GZ_Kartitsch_2019_07

45 Ausgabe 81 dem Kartitsch-Tilliachtal dem Tiroler Verteidigungskommando zugeteilt, das Lesachtal jedoch dem Kärntner Kommando. Zu- dem hielten sich die Militärs nicht unbedingt an geographische Be- zeichnungen, wofür es genug Bei- spiele gibt. Auch in den Zeitungen der Zwi- schenkriegsjahre (Lienzer Nach- richten, Tiroler Volksbote, Bau- ernzeitung) findet man keinen Hinweis auf eine Namensände- rung. Das Kartitschtal nannte man wäh- rend der NS-Ära und noch später „Kleines Gailtal“ mit der „Kleinen Gail“. In geographi- schen Karten der Zwischen- und Nachkriegsjahre findet man die Talbezeichnung für Tilliach un- einheitlich, aber oft auch als „Lesachtal“. Was ist historisch richtig? Am verlässlichsten dürften wohl die Angaben des Lesachtaler Hei- matforschers Thomas Tiefenba- cher sein, der - sicherlich gestützt auf seine Nachforschungen und im Familienbesitz der Tiefenba- cher befindlicher Dokumente - die Bezeichnung Lesachtal nach- drücklich auf Wetzmann/ Kötschach bis Wacht /Maria Lug- gau eingrenzt, und weiter west- wärts ebenfalls die Bezeichnung Tilliachtal bzw. Kartitschtal nennt. 4) Nicht unbedeutend könn- te dabei auch sein, dass der Wachterbach seit dem 14. Jahr- hundert politische und kirchliche Grenze war und noch heute als Landesgrenze zwischen den Bun- desländern Kärnten und Tirol gilt. Neuere Literatur, etwa das Kartit- scher Heimatbuch von Lois Eb- ner: „Kartitsch in Osttirol“, 1984 oder die Bildbände von Gabriel Stabentheiner: „Tiroler Gailtal- Osttirol“, sowie „Lesachtal“ be- stätigen die Angaben von Tiefen- bacher, ebenso das Tilliacher Ge- meindebuch sowie „Bezirkskunde Osttirol“, 2001 und „Alpin- geschichte kurz und bündig - Das Tiroler Gailtal“. Interessant ist auch, dass Meinrad Pizzinini in seiner Bezirkskunde Osttirol be- reits 1971 die Bezeichnung „Tiroler Gailtal“ verwendet. 5) Der Volkskundler Lois Ebner er- gänzt: „Die einheitliche Bezeich- nung für zwei in entgegengesetzte Richtung - diesfalls in denselben Hauptfluss, die Drau - entwäs- sernde Täler, die durch einen re- lativ niederen Übergang verbun- den sind, ist für die Alpen nichts Außergewöhnliches“ und nennt hier das Pustertal. 6) Auch, dass ein durchgehendes Tal drei Na- men führt (hier Tiroler Gailtal - Lesachtal - Gailtal), trifft öfters zu. 7) Wesentliche Gründe im Bemühen um eine einheitliche Talbenen- nung in den 1970er Jahren waren: Touristische Zusammenarbeit im Tal und Bemühungen im Bil- dungswesen. Etwa wurden in der Folge der Grenzlandweg und die Grenzlandloipe eingerichtet. 1973 wurden die ehemals vier Gemeinden des Lesachtales zu- sammengeschlossen in die „Gemeinde Lesachtal“, im We- sentlichen ist die Gemeinde „Lesachtal“ also ident mit dem Tal. Bei der Namenssuche war die Bezeichnung „Tiroler Gailtal“ für den Tiroler Teil des Tales daher eine logische Folge, um Verwechslungen und Irrtümer zu vermeiden. Daher darf die Sinn- haftigkeit einer neuerlichen Um- benennung wohl angezweifelt werden. Ludwig Wiedemayr Anmerkungen: 1 Während der Nazi-Ära galt die Bezeich- nung: Kleines Gailtal und Kleine Gail 2 Annewanter Michael/Kühebacher Egon: „Obertilliach – Eine Tiroler Hochgebirgsge- meinde in Vergangenheit und Gegenwart“, Obertilliach (Hrg.) 2005, S. 213 3 Buchauer Lieselotte: „Karnische Alpen“, Leykam-Verlag Graz,-Wien, 2. Auflage 1987 S. 43 u. S. 215 4 Tiefenbacher Thomas: „Das Lesachtal- Oberstes Gailtal, Kärnten-Osttirol“, Hrg. Selbstverlag, 1951, S. 11, 50 und 55. 5 Pizzinini Meinrad: „Osttirol - Eine Be- zirkskunde“ Verlag Tyrolia, Innsbruck, Wien, München 1971, S. 10 6 Ebner Lois: „Tiroler Gailtal-Kartitsch- Tilliachertal“ in Stabenteiner Gabriel: „Tiroler Gailtal, 0sttirol“, Eigenverlag 1990, 7 Als Beispiel sei ein Tal im Trentino ge- nannt, dessen Fluss Avisio nördlich von Trient in die Etsch mündet, das sich im Ober- lauf „Fassatal“, im Mittellauf „Fleimstal“ und im Unterlauf „Cembratal“ nennt .

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