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mes in venetischer Schreibweise enthalten.
Neben Darstellungen von Kriegern oder
Reitern gibt es auch Darstellungen von
menschlichen Körperteilen (wahrschein-
lich mit der Bitte um Heilung). Der Groß-
teil dieser Funde befindet sich im Landes-
museum Kärnten, in Klagenfurt.
Etruskischer Einfluß scheint sich in un-
serem Raum nicht abzuzeichnen. Eher
könnten vom Rienz-, Eisack- und Etschtal
her die rätische Sprache und Schrift be-
kannt geworden sein.
Inschriften dieser, vom Etruskischen
hergekommenen, alpenländischen Form,
haben sich im rätischen Gebiet mehrfach
erhalten: in Siebeneich und in Greifen-
stein, sowie in Moritzing, alle im Raum
Bozen, in Lothen im Pustertal und in einer
Felsinschrift auf dem Schneidjoch bei
Steinberg im Achseegebiet Nordtirols.
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Im Osttiroler Raum sind scheints meh-
rere alte Denkmäler unbekannter Schrift-
zeichen gefunden worden, sie sind heute
verschollen. Sie dürften in Unkenntnis des
geschichtlichen Wertes solcher Funde oder
aus Unachtsamkeit bzw. Unduldsamkeit
gegenüber Unbekanntem, verloren gegan-
gen oder vernichtet worden sein.
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Auf die Zeit, als die Kelten über den
Ostalpenraum herrschten, wiesen manche
Bodenfunde; Schriftzeichen sind nicht ge-
funden worden. Man darf annehmen, daß
die keltische Oberschicht mehr an den Pro-
dukten des Bergbaues und am Handel
interessiert war, daß dagegen die bäuer-
liche Bevölkerung ziemlich unbehelligt
von ihnen in ihrer alten Tradition weiter-
leben konnte.
Bei der in Lavant gefundenen Grab-
inschrift für eine „Volusia“ und weitere
6 Personen
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, in lateinischen Buchstaben
geschrieben, könnte keltisches Namen-
material dahinterstehen.
Die urtümlichen Zeichen unserer Mar-
che können auch nicht erst unter dem Ein-
fluß der römischen Oberherrschaft oder
der römischen Besatzung nach der Revol-
te um 14 nach christlicher Zeitrechnung
bei uns eingeführt worden sein.
Sie reichen weit in die vorrömische Zeit
zurück. Mindestens zwei verschiedene
Richtungen zeichnen sich ab: jene, die aus
der quadratischen Flurteilung entstand,
deren Zeichen R. Pittioni auf der Kelch-
alpe fand, jene Zeichen, die man fast noch
als Bilderschrift ansehen könnte (Pacher,
Hüttinger, Valten) und jene weit verbrei-
teten Zeichen für die Zahlen 3 und 4, die
von Völkern herstammen, die sich neben
den schon ansässigen Ackerbauern nie-
dergelassen haben. So nehmen wir voll
Achtung und Bewunderung zur Kenntnis,
wie weit zurück die schon fast vergessenen
Bauernmarche reichen, und mit welcher
Ehrfurcht vor dem Althergebrachten sie –
trotz anderer Möglichkeiten der Schreib-
schrift – von unseren Vorfahren weiterge-
tragen worden sind.
Anmerkungen:
30) Andreas Lippert, Die jüngere Eisenzeit an der oberen
Drau, Isel und Gail, in: Osttiroler Heimatblätter
v. 28.8.1975, Jg. 43, Nr. 8
deselbe:
Das Gräberfeld von Welzelach (Osttirol)
eine Bergwerksnekropole der späten Hallstattzeit, in:
Antiquitas, Reihe 3, Abhandlungen zur Vor- und Früh-
geschichte, zur klassisch und provinzialrömischen Ar-
chäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 12
(1972) S 52-56 Zusammenfassung.
auch Hans Krahe, „Das Venetische“, seine Stellung im
Kreise der verwandten Sprachen, in: Sitzungsberichte
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften phi-
los.-histor. Klasse Band XXXV, Jahrgang 1949/50.
S 7 - 37
Emil Vetter, Zu den venetischen Inschriften Kärntens
(Würmlach und Gurina) in: Carinthia I/140 (1950)
S 130-145 und I/143 (1953) S 619
Festschrift für Rudolf Egger, Klagenfurt 1953, Die
neuen venetischen Inschriften in Lagole, in: Beiträge
zur älteren europäischen Kulturgeschichte Nr. 11 S 128
Gernot Piccottini, urgeschichtliche, römerzeitliche und
frühmittelalterliche Funde im Bezirk Hermagor. (Zu-
sammenfassung) in: Carinthia I/159 (1969) 2. Beigabe-
Band, S 25-42
31) Karl Maria Mayr, über die Funde bei Bozen, in: Der
Schlern, (1960) 5/6 S 128, S 203, S 389 und S 495-498.
Dieter Schürr, Steinberg, Siebeneich und Val Camo-
nica in: Der Schlern (1975), Bd. 49, S 606-8
Karl Maria Mayr, Die rätische Felsinschrift von Stein-
berg (Achensee), in: Der Schlern (1958) Nr. 32 S 303
und Der Schlern (1960) S 309-12
Walter Riedl, Die vorrömische Felsinschrift im Achen-
seegebiet, in: Schlernschriften (1965) Nr. 241 S 3-8.
Ernst Burgstaller, Felsbilder in Österreich, Die In-
schrift von Steinberg (1972).
Emil Vetter, Die vorrömischen Felsinschriften von
Steinberg, in: Anzeiger der philos.-histor- Klasse der
österr. Akademie der Wissenschaften (1957) Nr. 24, S
383 ff.
Wilhelm Sydow, Die Halbhöhle am Schneidjoch, in:
Archaelogia Austriaca (1989) Bd. 73 S 67-74 mit Ab-
bildungen.
32) A. B. Meyer & A. Unterforcher, Die Römerstadt Agunt
bei Lienz (1908) Lavant, S 94, ab S 33 mehrere Be-
richte von „Grabinschriften unbekannter Art“.
33) Briefliche Mitteilung Dr. Elfriede Paschinger nach
Rücksprache mit Prof. Dr. Ambros J. Pfiffig, Wien v.
J. 1976.
Die Grabinschrift ist für Volusia gestiftet worden und
zwar von ihrer Schwester Volusia Latina und deren
Mann C Vitorius Cupitus.
Sie haben diese Schrift (und das Grab) besagter Volu-
sia „sich selbst“ und außerdem ihren Eltern gestiftet:
dem Vater Clevvo, dem Sohn des Veitor (keltische
Form?) der Mutter Voltisema, der Tochter des Dussu-
marus und schließlich noch dem eigenen Sohn Vitori-
us Latinus und ihrer Tochter Vitoria Secundinda. Ge-
nannt ist noch Caius, Volusia Latina und Volusia Sa-
turnina, und in der Abbildung 23: Volusi und Veisoni
oder Veisonei (siehe Abbildungen der Grabinschriften
in: Der Ager Aguntinus, eine Bezirkskunde des älte-
sten Osttirol, von Stefan Karwiese (Lienz 1975), S 12.
Hinweis auf die Unbotmäßigkeit norischer Stämme,
die im Jahre 16 vor Christus den römischen Einmarsch
provoziert hätten, S 13: Zerstörungshorizont am Mag-
dalensberg, der in diese Zeit fällt, auch in Aguntum
Brand in einer Villa. Siehe auch: Wilhelm Alzinger,
„Aguntum und Lavant“ S 17.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 3 — 62. Jahrgang
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren ver-
antwortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer: OSR
Hans Kurzthaler, VS-Dir. i. R., Dorf 62, Thurn,
A-9900 Lienz. – Emma Totschnig, Reichenauer
Straße 39, A-6020 Innsbruck.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Ost-
tiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini, A-6176
Völs, Albertistraße 2a.
Beispiele von Holzmarchen aus Tristach: Haus Nr. 35 „Unterbrunner“.
Holzmarch „Oberbrunner“, Tristach, Haus Nr. 34.
Fotos: Werner Totschnig, Tristach
RICHTIGSTELLUNG
In Folge 3 wurde in der letzten Zeile der
2. Spalte ein falsches Zeichen abgebildet.
Es handelte sich um den gespaltenen oder
gegabelten Pfahl: Man nannte dieses Zei-
chen auch „Gabelkreuz“ .