GZ_Leisach_2019_06

6 Leisacher Gucklöcher Hermann Delacher, der Rachkuchl-Wirt Wenn man von Leisach aus über das „Loam- wegele“ nach Burgfrieden spaziert und durch die gepflegte Ferienanlage der Familie Delacher kommt, denkt sich wohl so mancher: „Schade, dass die Rachkuchl nicht mehr offen hat.“ Das Feinschmeckerrestaurant, das Hermann Delacher im Juli 1969 mit seiner Frau Christa eröffnet hat, war 33 Jahre lang das In-Lokal in der Gegend um Lienz. Dabei war es Hermann keinesfalls in die Wiege gelegt, dass er einmal passionierter Gastwirt und Koch werden würde. Er kam 1942 in Innsbruck zur Welt, wo sein Vater, ein gebürtiger Burgfriedner, als Polizist arbeitete. Als Hermann fünf Jahre alt war, ließ sich sein Vater bei der Polizei pensionie- ren und übersiedelte mit seiner jungen Fami- lie nach Burgfrieden, um die Jausenstation Lienzer Klause nach der Erkrankung seines Vaters weiterzuführen. Hermann ging in Leisach in die Volksschule und später nach Lienz in die Hauptschule. Den langen Schul- weg mit beträchtlicher Steigung legte er im Sommer wie im Winter auf dem Fahrrad zu- rück. Auf Wunsch seines Vaters trat er nach der Pflichtschule eine Lehrstelle als Installa- teur an. Nach dem Lehrabschluss vermittelte ihm ein Feriengast eine Stelle bei einer Heizungsfirma in Deutschland, wo er ganz neue Berufserfahrungen gewann. 1963 kehrte er nach Osttirol zurück und sat- telte in die Gastronomie um. Als erstes absol- vierte er einen Servierkurs und arbeitete in verschiedenen Hotels, unter anderem im Stiftskeller in Innsbruck. Dort machte er einen Barmixer-Kurs, und mit dieser Zusatzausbil- dung wurde er zur begehrten Fachkraft. Wertvolle Berufserfahrungen machte er unter anderem als „Chef de Rang“ in einem Luxus- hotel in Bad Gastein. 1966 ging er für ein Jahr nach England und arbeitete dort im be- kannten Badeort Torquay. Anschließend zog es ihn in die Schweiz, wo sich in der Gastro- nomie ausgezeichnete Verdienstmöglichkei- ten boten. Drei Jahre arbeitete er in Zermatt und besuchte in der Zwischensaison einen Kochkurs an der Hotelfachschule Luzern. Das dicke handgeschriebene Kochbuch aus die- ser Zeit besitzt er noch heute. Neben dem Kochen erlernte er dort auch die Kunst der Kalkulation, was ihm für die spätere Selbst- ständigkeit sehr zugute kam. In Zermatt lernte er auch seine spätere Frau Christa, eine Steirerin, kennen. Während der Schweizer Jahre baute Her- mann mit seinem Vater das elterliche Som- mergasthaus so um, dass sich dort ein Restaurantbetrieb nach seinen Vorstellungen führen ließ. Im Juli 1969 wagte er mit Christa den Sprung in die Selbstständigkeit und sie eröffneten das Restaurant Rachkuchl. Der Betrieb war so erfolgreich, dass sie be- schlossen, das ganze Jahr offenzuhalten und die Saisonarbeit in der Schweiz aufzugeben. Im November 1969 heirateten Hermann und Christa und steckten fortan gemeinsam alle Energie in ihre Gaststätte. Die Rachkuchl erwarb sich einen ausgezeichneten Ruf, und alles was Rang und Namen hatte, fand sich dort zum Essen und Trinken ein. Legendär war das Chateaubriand, das Hermann auf dem Holzkohlengrill vor den Augen der Gäste zubereitete und das es in dieser Form in Osttirol sonst nirgends gab. Ein weiterer Renner war der Rachkuchl-Spieß. Diese Spezialitäten ließen sich die Gäste durchaus etwas kosten. 15 Jahre lang war der Betrieb täglich ganztags geöffnet, nur im November war Betriebsurlaub. Erst später wurden die Öffnungszeiten etwas reduziert. Es gab eine fix angestellte Küchenhilfe und fallweise Aushilfen und Ferialkräfte, aber die meiste Arbeit machten die tüchtigen Wirtsleute selbst: Hermann als Koch, Christa im Service.

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