alle 4 auf dem alten Hochaltare), für die Kirche in Amlach den hl. Schutzengel, für die Pfarrkir- che in Nikolsdorf St. Paulus, während die andere Statue, St. Petrus, sein Freund Karl Fuetsch schuf, dem er auch bei Ausführung der Reliefs der vier Evangelisten auf der Kanzel der Stadtpfarrkirche in Lienz behilflich war. Eines seiner letzten Werke war die Statue des Evangelisten Jo- hannes in der Pfarrkirche zu Grafendorf. Die Speziali- tät seiner Kunst waren Kru- zifixe. Solche, verschieden stilisiert ausgeführt, befin- den sich noch im Besitze der Familie Wanner in Lienz, der Familie Klaunzer, Schuster in Grafendorf, deren zwei beim Oberegger in Gaimberg und eines bei Tocknig in Nuß- dorf. Ein echtes Oberegger- Stehkruzifix ist uns zufällig bekannt im Besitze der Frau Obbrugger in Lienz. (Davon hatte auch der Thronfol- ger Erzherzog Franz Fer- dinand Kenntnis erlangt und kam einmal es zu besichtigen ins Haus. Anmerkung .der Schriftleitung). Für das der Familie Wanner erhielt der Künstler bei einer Ausstel- lung in München den zwei- ten Preis und einen ebensol- chen für einen Pfeifenkopf mit dem Relief St. Sebastian in Wien. Der Großteil sei- ner Kruzifixe, außer etli- chen Wegkreuzen, ist durch Händler verschleppt worden. So wurde eines dieser Kru- zifixe von einem jüdischen Händler wegen seines Kunst- wertes um den Preis von 300 Gulden erstanden. Sämtliche seiner Kreuze sind von aus- gesuchter Feinheit und Rein- heit und zeigen wie selten die Majestät und Hoheit des lei- denden Gottmenschen. Körperlich gebrochen starb der allseits beliebte, gutmü- tige Mann schon am 20. März 1886 in seinem Vaterhause. Seine Werke aber, von denen leider keines mit seinem Na- menszuge gezeichnet ist, sind wohl der sprechendste Be- weis seines Kunstsinnes und werden noch spätere zu An- dacht stimmen, zu Achtung zwingen.“ (Osttiroler Hei- matblätter 1925 Heft 4) In den Jahren 1850 bis 1858 studierte Matthäus Obereg- ger an der Akademie der bil- Bildhauer Matthäus Oberegger zum 190. Geburtstag „Skizze aus der Feder eines Neffen“ Der Neffe „Motz“, Mathias Oberegger, geb. 2.2. 1873 gest. 11.7.1947 (Vater Niko- laus Oberegger). „Motz“ war zeitweise Knecht am Haiden- hof und Hirte im Debanttal. Dazu schreibt der Gemeinde- chronist Franz Wibmer: „Vor ein paar Tagen brachte mir der Gasser Peter eine Art Jubiläumsschrift über die Gaimberger Alm und glatt kommt dieser „Egger Motz“ da drin mit einem Foto vor. Neben ihm sitzt der Rohra- cher Franz.“ Obereggers Werk – Hl. Seba- stian/Pfarrkirche Grafendorf Foto: Georg Webhofer Foto: privat Chronik i i -

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