GZ_Leisach_2019_09

8 Leisacher Gucklöcher Thomas Reider – aus Leisach in die Welt des Films: „Thomas, erzähl uns bitte eine Geschichte!“ Unzählige Male ist Thomas schon als Kind dieser Bitte gerne nachgekommen. Seit er sich erinnern kann, liebte er es, andere mit selbst erfundenen Geschichten zu unterhal- ten, und bei seinen Geschwistern und den zahlreichen Cousinen und Cousins hatte er oft ein dankbares Publikum. Damals hätte sich wohl niemand träumen lassen, dass er das kunstvolle Ausgestalten von spannenden Geschichten und das Unterhalten von Tausen- den von Film- und Fernsehzuschauern zu seinem Beruf machen würde. Thomas übersiedelte mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester Tanja 1982 aus Huben in das selbst erbaute Einfamilienhaus in Gries. In den folgenden Jahren kamen noch Carmen, Eva und Lukas zur Welt. Das Aufwachsen in Leisach hat Thomas in bester Erinnerung. Es mangelte nie an Spielgefähr- ten, und die naturbelassene Umgebung bot unendliche Spielmöglichkeiten. Im Kinder- garten bei „Tante Ines“ und später in der Volksschule wurden die Talente der einzelnen Kinder erkannt und gefördert. Schon damals begann Thomas Geschichten aufzuschreiben und ein Tagebuch zu führen. Auch das Mini- strieren bei Pfarrer Moser war ein prägendes Element für ihn und regte seinen Sinn für Inszenierungen an. Nach der Volksschule ging Thomas ins Gym- nasium Lienz, später wechselte er ins BORG, wo er auch maturierte. Damals war die Blüte- zeit des Jugendclubs Waschkuchl. Dort ver- brachte Thomas viel von seiner Freizeit in angeregten Gesprächen mit anderen Jugend- lichen und beim Hören von Musik. Ein zün- dender Funke für die spätere Karriere von Thomas war bei einem Dorffest in Leisach, wo er ein Stück für das Kasperltheater schrieb und bei der Aufführung Regie führte. Schon damals spürte er, dass das etwas war, was ihm Spaß machte und was er gut konnte. Nach der Matura absolvierte Thomas den Zivildienst in Wien und begann das Studium der Theaterwissenschaften, weil ihm klar war, dass er das Schreiben zu seinem Lebens- inhalt machen wollte. Nach einem Jahr machte er die Aufnahmsprüfung in die Film- akademie und war selbst erstaunt, dass er trotz zahlreicher Konkurrenz einen von nur zwei Studienplätzen im Kurs „Buch und Dra- maturgie“ belegen konnte. Schon während der Studienzeit produzieren die Studenten unter fachkundiger Leitung in Teams eigene Kurzfilme, und ein Kurzfilm von Thomas und seinem Team gewann einen Preis bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig. Dadurch wurden Produzenten und Regisseure auf den talentierten jungen Drehbuchautor aufmerksam, was nach dem Studienab- schluss zu verschiedenen Aufträgen führte. Für den ORF verfasste Thomas das Drehbuch für die fünfteilige Serie „Tschuschen:Power“. Das setzte gründliche Recherchen im Milieu von Jugendlichen mit Migrationshintergrund voraus. 2011 folgte der erste Kinofilm mit dem Titel „Stillleben“, der einen Preis bei der Diagonale in Graz gewann. „Outing“, der zweite Kinofilm, kam 2012 in die Kinos, und der jüngste Kinofilm, eine deutsch-österreichi- sche Co-Produktion mit dem Titel „Die große Freiheit“ steht kurz vor der Fertigstellung. Es ist ein historischer Film, der in den Jahren 1945 bis 69 spielt und die wahre Lebens- geschichte eines Homosexuellen anhand seiner Gefängnisaufenthalte erzählt. Seinen bisher größten Erfolg bisher feierte Thomas Reider mit dem Drehbuch zum Fern- sehfilm „Das Wunder von Wörgl“, der seit Dezember 2018 in mehreren Fernsehkanälen lief und im April 2019 mit dem österreichischen Film- und Fernsehpreis Romy für den besten Fernsehfilm des Jahres ausgezeichnet wurde. Der Film wird demnächst mit englischen Unter- titeln bei internationalen Festivals in Baden- Baden und sogar in Südkorea gezeigt.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3