GZ_Tristach_2019_12

Dez. 2019 Glocken 11 Und in Tristach? 1874 erhielt Tristach vier neue Glocken. Beim großen Brand am 11. September 1898 konnten die Glocken von beherzten Männern aus Oberlienz aus dem brennenden Turm gerettet werden. Nur das Sterbeglöcklein schmolz. Im 1. Weltkrieg wurden vier Glocken abgenommen. 1921 konnten vier neue Glocken gekauft werden. Die Gemeinde bezahlte sie vom Holzerlös. 1924 konnte die noch fehlende Glocke bestellt und am21. April geweiht werden. 1942 wurden wieder alle Glocken ein Raub des Krieges. Nur die kleinste blieb im Turm. Am 26. Oktober 1945 brach- ten die Engländer 28 Osttiroler Glocken nach Lienz zurück. Darunter war auch die zweitkleinste Tristacher Glocke, die vom Wastler Franz erkannt wurde. Diese zwei Glocken waren ein „armes Geläu- te“, bis 1950 neue Glocken gekauft wer- den konnten. Der damalige Bürgermeis- ter Thomas Amort setzte sich opferwillig und begeistert für das neue Geläute ein, unterstützt vom Obmann des Glocken- komitees Franz Müllmann, Taxerbauer. Die Oberhoheit über die Glocken hatte natürlich der jeweilige Mesner. 55 Jahre versah dieses Amt treu und gewis- senhaft Klocker Sepp, der Gemeinde- förster. Das Mittagläuten war den Veidler „Buben“ aufgetragen, abwechselnd un- terstützt von vielen anderen. Zum hän- dischen Läuten für das große Geläute waren bis zu acht Personen vonnöten, ein Getümmel im Turm. Als besonders eifriger Läuter hatte sich der Sepp Zoier, Bichele, hervorgetan. Den Mesnerdienst versieht seit 33 Jahren verlässlich und mit vollem Einsatz Sepp Unterkreuter. In Tristach gibt es zwei besondere Glockenfeinspitze: den Einhauer Andre- as sen. und den Lukasser Gustl. Pfar- rer Ortner, ein Uhrenliebhaber, störte sich am beiläufigen und reparaturan- fälligen Schlagwerk der Kirchenuhr. So konstruierte der Anda ein aufwändiges und präzises Schlagwerk mittels eines Waschmaschinenmotors und anderer „Feinheiten“. Bei der vollständig elek- tronischen Umstellung des Läutwerkes und der Turmuhr im Jahre 1990 wurde dieses „Werkl“ wieder ausgebaut. Große und kleine Reparaturen am Läutwerk machten den Anda zum „Glockendok- tor“. Wohl mehrere hundert Male stieg er in fünf Jahrzehnten die 73 Stufen in die Glockenstube empor. Der Gustl Lukasser aus der Roseg- gerstraße hat ein wahrhaft universales Wissen über Glocken. Er kennt die Glo- ckengießerdynastien und weiß, wo und von wem die berühmten Glocken gegos- sen wurden. Berührende und beklem- mende Geschichten über Glocken kann er erzählen. Vor allem aber hat er ein fei- nes Ohr. Auf Tonbändern aufgenommen, erkennt er am Klangbild das Geläute der meisten Osttiroler Kirchen. Hoch übern niedern Erdenleben Soll sie im blauen Himmelszelt, Die Nachbarin des Donners schweben und grenzen an die Sternenwelt Dass Glocken kein altmodisches Re- likt sind, zeigte sich heuer beim Brand von Notre Dame in Paris. Voll Emotionen schrieb am nächsten Tag die französi- sche Tageszeitung „Le Monde“: Ein Wald aus dem Mittelalter (der Dachstuhl) ver- brannte in wenigen Stunden und ganz Paris bangte um die Glocken, hatte die berühmte Kathedrale erst vor sechs Jah- ren ein neues, fulminantes Geläute be- kommen. Noch in der Brandnacht ließ der Kardinal von Paris die Kirchenglocken der Stadt läuten, um zum Gebet einzu- laden. In den Straßen von Paris beteten die Menschen und sangen Marienlieder. 48 Stunden nach Brandausbruch läute- ten alle Glocken in ganz Frankreich. Vier kleine Schlagglocken fielen dem Brand zum Opfer, das große Geläute blieb un- versehrt. In Innsbruck wurden heuer zwei neue Glocken mit Osttirol-Bezug gegos- sen: die Schutzengelglocke für die Kapel- le im Schloss Heinfels und eine Glocke für die Jesuitenkirche in Innsbruck mit den Verzierungen des Osttiroler Künstlers Peter Raneburger. Friede sey ihr erst Geläute Stellvertretend für alle, die mir für die- se Arbeit Informationen geliefert haben, will ich mich bei der jüngsten, der Emma Senfter aus Leisach (11 Jahre) und bei der ältesten, Frau Marianne Mitteregger aus Heinfels (93 Jahre), bedanken. Burgl Kofler Tristach - Glockenabnahme 1942 Glocke auf der Hohen Warte Glockenstuhl Pfarrkirche Tristach