Seite 36 - Gemeindezeitungen

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Erinnerung an den Ausbruch des
1. Weltkrieges vor 100 Jahren
Kassian Lanser
vlg. Krakofl
Geboren: 04. März 1886
Gestorben: 27. März 1974
Eingerückt: 01. August 1914
Truppenteil:
3. Kaiserschützen Regiment
Dienstgrad:
Zugsführer/Offizierstellvertreter
Mitgemachte Schlachten:
Galizien, Bukowina, Isonzo, Zugna
Torta, Sieben Gemeinden
Heimkehr:
12. November 1918
Auszeichnungen:
Silberne Tapferkeitsmedaille I. und
II. Klasse, Verwundetenmedaille,
Bronzene Tapferkeitsmedaille,
Karl-Truppenkreuz, Militärdienstzei-
chen III. Klasse
Wir haben hier keine Zeitzeugen mehr, wollen aber nachlesen was von damals zur Erinne-
rung geschrieben wurde.
Auszug aus dem Schreiben
„Allgemeine Mobilisierung“
von Kassian Lanser.
Als am 28. Juni 1914 der Telegraph
die furchtbare Nachricht von der
Ermordung des allgeliebten Thron-
folgers und seiner Gemahlin in alle
Windrichtungen der Monarchie trug,
ward es auch bei uns vielen zur Ge-
wissheit, dass diese Tat einen Krieg
zur Folge haben könnte.
Am 30. Juni 1914 wurde hier ein
Trauergottesdienst für das ermor-
dete Thronfolgerpaar abgehalten,
alle Koperationen nahmen daran
teil. Bei den jungen, aktiv gedien-
ten Männern regte sich wohl über
den serbischen Mörder irgendwie
das Rachegefühl, ein Hoch auf
Österreich, ein Nieder mit Serbien.
Allgemein bemächtigte sich der Ge-
müter eine furchtbare Spannung.
Verschiedene Gerüchte wurden
laut, welche fast immer in märchen-
hafte Formen ausgelegt wurden.
Einerseits wünschte hier bei uns
gewiss niemand einen Krieg, ander-
seits fühlten sich doch wieder vie-
le in ihrer Soldatenehre gekränkt,
wenn sich die Regierung solch
unerhörte Falschheit gefallen las-
sen würde. Trotz der vielen Arbeit
(Heumahd) auf den Bergen schli-
chen die Tage träge und langsam
dahin, keine richtige Almstimmung
kam auf. Es war eine Atmosphäre
wie vor einem Gewittersturm. Man
fühlte, dass man vor schweren Er-
eignissen stehe.
Am 31. Juli 1914 schwirrten die ers-
ten Nachrichten durch unser stilles
Tal, Österreich stehe mit Serbien
im Kriegszustande. Einige waren
dafür, andere dagegen, im allge-
meinem wurde diesen Reden aber
wenig Glauben geschenkt.
Am 1. August 1914 (hier bei uns
verlobter Feiertag), der erste schö-
ne Tag nach einem nasskalten
stürmischen Juli. Letzteres lies die
Bevölkerung etwas aufatmen, war
doch die Aussicht, dass man end-
lich wieder einmal ein trockenes
Heu einbringen würde. Gleichzeitig
waren die Gewitterwolken am po-
litischen Horizont bereits zur Ent-
ladung gelangt, und nur ganz kurz
konnte man sich des sonnigen Ta-
ges erfreuen. Als nach dem Spät-
gottesdienst die Bevölkerung das
Gotteshaus verließ, halte bereits
der Kriegsruf durchs Tal, das Va-
terland ist in Gefahr. Der Kaiser ruft
zu den Waffen. An der Friedhofs-
mauer und an anderen Orten waren
bereits die Mobilisierungskundma-
chungen angeschlagen. Während
dem Hochamte brachte ein Bote
die allgemeine Mobilisierung. End-
lich war die Spannung welche der
Mord in Sarajevo hervorgerufen ge-
löst, an seine Stelle trat der Ernst
der Lage. Vor jeder Kundmachung
standen dicht gedrängt die Leute.
Noch immer konnte man nicht glau-
ben und nicht erfassen, das Wort
Krieg, was schwarz auf weiß mit
großen Lettern geschrieben stand.
Allgemeine Mobilisierung. Alle waf-
Chronik