GZ_Tristach_2019_06

14 Kletterer und Bergsteiger - Lorenz Ortner Juni 2019 D er Draschlinger Lenz ist echtes Tristacher Berg-Urgestein. In seiner Jugend waren die Lienzer Dolomiten noch „ferne“ Berge, denn es galt immer zuerst mehr als 1.000 Höhenmeter per pedes zu überwinden, um zum Einstieg der jeweiligen Gipfel zu gelangen. Seit 1968 ist er Mitglied der Alpen- raute, dieses elitären, nur Männern zu- gänglichen Bergsteigervereins. Um dort aufgenommen zu werden, sind gewisse Kenntnisse im Bergsteigen und Klettern Voraussetzung. Außerdem bürgen zwei „Paten“ für den Anwärter, der nach ein- jähriger Probezeit endgültig Mitglied im Club wird. Seit 53 Jahren ist Lenz Mit- glied der Bergrettung. Seine Feuertaufe bestand Lenz ge- meinsam mit Wendlinger Lenz am Süd- riss des Roten Turms. Zwei erfahrene Kletterer waren vor ihnen in die Rampe eingestiegen und höhnten: „Kemmen die Zwoa woll vom Boden?“ In kürzes- ter Zeit hatten „die Zwoa“ die Spötter eingeholt. Von da an waren sie in den Kreisen der Kletterer anerkannt. Lenz hat schwierigste Routen geklettert, un- ter anderem die Demuthkante an der Westlichen Zinne und die „Gelbe Kante“ an der kleinen Zinne V+. Eine unvergessliche Tour blieb den beiden Len- zen das Unternehmen: Pun- ta Fiames. Vom Hörensagen wussten sie von einer Klet- terei auf deren Südwand. Am Ostermontag - zum Ball am Abend wollten sie wie- der in Tristach sein - fuhren sie mit dem Motorrad nach Cortina und nahmen die Sa- che in Augenschein. Der erste Versuch durch eine Rinne erwies sich als zu ge- fährlich. Im Gestein hielt kein Haken. So wichen sie auf eine Kante aus. Als sie schon im obersten Drittel waren, fiel Nebel ein. Sie irrten am Berg herum. Lenz O. war sich sicher, dass sie eine gewisse Stelle schon einmal passiert hatten, was Lenz W. bezweifelte. Da- rauf steckte der Draschlinger Lenz ein Taschentuch in eine Felsspalte zur Mar- kierung. Als sie das nächste Mal an die Stelle kamen, wussten sie, dass sie sich rettungslos verirrt hatten und sie waren gezwungen, zu biwakieren. Am Morgen tat sich ein Sichtfenster zu einem mög- lichen Abstieg auf. Erstaunt stellten sie fest, dass sie auf der Nordseite abge- stiegen waren. Im Gasthaus am Berg- fuß erregten sie allgemeines Erstaunen, als sie ihre Route beschrieben. Der Wirt brachte sie zu ihrem Motorrad zurück. Als sie zu Mittag die Grenze in Innichen passierten, teilte ihnen der Zöllner mit, dass für den Nachmittag schon eine Su- che nach ihnen geplant war. Lenz unternahm Winterbesteigun- gen und viele Schitouren, oft allein, nur begleitet von seinem Hund. Dieser hatte ein untrügliches Gespür für Gefahren. Bei einer Skitour in den Karnischen Al- pen weigerte sich der Hund, bei einer Schneerinne weiterzugehen. Am nächs- ten Tag ging an dieser Stelle eine große Lawine ab und forderte ein Todesopfer. „Es war eine schöne Zeit“, sagt der Lenz nach innen- und zurückblickend. Es klingt nach einem erfüllten Leben. Burgl Kofler Lorenz Ortner, vlg. Draschlinger Lenz, Jahrgang 1938 Am Ogasil Am Zunig

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