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Dölsacher Dorfzeitung
November 2013
Ein flugzeughistorisch interessanter Vorfall konnte im
Kriegsjahr 1944 in der Gegend des Dölsacher Bahnhofs
beobachtet werden. Im Zuge von Recherchen über die
Luftangriffe auf Lienz erzählte vor einiger Zeit Herr
Josef Pondorfer aus Dölsach (inzwischen leider ver-
storben), dass er während der Kriegszeit die über-
raschende Landung eines Flugzeuges beim Dölsacher
Bahnhof miterlebt habe. Seinen geschätzten Aus-
führungen zufolge sei der Flieger auf die große Wie-
senfläche südlich des Bahnhofs zugeflogen. Beim Aus-
laufen der Maschine wurde die Notpiste (Wiese) zu
kurz und der Flieger mähte unvermeidlicherweise eine
Zaunsäule, die im Wege stand, nieder. Anschließend
kam der Flieger problemlos zum Stehen und ein ein-
zelner Pilot stieg unverletzt aus der Flugzeugkanzel.
Dieser einzigartige Zeitzeugenbericht verlangte in der
Folge nach schriftlichen Bestätigungen, nach Datum,
Uhrzeit, Flugzeugtyp, Landungsursache, Piloten-
namen und nach anderen Zeitzeugen, Angaben, die
Herr Pondorfer nach den vielen Jahren nicht mehr zur
Verfügung stellen konnte. Als Junger beobachtete er,
dass das leere Flugzeug (offensichtlich ein Luftwaf-
feflugzeug) bewacht wurde, dann die Flügel abmon-
tiert wurden und der Rumpf schließlich auf die nahe
Bahn verladen wurde und schnell von Dölsach ver-
schwand (vermutlich nach Wr. Neustadt überstellt).
2013, in einem neuen Versuch eine Bestätigung des
Vorfalles zu erlangen, durchsuchte Herr Abt.Insp.
Herbert Behounek von der Polizeiinspektion Dölsach
(diese war in der NS-Zeit nicht aufgehoben) freund-
licherweise die gesamte Dölsacher Polizeichronik von
1938 bis 1945 auf eine diesbezügliche Eintragung und
war erfolgreich.
Originaltext, Computerschrift:
14. August 1944
„Notlandung eines deutschen Jagdflugzeuges in
der Nähe des Bahnhofs Dölsach. Flugzeugführer
Unteroff. Herbert Kessler blieb unverletzt,
Flugzeug wurde leicht beschädigt.“
Dieses Dokument war nun ein schlagender Beweis für
Pondorfers Beobachtung, die in ihm zeitlebens wach
geblieben war. Vielleicht gibt es noch weitere Hin-
weise aus der Bevölkerung zu diesem unblutigen
Kriegsereignis. Ein „Hype“ wäre natürlich, wenn ein
entsprechendes Foto auftauchen würde.
Die Untersuchungen konzentrierten sich in der Folge
auf das weitere Schicksal des Piloten und dem geflo-
genen Flugzeugmodell. Piloten der deutschen Luftwaffe
waren hoch ausgebildete Spezialisten ihres Faches und
wurden dementsprechend oft in den militärischen Flug-
büchern festgeschrieben. In der Öffentlichkeit wurde
ihnen mit größter Ehrfurcht begegnet.
Es ist daher höchst verwunderlich, dass vom Piloten
Herbert Kessler nach seiner Notlandung in den bisher
durchforsteten Akten keine Spur mehr zu finden ist. Es
gibt scheinbar kein Archiv, das ihn als vermisst, gefal-
Fotos: DI Hermann Troger,
Roland Domanig, Internet
Fliegersymbolbilder.
Notlandung in Dölsach – Lienz: Ein
neues Blatt in der Dölsacher Chronik