GZ_Schlaiten_2019_06

Juni 2019 ‘s Blatt‘l Seite 23 Es war damals üblich, auch die Ge- meinden im vorderen Iseltal mit der Beifügung „Pustertal“ zu ergänzen. Wer die Zeitungen mit Stoff aus dem Hinterbergl versorgt hat, ist uns nicht bekannt, jedenfalls geht dem Schreiber trotz der sicherlich schlech- ten Zeit der Humor nie aus. So war damals durchaus bekannt, dass der Vorbesitzer beim Kasperer lieber den Schirm über dem Bett auf- spannte um seinem liebsten Hobby, dem Lesen für frönen, als das Dach zu reparieren. Wichtig ist auch zu wissen, dass das erste E-Werk in Schlaiten 1919 fertiggestellt wurde. Einige Pointen sind wahrscheinlich nicht mehr leicht nachzuvollziehen, z.B. was es mit herzkranken Jungen in Gantschach auf sich hat, und wo- rauf die Beifügung Schlaitner-Italien für den Weiler Gantschach zurückzu- führen ist ...... 15. Oktober 1919 Lienzer Zei- tung, Schlaiten, Pustertal. (Unsere Gemeinde aus der Vogelschau). Lieber Reimmichl, heut wollte ich dir ein paar Neuigkeiten berichten. Weil ich aber so von unten herum nichts Neues gefunden hab, so wollen wir uns diesmal Schlaiten aus der Vogelschau betrachten, da wird uns sicher das eine und das andere ins Auge fallen. Da sehen wir zuerst nebst eini- gen Löchern in dem roten Ziegel- dach Gasperer, das zur allseitigen Befriedigung diese Woche fix und fertig hergestellte neue Elektrizi- tätswerk. Nur die Installierung des Lichtes im Gotteshause und bei einigen Besitzern, die beim Alten bleiben wollten, sowie die feierliche Ein- weihung des Werkes fehlt noch. Hoffentlich wird die nächste Zu- kunft auch das alles noch regeln. Die Heimkehrer zeigen bei uns große Heiratslust; eine Hochzeit um die andere. Wenn es so fort ginge, dürfte bald jeder unter das Joch kommen, Es sollen aber noch sieben aus Welschland kommen, da gehen die Hochzeiten noch lan- ge nicht aus. Wetter und Gesundheitszustand ist recht gut, nur im kleinen Dörfl Gantschach, dem sogenannten Schlaitner-Italien gibt es unter den Jungen immer Herzkranke, dieses Übel ist zwar nicht lebensgefähr- lich, greift aber umso lieber auch auf andere über. Übrigens gibt es hier sehr viel alte Leute. Unter den dreihundert Seelen sind zehn Per- sonen, die ziemlich hoch in den Achzigerjahren stehen, wovon die meisten derselben auch noch ganz rüstig einhergehen. So steht ge- genwärtig „Schlaiten aus der Vo- gelschau“. Das nächstemal, lieber Botenmann, gehen wir Arm in Arm durch unser Dorf spazieren, da tisch ich dir dann die Neuigkeiten von unten auf. Chronik Aus der Gemeindechronik von 1919 Krankheiten und Todesursachen Atemnot, Insektenstich, Rheumatismus, Auszehrung, Katarrh, Ruhr, Blattern, Rauchhusten, Scharlach, Blitzschlag, Lungenentzündung, Schlaganfall, Blinddarmentzündung, Leberleiden, Starrkrampf, Cholera, Magenkrebs, Tuberkulose, Diphteritis, Masern, Trinksucht, Ersticken, Nervenleiden, Typhus, Fieber, Nierenleiden, Übelkeit, Fraisen, Ohnmacht, Vergiftung, Genickstarre, Ohrenleiden, Verbrennung, Grippe, Pest, Wahnsinn, Herzlähmung, Pilzvergiftung, Wassersucht, Influenza, Quetschung, Zungenkrebs; Von den 50 Schlaitner Schülerinnen und Schülern im Jahre 1919 waren fast ein Dutzend nicht in Schlaiten ge- boren. Sie kamen von auswärts und wurden in verschie- denen Familien im Dorf aufgenommen. Alois Defranzesko war bei der Familie Lumaßegger vlg. Wegscheider untergebracht. Als Geburtsort ist lediglich Neumarkt in T. angeführt. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei nicht um Neu- markt in Salzburg, Steiermark oder Oberösterreich han- delt, sondern dem Schreibname nach um Neumarkt im Südtiroler Unterland - in der heutigen Region Trentino- Südtirol. Der 14-jährige Schüler Alois Defranzesko hat im Jahre 1918/19 in seinem Schülerheft die damals bekannten Krankheiten und Todesursachen aufgelistet. Wer Lust hat, kann sich ein wenig im Lesen der Deutschen Schrift üben:

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