GZ_Schlaiten_2019_06

Seite 22 ‘s Blatt‘l Juni 2019 Vor einhundert Jahren gab es für einige Zeit keinen funktionierenden (gewählten) Gemeinderat. Die letzte öffentliche Gemeinderatssitzung, die ins Protokollbuch eingetragen wurde, fand am 28. Dezember 1913 statt. Und diese Sitzung endet mitten in einem Tagesordnungspunkt und die Niederschrift wurde nicht mehr unter- fertigt. Vielleicht hat der Krieg schon im Voraus einige Wirkungen gezeigt. Dass das Leben in den Gemein- den einige Monate nach Kriegsende halt doch wieder einigermaßen funk- tionierten musste, zeigen einige Zei- tungsartikel, denen es an Heiterkeit und auch Selbstironie nicht fehlt, trotz der Armut in der Nachkriegszeit und dem Leid in vielen Familien, die ein Jahr nach Kriegsende noch im- mer Familienmitglieder vermissen. Schlaiten im Iseltal, 6. Septem- ber 1919 - Ein unschuldiger Pfer- dedieb Vor acht Tagen verschwand dem Besitzer Josef Plattner, Plattnerbau- er in Göriach, Gemeinde Schlaiten, auf der Alpenweide sein Pferd. Trotz dem eifrigen Suchen durch ganze sechs Tage, war dasselbe weder lebend noch tot zu finden. Das rät- selhafte Verschwinden des Pferdes bildete in der ganzen Gemeinde das Tagesgespräch und man bedauerte dabei den Verlustträger. Indessen aber war das gestohlen oder tot geglaubte Pferd gesund und wohlauf und im Dienste des Franz Brugger vulgo Albener, wel- cher vor acht Tagen von der be- treffenden Alpenweide sein Pferd holen ging und dabei das Pferd seines Nachbarn zu sich nahm. Jedenfalls war das Hallo und der Spektakel noch viel größer, als das Pferd gefunden wurde, als damals, wo es verloren ging. Der unschuldige Pferdedieb, der während dieser sechs Tage mit dem Pferd seines Nachbarn mehrere Äcker umgepflügt hat, muß nun eine Rechnung von 15 Schichten begleichen, die dem Ei- gentümer beim Pferdesuchen auf- gingen, und überdies sechs Pfer- deschichten. Das wäre noch nicht das Ärgste; aber wer den Schaden hat, der hat auch den Spott. Wann kommen die Gefangenen? Unsere kleine Gemeinde hat noch sieben Mann dabei, die sehnlichst erwartet werden. - Die Ernte ist, mit Ausnahme Heu, recht gut, beson- ders Kartoffel; wir möchten nur schön Wetter, um das viele Grum- met zu dörren. Im Herbst des gleichen Jahres klagten einige Bauern dass in der Nacht immer wieder Obst-, Kartoffel- und Hülsenfrüchtediebe unterwegs waren. Der Zeitungsschreiber berichtet aber auch, dass mit modernsten Ge- räten (Scheinwerfer) versucht wurde, die Diebe zu vertreiben. 1. Oktober 1919 Schlaiten, Pu- stertal. (Der Guggenbichl) Wie schon der Name andeutet, so ist der Guggenbichl einer der schönsten Aussichtspunkte vom ganzen Hinterbergl. Am Südosten- de unseres Gemeindedorfes gele- gen, genießt man vom Gipfel des- selben eine schöne Fernsicht auf unsere, sowie auch auf alle umlie- genden Nachbargemeinden. Die mäßig steilen Abhänge wer- den von Obstbäumen beschattet, darunter auch Nussbäume imAlter von Jahrhunderten, woraus das traute Guggenhäusl recht freund- lich hervorlugt. Nach dem von Seite mehrerer ausgearbeiteten Plane wird nun der Guggenbichl mit seiner vor- züglichen Aussicht in nächster Zukunft eine praktische Verwen- dung finden, und zwar als eine Art Stützpunkt für elektrische Schein- werfer. Diese Scheinwerferabteilung mit ihrem Kommandanten Thomas Gugg soll die Aufgabe bekommen, den bei Nacht hantierenden Obst-, Kartoffel- und Hülsenfrüchten- dieben heimzuleuchten. Bei der heutzutage überall herrschenden großen Unsicherheit jeglichen Ei- gentums verdiente diese neuartige Vorkehrung in jeder Gemeinde Nachahmung. Nun haben wir Herbst und dieser Herbst hat bei uns heuer nicht nur im Kalender begonnen, sondern auch in der Natur; seit 21. ist es eiskalt. Chronik Aus der Gemeindechronik von 1919 Der unschuldige Pferdedieb Franz Brugger vlg. Albener geb. 03.09.1866 - gest. 13.03.1946 Der Plattnerbauer als Verlustträger Josef Plattner „verlieh“ sein Pferd geb. 08.10.1869 - gest. 19.08.1959 Thomas Ortner vlg. Gugg mit seinen Schwestern Anna und Maria (Moidele) Thomas * 22.09.1862 - +01.05.1945

RkJQdWJsaXNoZXIy MTUxMzQ3