GZ_Gaimberg_2019_12

27 Die Sonnseiten Nummer 64 - Dezember 2019 Ployersohn, verunglückt auf der Eisenbahn, Josef Müller, Peintner, gestorben während eines Urlaubes hier, Johann Ortner, R. i. P., Unterweger- sohn, Johann Wegscheider, Haidenwirtsohn. Außer dem Kupferdach wird die Kirche auch noch 2 Glo- cken für Kriegszwecke opfern müssen gegen ein Endgelt von 4 Kronen pro Kilo - an man- chen Orten wurden Kirchen- glocken schon abgenommen. Trotz der Übermacht des Feindes und der Nähe der Grenze wurde die Gegend von Lienz bisher verschont vor Einbruch des Feindes. Nur 1mal überflog bisher ein feindlicher Flieger diese Ge- gend und warf außerhalb der Stadt Lienz Bomben ab, die aber keinen Schaden mach- ten. Kanonendonner war oft zu hören bei Tag u. Nacht, bald von der Kärntner Front, bald von der Dolomitenfront. Unsere Flieger bemerkte man öfters u. hörte sie gut in der Luft. Im März 1916 wurde in Lienz u. Umgebung viel Mi- litär gegen Italien angesam- melt, einmal waren mehr als 20.000 Mann hier. In Grafen- dorf waren einmal ungefähr 700 Mann in den Häusern u. Futterhäusern untergebracht, es waren Mannschaften da aus Ungarn, Böhmen, Bos- nien, Steiermark, Tirol, etz., Katholiken, Protestanten, Juden, Mohamedaner, Grie- chen, gute u. schlechte, alte u. erst 18 u. 19-jährige. Für das Militär musste wegen Platzmangel nach dem Pfarr- gottesdienste eigener Mi- litärgottesdienst gehalten werden, für welchen die Seel- sorger Vollmacht zur „Bina- tio“ erhielten. Einmal wurde Feldmesse gehalten auf dem Kirchplatze, der Altar war beim „Bußkreuze“. Kriegsgefangene waren oft zu sehen, Russen, Serben, Italiener; Russen wurden bei verschieden(en) Bauern ange- stellt zu allen Ar- beiten, wohnten in den betreffenden Häusern. Manch- mal kam ein Aufse- her nachzusehen. Beim „Wachtlech- ner“ z.B. war ein jüdischer Kauf- mannsohn ange- stellt, welcher ein paar russische Münzen zum Auf- bewahren in den Turmknopf dem Pfarrer auf Ersuchen über- gab. Er sprach verständlich „deutsch“. Krankheiten wurden bei Aus- bruch des Weltkrieges allge- mein befürchtet aber bis 1916 bleiben die Länder von Seu- chen u. ansteckenden Krank- heiten auffallend verschont. Hoffentlich bleibt es so. Statt der Krankheiten brachte der Weltkrieg eine andere große Plage, die Teuerung. Beilie- gender „Marktbericht“ macht dieselbe ersichtlich. Die Teu- erung nötigte auch die Kir- chenbehörde in Brixen das Meßstipendium von 1 Krone auf 2 Kronen zu erhöhen. Messwein war sehr schwer zu bekommen; der Pfarrer von hier musste z.B. pro Liter 1,50 Kronen zahlen. Den Bauern wurde jedes irgendwie ent- behrliche Getreidekorn von den staatlichen Behörden ab- verlangt, ebenso Wolle, Vieh, Metallgeräte. Sie mussten sogar die einzelnen „Gar- ben“ zählen. Viehstellungen waren wiederholt. Nichtbau- ern u. Stadtbewohner konn- ten Mehl, Zucker u. Verschie- denes nur in kleinen Mengen mittels „Brotkarte, Zucker- karte“ erhalten. Auch wurde in den Gasthäu- sern an gewissen Tag jeder Fleischverbrauch verboten, sogenannte „fleischlose Tage“ eingeführt, also „staatliche Fasttage“. Als Lichtseiten des Welt- krieges zeigten sich vielfach recht schön die Betätigung der christlichen Nächstenlie- be, gegenseitige Aushilfe im Arbeiten, Geduld u. Erhebung in den schweren Leidensstun- den, Liebe zum Vaterland u. Opfersinn gegen dasselbe, be- sonders gelegentlich der wie- derholten „Kriegsanleihen“. Als Schattenseiten zeigten sich in beklagenswerter Weise in manchen Kreisen: Wucher u. Preistreibereien, Diebstäh- le u. Ungerechtigkeiten aller Art; Verrat u. Unverläßlich- keit, Unsittlichkeit u. Dirnen- wesen in Stadt u. teilweise zur Zeit der Einquartierungen auch auf dem Lande. Viel Kla- gen hörte man - ob mit Recht Die neue Zeitkapsel mit dem Datenstick. Botschaften aus den Jahren 1731 und 1916 (v.l.). 2 Pfarre Foto: Georg Webhofer er 64 - eze ber 2019

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