Gemeindezeitung - page 20

Liebe
Leute,
(liabe
„Leitln“)!
Den Flor hat jeder
gekannt, und jeder wird
wohl auch das eine oder
andere Gschichtl über ihn
erzählen können. Trotz-
dem darf ich versuchen,
einen kurzen Blick auf
sein Leben zu werfen.
Unser Papa (der Lanzinger
Flor) wurde am 21. September 1924 in Thal als Kind von The-
resia und Florian Lanzinger geboren. Er hatte zwei Schwe-
stern, von denen die ältere, Maria (s’ Moidile) schon als 9
jähriges Kind an Lungenentzündung verstorben ist.
Gewohnt hat die Familie zuerst beim Thole-Moafa-Bauer, der
auch der Taufpate vom Papa war, dann in der „Garba Werk-
statt“ gleich unterhalb von St. Korbinian, wo Papa auf die
Welt kam.
Später wurde von seinem Vater, der Wegmacher war, das alte
Hansler Haus in Oberthal-Brücke (bzw. die Grundmauern)
gekauft, und dort war dann sein Zuhause.
Unser Tate (der Flor) hatte eine recht freie, von seinen Eltern
beschützte Kindheit. Der Krieg machte das zunichte. Er mus-
ste als Neunzehnjähriger in den Krieg, und kam über Jugosla-
wien, Deutschland und Polen bis nach Russland.
Der junge Flor musste da eine schwere Zeit mit Krankheit,
Verletzungen, Lazarettaufenthalten und russischer Gefangen-
schaft erleben. Davon hat er früher nicht sehr viel erzählt.
Gerade in den letzten Jahren aber kamen viele Kriegserinne-
rungen in ihm hoch, über die er dann auch ausführlicher
gesprochen hat, oft war er dabei dem Weinen nah.
1945, Ende des 2. Weltkrieges, Europa in Scherben. Wenige
Tage vor seinem 21. Geburtstag kam er endlich wieder nach
Hause.
Nach dem Krieg arbeitete er zuerst als Knecht auf Bauernhö-
fen und dann ein Leben lang als „freier Holzknecht“ mit sei-
nen Kollegen (Veidla-) Friedl und (Winkla-)Tondl. Eine
schwere Arbeit, die bei ihm auch gesundheitliche Spuren
hinterlassen hat, aber er hat den Wald immer geliebt.
Viele Jahre spielte er beim Asslinger Theater mit, was ihm
sehr großes Vergnügen bereitete. Solange es ihm (vom Gehör
her) möglich war, blieb er ein begeisterter Theatergeher.
Seine jüngere Schwester Barbara (s’ Warbile) war verheiratet
mit Thomas Goller in Thal. Sie starb schon 32-jährig 1961 und
hinterließ vier kleine Kinder (Bernhard, Thresl, Thomas und
Irmgard).
Nach dem Tod der Goller-Mutter war Papa als „Téte“ eine
wichtige Bezugsperson für die vier Goller-Kinder. Später auch
für die nachfolgende zweite Ehefrau von Thomas, die Goller-
Mariedl „Goller-Mutti“ und ihre Tochter Annelies, nachdem
Thomas tragisch beim Hochwasser 1965 verunglückte. Papa
fühlte sich dieser Familie ein Leben lang sehr verbunden und
genoss auch die Wertschätzung sehr, die ihm entgegen
gebracht wurde.
Im Dezember 1959 wurde die „Thresl“ Theresia Vergeiner
vom Dörfl-Moafa-Bauer seine Frau. Auf den Mauern des
Hansler-Hauses bauten sich die beiden eine gemeinsame
Familienexistenz auf. Mit viel Mühe und unter Entbehrungen
wurde das Haus immer wieder umgebaut und erweitert.
Dem Paar wurden 5 Kinder geboren:
Josef (1961), Maria (1963), Stephan (1965), Johannes (1967)
und Martina (1971).
Die siebenköpfige Familie lebte vom Einkommen der harten
Waldarbeit, der Kunst seiner Frau Thresl, unserer Mama, mit
wenig auszukommen und die Kleidung für die Familie größ-
tenteils selbst zu schneidern. Das war sicher auch keine leichte
Zeit.
Nebenher, vor allem in den Wintermonaten wurde stets
„gemachlt“. Da wurde geklopft, geschnitzt, geleimt. Vom
Spielzeug für uns Kinder bis zu Zirbenholztruhen, welche den
Weg in viele Häuser fanden. Unser Tate (der Flor) war
bekannt für seine Fähigkeit mit Holz umzugehen, und viele
fragten ihn, ob er für sie dies oder das reparieren könnte.
So wurde von ihm vom Kastenkranz bis zum Fuße der Heili-
genstatue wieder ergänzt, was dem Zahn der Zeit zum Opfer
gefallen war. Eine seiner Kundinnen, die Gemeindekranken-
schwester in unserer Kindheit, die „Grazer Sefe“ sagte einmal
zu ihm, nachdem Papa für sie ein Kruzifix renoviert hatte:
Naa Flor, bisch tu a kinschtlicho Mon!“
Die selbstgebaute orientalische Krippe, die er jede Weihnacht
nach seiner genauen Vorstellung aufgebaut hat, war eines sei-
ner Lieblingsprojekte. Die Weihnachstkrippe steht dieses Jahr
bis heute, was ihm sicher gefällt.
Eine andere Lieblingsbeschäftigung war das Kartenspiel und
dort vor allem das „Canastern“.
Da war er samstags und sonntags wohl so manchesmal länger
beim „Trojer“, als bei uns zu Hause.
Er war auch ein sehr gastfreundlicher Mensch, ist auf alle
zugegangen. Da kam es schon öfters vor, dass unbekannte
Leute bei uns (bei Flora) in der Küche saßen, die der Tate (der
Flor) von der Straße hereingebeten hatte. Denen erzählte er
dann von Gott und der Welt. Und zum Abschluss durften sie
auch noch einen Blick auf seine Schnitzereien und Zirbentru-
hen werfen. Ebenso waren alle Verwandten, und die Freunde
von uns Kindern jederzeit in seinem Haus willkommene
Gäste, die er gerne um sich hatte.
Über Ungerechtigkeiten konnte er sich maßlos aufregen, auch
wenn er dagegen nicht viel tun konnte, außer Schwächere zu
unterstützen. Es machte ihm große Freude, das Wenige, das er
hatte mit anderen zu teilen. Darum hat er auch oft und gerne
gespendet. Es war nicht seine Stärke, über Beziehungen zu
reden, aber für die Kinder war er immer im Hintergrund vor-
handen. Er hat nicht versucht „dreinzureden“ und sich einzu-
mischen, sondern hat jeden seinen Weg gehen lassen. Und
wenn es mal schwierig war, dann wusste man, er lässt einen
nicht fallen.
Im Alter von fast 80 Jahren wurde ihm die Gelegenheit gebo-
ten, neu zu bauen. Das Haus in Oberthal bei der Brücke, wel-
ches lebensbegleitend mit geringsten Mitteln immer ein
bisschen weitergebaut wurde, war in die Jahre gekommen, und
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04/2015
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Gedenken an Florian Lanzinger
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