GZ_Gaimberg_2019_12

26 Die Sonnseiten Nummer 64 - Dezember 2019 Nach der Abnahme der Turm- kugel bei der Außenreno- vierung 2019 kam zum Vor- schein, dass nicht nur eine, sondern gleich zwei „Zeit- kapseln“ in der Turmkugel vorhanden waren: eine von 1916 in Form eines Rohres und eine ältere in Form eines Flachmanns aus dem Jahre 1731 - in diese wurde 1899 eine Information dazuge- legt. Diese zwei Kapseln und die Originalinhalte werden jetzt im Pfarrarchiv Grafen- dorf verwahrt. Eine neu ange- fertigte kupferne Zeitkapsel wurde anlässlich des feier- lichen Kreuzaufsteckens am 24. August 2019 in die Turm- kugel eingebracht. Am 10. Juli 1731, also vor über 288 Jahren, schrieb Pfr. Martin Höfer (er war auch Pfarrer von Dölsach, Grafen- dorf gehörte dazu): „In den Jahr nach Christi unsers Er- lesers und Seeligmachers ain Tausend Sibenhundert ain und dreisßig, ist dieser Thur[m g]änzlich neu gede- khet und d(as) Mauerwerkh Re[noviert w]ord(en) Theils auf der Kirchen, Theils auf der Ehrsamen Nachbarschaf- ten Ober- und Untergaim- berg.” Es werden dann der Erzbischof von Salzburg, die Gerichtsfrau von Lienz, Pfar- rer, Kooperator, Kirchen- probst, Mesner und auch Tho- mas Halbfurter angeführt, der „Zimmermaister diser Dachdekhung gewesen” ist. Weiters sind die Priester von Lienz, Richter und Rechts- pfleger angeführt. Pfr. Höfer schreibt: “Welchen alle der grundtgüttigste Gott Lang- würige Gesundtheit [Zeit- lich]- und Ewige Wohlfahrt verleich(en) wolle. Ame[n].” Es folgen dann noch eine aus- führliche lateinische Segens- bitte und der Segen. Am 25. Juli 1899 schreibt Pfr. Franz de Paula Mair: “Unter dem Pontificate Leo XIII., unter der Regierung Francis- ci Josefi, imperatoris Aus- triae, D. Simonis Episcopi Brixenensis sede, Dr. Ziglau- er Ed. Decanatu Leontii, Graf Atems, Bezirkshauptmann in Lienz, unter dem Pfar- rer Fr. Mair in Grafendorf, unter dem Gemeinde Vorstand Josef Krautgasser, Messner P. Kalser, Kirchenprobst Joh. Lottersberger wurde auf Ko- sten der Gemeinde Gaimberg im Jahre des Heiles 1899 am Feste des heiligen Jacobus 25. Juli dieser neue Thurmknopf samt Kreuz aufgesetzt. Der Thurm wurde mit Kup- fer neu bedeckt vom Späng- lermeister Mayerotto in Lienz; die Kupel lieferte Joh. Kreiner v. Klagenfurt, das Kreuz Schlossermeister Victor Riebler in Lienz. Die abgenommene Thurm- kupel wurde am 9. Juli 1731 aufgesetzt und befanden sich darin ein gedruckter Bogen, eine Urkunde, Pfennige, ein Agnus Dei, einige andere Heiligkeiten, Kreuze, neue dazu diverse Medailen auch aus Jerusalem von einem hie- sigen Pilger. Der Herr segne und erhalte, die Gottesmutter beschütze, u. St. Barthlmä wache über dieses Gotteshaus und die Seelsorge! …“. In der runden Zeitkapsel lesen wir vom Jahr 1916: Am 14. August 1916 , es ist im 3. Jahr des schrecklichen Welt- krieges, berichtet Pfr. Johann Burger, dass „das Kupfer- dach dieses Turmes hier in der Kirche zu Grafendorf für Kriegszwecke geopfert und der Heeresverwaltung über- lassen werden musste, welche der hießigen Kirche pro Kilo Kupfer 2,85 K. vergütet und das Gerüst für Abdeckung u. Neudeckung des Turmes bei- stellte. Für die Neudeckung des Turmes konnte wegen der Kriegsverhältnisse nur ver- zinktes Eisenblech mit Ver- kupferung verwendet werden. So wurde im Sommer 1916 das Kupferdach abgenom- men und der Turm mit ver- zinktem und verkupfertem Eisenblech neu gedeckt. Das Bedeckungsmaterial u. die Neueindeckung besorgte der Spenglermeister von Lienz Herr Ferdinand Leiss, wel- cher pro m 2 8 Kronen ver- langte u. erhielt von der Kir- chenverwaltung für Blech u. Eindeckung. Bei der Neude- ckung des Turmes wurden die Eisenkreuze neu gestrichen von Bernhard... in Lienz.“ Es gibt noch weitere Infor- mationen zu den Kriegsjah- ren in diesem Dokument: „Zu dieser Zeit war Pfarrer in Grafendorf: Johann Burger; Gemeinde-Vorsteher in Gra- fendorf: Franz Kollnig, Idl; Kirchenprobst: Kassian Obe- rerlacher; Lehrer: Alois Ler- cher; Mesner Franz Ployer, welcher, nach musterhafter Dienstleistung als Mesner, in den Krieg ziehen musste u. dort den Heldentod fürs Va- terland erlitt. R.i.P. Außer dem braven Mesner forderte der Krieg aus die- ser Pfarre bis 1916 folgende Opfer soweit es bis jetzt be- kannt ist: Alois Bauer, Lehrersohn beim Grabenschuster, Land- briefträger, Franz Tscharnig, Tscharnigsohn, gefallen in Russland, Franz Girstmair, Ackerersohn, gestorben im Spital in Lienz, Josef Matters- berger, Leitensohn, gefallen in Serbien, Mathias Müller, Die Zeitkapseln in der Grafendorfer Turmkugel Die Zeitkapsel von 1731 in Form eines „Flachmanns“ und ihre Befestigung. Pfarre i i Die runde Zeitkapsel von 1916. Foto: Georg Webhofer Foto: Andreas Mayerl Foto: Georg Webhofer -

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