GZ_Gaimberg_2019_08

12 Die Sonnseiten Nummer 60 - August 2018 Allgemein 2 Di i 3 - s 9 Beim Begräbnisgottesdienst am Samstag, dem 12. Jänner, ließ Sohn Christof Karré die Anwesenden in berührenden Worten am Leben seines Va- ters teilhaben. Er hat dabei das Bild eines lebendigen Familienlebens aus den ver- gangenen Jahrzehnten ge- zeichnet. „Ist es überhaupt möglich ei- nem langen erfüllten Leben in wenigen Minuten gerecht zu werden? Es sind kleine Ge- schichten, Erzählungen aus lang vergangenen Tagen und Erinnerungen, die in dieser kurzen Rückschau den beson- deren Charakter von unserem Papa beschreiben sollen. Am Schutzengel-Sonntag, den 4. September 1932 wurde Heinrich Karré als jüngstes von drei Kindern in eine Zeit voll menschenverachtender Propaganda und fanatischer Ideologie hineingeboren. Für ihn war das Aufwachsen eine abenteuerreiche Zeit. Er ver- brachte unzählige Stunden mit seinem Vater - ebenfalls Heinrich - an dessen Arbeits- platz in der Werkstatt des Wasserwerks in Lienz, wo er schon in seiner Kindheit nach Herzenslust alles, was es an Maschinen und Fahrzeugen gab, ausprobieren durfte. Stolz hat er uns erzählt, dass er schon als Bub den LKW der Feuerwehr auf der Straße vor dem Wasserwerk steuern und das unsynchronisierte Getriebe mit sechsmal Zwi- schengas bis in den dritten Gang und zurückschalten konnte. Dramatisch waren die letzten Kriegsjahre. Sein Überleben im - von Bomben erschüt- terten - Luftschutzkeller und seine Beobachtungen zu Kriegsende haben unseren Vater Heinrich ein Leben lang beschäftigt. Nach Kriegsende verbrachte er vier Jahre in Klagenfurt, wo er die HTL für Elektrotechnik besuchte. Heini, wie er in unseren Krei- sen auch genannt wurde, und das Abenteuer waren auch zu dieser Zeit ein unzertrennli- ches Paar. Heimlich brachte er das Motorrad seines Vaters auf Vordermann und meldete sich, ohne seinen Vater ein- zuweihen, als 16-Jähriger zu einem Motorrad-Rennen auf den Iselsberg an. In halsbre- cherischer Manier jagte er die Maschine - natürlich ohne einen Führerschein zu besit- zen und jünger, als die Poli- zei erlaubt - über Stock und Stein und belegte den zweiten Platz. Dann war die Beichte bei seinem Vater fällig: Es gab einen ordentlichen Rüffel für den Junior, aber dann fuhr sein Vater sichtlich stolz zur Siegerehrung, um den Preis abzuholen. Papa hatte einen nagelneuen Motorradreifen gewonnen und der war da- mals schier unbezahlbar. Nach der Matura begann un- ser Vater seine Laufbahn als Elektro-Ingenieur bei der TI- WAG in Lienz, der er bis zu seiner Pensionierung sozusa- gen als „Herr unterirdischer Kabel und oberirdischer Trafostationen“ treu blieb. Er war mit vielen Menschen in ganz Osttirol im wahrsten Sinne des Wortes „bestens vernetzt“. Die ersten Berufsjahre waren eine glückliche Zeit. Mit gu- ten Freunden gab es Ausflüge nach Südtirol und an den Gar- dasee. Da fällt mir eine Geschichte ein, die Papa erzählt hat: Er war mit einem Mädchen am Sozius seines Motorrades un- terwegs nach Riva. Sie hatte einen wunderschönen Staub- mantel an - eine Seltenheit zur damaligen Nachkriegs- zeit. Leider - es hatte zu reg- nen begonnen - und Heini ging wohl zu optimistisch in die Kehre über dem Gardasee und ein Sturz war unvermeid- lich. War es der in Fetzen zerrissene Mantel der jungen Dame oder Heinis Fahrstil - man weiß es nicht - das Mäd- chen soll der Erzählung nach nie mehr mitgefahren sein. In dieser Zeit lernte er Maria Leitner aus Gaimberg ken- nen, die Liebe seines Lebens - er wusste es damals sofort - die ist es. Am 17. August 1957 wurde Hochzeit gefei- ert. Auch dazu möchte ich eine kleine Geschichte wieder- geben, die unsere Mama in ihrem Tagebuch festgehal- ten hat. Es geht darin um die gemeinsame Besteigung der Großen und Kleinen Zinne und natürlich um die Hoch- zeit: „Beim Abstieg hören wir auf einmal Steine poltern, Berg- steiger über uns schreien „sassi“ … Heini drückt mei- nen Kopf an die Felswand, die Steine fliegen vorbei, aber einer trifft seine rechte Hand und durchschlägt die Mittelhandknochen. Es blutet stark und wir haben erst den halben Abstieg. Heini packt den Abstieg, und dann lan- det er im Krankenhaus und bekommt einen Gips bis zum Ellbogen. Sechs Wochen soll- te der bleiben, aber in drei Wochen ist Hochzeitstermin. Heini gehört zu den wenigen jungen Leuten, die damals ein Auto besitzen. Es ist ein DKW aus zweiter Hand und sein ganzer Stolz. Eine Wo- che vor der Hochzeit gibt das „Prachtstück“ seinen Geist auf und Heini verbringt ei- nige Tage mit seinem Vater unter der Hebebühne. Tat- sächlich bringen die beiden das Auto wieder zum Fah- ren. Aber der Gips muss weg - man kann doch nicht mit dem ölverschmutzten Gips heiraten! Anzug kaufen, Fri- seur gehen … Jetzt läuten die Glocken der Peggetz-Kirche für uns. Nach der Trauung verlassen wir als erste die Kirche, da stehen die Feuer- wehrkollegen von Heini mit Lebensszenen Zu Beginn des Jahres 2019 verstarb der langjährige Bgm.-Stv. Ing. Heinrich Karré (* 4.9.1932, † 6.1.2019) Motorräder zählten zu den großen Leidenschaften von Hein- rich Karré. Fotos: privat

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