GZ_Sillian_2019_12

38 BLICK Ein Chronik nützliche Einrichtungen: die Lebensmittel- und Ei- senhandlung des Alois Stallbaumer, wo man rund um die Uhr an 7 Tagen der Woche einkaufen konnte; die Schneiderei Lanser mit Modegeschäft; im gegenüber- liegenden Trojerhaus einen Schuster, eine Sennerei, später Elektro Krautgasser; im Kunaterhaus einen praktischen Arzt und die Apotheke; westlich davon den Gasthof „Weißes Rössl“ mit Gastgarten und das Kaufhaus Pfeifhofer; in der „Leiter-Villa“, heute Kess- lerhaus, die Trafik Flatscher, die Arztpraxis und Woh- nung von Dr. Willi v. Guggenberg, die Familien Posch (Hebamme), Gasteiger und Dipl.Ing. Karl Koneczni (Oberforstrat). Im südlichen Teil des ehemaligen Stallbaumer Ma- gazins, heute Flugschule, wohnte die Familie Walter Peterlunger, Zollwachebeamter und Kapellmeister. Dieses Gebäude wäre für die ganze Nachbarschaft fast zum Verhängnis geworden. Ein Augenzeu- ge beschrieb es so: „In der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1951 explodierte mit heftigem Knall ein im Magazin abgestelltes Bergwerksauto, ausgelöst durch einen eingeschalteten Heizkörper. In wenigen Minuten stand ein Teil des Gebäudes in Flammen. Rauchschwaden quollen durch Tür und Fenster her- aus. Zum Glück war die Feuerwehr gleich zur Stelle, denn wie sich herausstellte, lagerten hinter der Bret- terwand zur Peterlunger Wohnung Petroleumfässer, gefüllt mit Öl und Teer. Für die angrenzenden Gebäu- de bestand höchste Brandgefahr“. Ein beliebter Platz, besonders für die Kinder des „Al- ten Gemeindehauses“, war der Schulhof. Wo wäh- rend der NS Zeit die Hitlerjugend aufmarschierte und sich in der großen Pause die Schüler aufhielten, vergnügten sich am Nachmittag die Kinder des Hau- ses und die Nachbarkinder mit Ballspielen, Tempel- hüpfen, Tatzen, Versteckenspielen, Blinde Kuh u.a. In den Sommermonaten trainierten hier sonntags die Schützen für ihre Ausrückungen. Der geräu- mige Dachboden - er diente auch als Trockenraum - und das weite Stiegenhaus waren besonders bei Schlechtwetter begehrte Spielplätze. Schule spielen mit ausgedienten Schulmöbeln, schaukeln, um die Wette über das Geländer rutschen, einen Korb mit Post von Stockwerk zu Stockwerk schicken oder gar „Messe spielen“ mit anschließender Prozession durchs und ums Haus fand viele begeisterte Mitspie- ler. Verständlicherweise gingen gelegentlich auch Fensterscheiben in Brüche. Im Winter konnte man auf Schiern oder Schlitten ohne Gefahr – es gab wenig Verkehr von „Möster“ weg über die Bundesstraße und um das „Stallbau- mer Eck“ in den Schulhof fahren. Ein ehemaliger Mieter erinnert sich an seine Jugend- jahre im Gemeindehaus: “Uns war nie fad, wir wa- ren eine große Familie“. Allmählich nagte der Zahn der Zeit am Alten Gemein- dehaus, der Verfall wurde immer deutlicher, die Ar- beitsbedingungen waren nicht mehr zumutbar; daher beschloss der Gemeinderat unter Bürgermeister Erwin Schiffmann 1999 , ein neues Gemeindezen- trum zu errichten. Das „Alte Gemeindehaus“ wurde großteils verkauft. Das Probelokal der Musikkapelle, die Bücherei sowie die Räumlichkeiten von Schüt- zen und Kameradschaftsbund blieben im Besitz der Marktgemeinde Sillian. Text: Maria Huber-Wanner Ich bedanke mich bei Annegret und Erwin Schiffmann sowie bei Gernot Vinatzer und Peter Leiter für Informationen und Fotos. Gemeindehaus im Festschmuck anlässlich der Primiz von Ka- puzinerpater Anton Wanner, Juli 1978. (Die Frauen Vinatzer, Weitlaner und Huber/Kollreider arbeiteten tagelang daran in der Waschküche). Foto: Archiv Schiffmann.

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