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Nummer 6 — 62. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Daches verhindert. Die statische Sanierung
des Dachstuhles sowie die Neueindeckung
mit geklobenen Lärchenschindeln war ein
weiterer Schwerpunkt der notwendigen Sa-
nierungsmaßnahmen. Die drei nachträglich
eingebauten Bundsperre wurden durch
Stahlbänder mit Spanschlössern ersetzt und
die Hauptpfetten entsprechend verstärkt.
Besonders der Fußknotenpunkt des ge-
sprengten Dachstuhles und die Traufenaus-
bildung an Ost- und Westseite waren durch
Fäulnis schon so stark beschädigt, daß bei
größerer Belastung durch Schneedruck
Einsturzgefahr bestand.
Die Sanierung in diesem Bereich war
besonders arbeitsaufwendig. In Folge ei-
nes geplanten Ausbaues des Dachge-
schosses, mußte die oberste Geschoßdecke
vorerst untersucht und dann entsprechend
den statischen Erfordernissen verstärkt
werden. Das bestehende verputzte Trau-
fengesims war etwa zu Dreiviertel zerstört
und mußte daher einschließlich der Unter-
konstruktion, dem Vorbild entsprechend,
erneuert werden.
Nach durchgeführter Fassadenuntersu-
chung durch das Denkmalamt konnte als
weitere Baustufe schließlich die Außenre-
staurierung in Angriff genommen werden.
Die überlieferte Erscheinung und Wir-
kung eines Gebäudes werden wesentlich
von der originalen Oberfläche bestimmt.
Die Erhaltung des noch gut erhaltenen
originalen Fassadenputzes war daher die
Vorgabe bei der Durchführung der
Außenrestaurierung. Nur der schlechte
Verputz wurde gründlich abgeschlagen
und durch einen reinen Trass-Kalkmörtel
ohne
Zementbeigabe ergänzt.
Das Auftragen des Feinputzes erfolgte
dabei nahezu gleichzeitig mit der Neufär-
belung der Fassade nach den originalen
Farbtönen in reiner Kalkfarbe. Gerade bei
diesen Arbeiten hat sich die vorbildliche
Zusammenarbeit der verschiedenen Hand-
werker und der Restauratoren gezeigt. Der
alte Fensterputz richtet sich zum überwie-
genden Teil nach der barocken Ausbau-
phase und wurde im 19. und 20. Jahrhun-
dert teilweise ergänzt. Für die Erneuerung
der Fenster als Verbundfenster war die
barocke Fassadengestaltung bestimmend.
Einige originale Fenster wurden als Doku-
mentation restauriert und durch Vorsatz ei-
nes innenliegenden Kastenfensters wärme-
dämmend ergänzt.
Die ursprüngliche barocke Sechseck-
Bleiverglasung wurde bei der Neuvergla-
sung der Außenflügel beibehalten und mit
echt-antik farblosem Glas ausgeführt.
Die noch vorhandenen alten Butzenschei-
ben konnten ausgebaut und bei den alten,
erhaltenswerten Fensterflügeln wiederver-
wendet werden.
Die vorhandenen erhaltenswerten Ka-
chelöfen, die seinerzeit von Hafnermeister
Andrä Troger in Abfaltern aufgesetzt wur-
den, sollten ebenfalls saniert werden. Da-
her war es notwendig, die bestehenden,
zum Teil schleifbaren Kamine durch Ein-
bau von Schamottsteinen zu ergänzen und
teilweise zu erneuern.
Über die Nutzung des Pfleghauses ha-
ben sich bei einem Grundsatzgespräch am
8. Oktober 1992 das Land Tirol, die Ge-
meinde und die Messerschmitt-Stiftung
geeinigt. Demnach werden im Erdgeschoß
der Verkehrsverein, und im 1. Oberge-
schoß die Gemeindeverwaltung einziehen.
Im 2. Obergeschoß soll – der ursprüngli-
chen Verwendung entsprechend – ein
Richtermuseum eingerichtet werden.
Über ausdrücklichen Wunsch des
Pfleghaus-Ausschusses von Anras sind im
Dachgeschoß ein großer Seminarraum und
die Bücherei – völlig neu gestaltet – ge-
plant. Der Einbau eines behindertenge-
rechten Liftes war auch ein Anliegen der
Gemeinde.
Eine Besonderheit im Inneren des Pfleg-
hauses stellen die im 2. Obergeschoß west-
seitig gelegenen vier vollgetäfelten Amts-
räume des ehemaligen Gerichtspflegers
dar. Die Restaurierung dieser Stubentäfe-
lung ist bereits abgeschlossen. Inzwischen
wurden auch die Sanitär- und Elektroin-
stallationen eingebaut, sowie die Putzer-
gänzungsarbeiten in den Innenräumen fer-
tiggestellt.
Die gesamten Umbau- und Sanierungs-
maßnahmen sollen bis Herbst 1994 abge-
schlossen werden.
Bisher wurden für die bereits durchge-
führten Sanierungsmaßnahmen im Pfleg-
haus – ohne Friedhofskapelle – mehr als
15 Mio S aufgewendet. Die Gesamtkosten
der Pfleghaussanierung, einschließlich
Dachgeschoßbau, werden auf 20 Mio S
geschätzt.
Nur durch die ausgesprochen gute Zu-
sammenarbeit von Messerschmitt Stif-
tungs-Vorstand Dr. Hans Heinrich von
Srbik, dem Denkmalamt, den Architekten,
den Firmen und Handwerkern ist es mög-
lich, diese umfangreiche Restaurierung so
reibungslos abzuwickeln. Die überaus
großzügigen Investitionen und deren
Finanzierung in Anras würden sicher einen
besseren Konsens seitens der Gemeinde-
führung zur Messerschmitt-Stiftung ver-
dienen.
Die Westseite des Anraser Pfleghofes vor
und nach der Restaurierung.