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Abgaben:
25 Vierling Weizen; 82 Vier-
ling Roggen; 12 Vierling Gerste; 44 Vier-
ling Hafer; 3 Vierling Bohnen; 1 1/2 Kä-
selaibe; 4 Hühner; 40 Eier; an Geld: 3 Gul-
den, 1 Rheinischer Gulden, 301 Kreuzer,
24 Fierer.
Rotte Bobojach
Grundherr Kloster Neustift bei Bri-
xen:
Jörg Staintzl.
Grundherr Spital Lienz:
Chunrad
Stainer.
Grundherr Stoffl im Bach zu Mittel-
dorf:
Lorenz Egger.
Grundherr Andrä Maierl zu Ober-
drum:
Vestl Egger.
Abgaben:
32 Vierling Weizen; 97 Vier-
ling Roggen; 28 Vierling Gerste; 111 Vier-
ling und 1 Mut Hafer; 10 Vierling Bohnen;
200 Laib Käse; 6 Hühner; 120 Eier;
3 Frischlinge; 2 Lämmer; an Geld: 3 Gul-
den, 32 Kreuzer, 8 Fierer.
7)
Rechnen wir alle Getreideabgaben von
Virgen und Prägraten zusammen, so
kommen wir auf etwa um die 105.000 kg.
Weitere Entwicklung des
Gerichtes Virgen
Das Landgericht Lienz mit Virgen kam
nach dem Konkurs der Grafen von Wol-
kenstein im Jahre 1653 an das Haller Da-
menstift und verblieb dabei bis zu dessen
Auflösung durch Kaiser Josef II. im Jahre
1783.
In diese Zeit fallen mehrere bedeutende
Ereignisse.
So übersiedelte um 1700 der Pfleger von
Virgen, der seit 1609 auch Richter des Ta-
les war, vom Schloß Rabenstein ins neue
Pfleghaus im Dorf Virgen.
8)
Weiters gab es in Virgen mehrere Re-
bellionen wegen der hohen Abgaben und
Schulden. Im Aufstand der Virger Frei-
stiftbauern im Jahr 1704 wurde ein Be-
schwerdebrief an den Kaiserhof nach
Wien übermittelt; zugleich wurden alle
Abgaben verweigert, und bewaffnete
Bauern zwangen sogar den Pfleger Jakob
Andrä Miller von Aichholz zur Flucht.
Erst als die Regierung mit Militärexekuti-
on drohte, kehrte wieder Ruhe ein. Das
Volk fügte sich, ohne etwas Wesentliches
erreicht zu haben.
1783 übernahm der Staat das Landge-
richt Lienz mit Virgen. Mit der Verwal-
tung des Vermögens des aufgelösten Hal-
ler Damenstiftes wurde Ignaz von Hör-
mann als Administrator bestellt. Seine
Vorschläge, die er in einem Schreiben mit
Angaben über die traurige wirtschaftliche
Lage der Freistiftbauern an das Gubernium
in Innsbruck richtete, galten der Um-
wandlung der Freistiftgüter in Erbbaugüter
mit geringen Abgaben und Ehrungen (Erb-
schaftssteuer).
So heißt es in diesem Bericht: „Die fast
allgemeine Mittellosigkeit in Virgen ist
weder dem Mangel an Sparsamkeit, noch
der Trägheit der Untertanen beizumessen.
Sie müssen sich das ganze Jahr hindurch
mit einer schlechten Kost nähren; die we-
nigsten haben von Juni bis August ein Brot
im Hause!
Sie wohnen in elenden, hölzernen Hüt-
ten; sie kleiden sich in Loden, den sie
selbst weben; sie sind dem Trunke nicht
ergeben, selbst wenn sie mit ihrem Vieh
oder Getreide den Markt zu Lienz besu-
chen, verzehren sie die mit sich genom-
mene Portion Brot und Käse, ohne ein
Wirtshaus zu betreten … Obschon die Ge-
meinden Virgen und Prägraten über
2.400 Seelen enthalten, so hat dennoch
wegen ihrer Armut bisher kein Chyrurg
bei ihnen sein Unterhalt finden können.
Die Folgen, welche das Übermaß der
Abgaben und die daraus entstehende Ar-
mut herbeiführt, sind nicht nur für den Un-
tertan äußerst betrübt, sie afficieren auch
das Interesse der Gerichtsherrschaft. Der
Untertan kann unter solchen Umständen
unmöglich einen Kredit haben. Jedermann
trägt Bedenken, ein Anleihen auf ein Gut
vorzuschießen, welches im Kataster zwar
als Eigentum des Zinsholden aufscheint, in
der Tat selbst aber ganz oder Teil der Frei-
stiftherrschaft gehört. Kommt noch eine
Ehrung dazu, hat der Gläubiger bereits al-
le Deckung verloren. An eine Rückzah-
lung ist nicht mehr zu denken.
Daher entstand in Lienz das emphati-
sche Sprichtwort,
daß Gotteswort und
Virger Schulden ewig dauern.“
1788 betrugen die Schulden für die Ge-
meinde Virgen laut Hörmanns Bericht
20.000 Gulden. Im Jahre 1820 waren sie
bereits auf 38.478 Gulden 14 Kreuzer an-
gewachsen.
„Der Zinshold muß der Grundherrschaft
die Gilte, dem Zehentherrn den Sackze-
hent, der Gemeinde die Wüstungs- und
Marschkonkurrenz und seinem Gläubiger
die Schulden abführen. Jeder aus diesen
bestrebt sich, den andern zuvorzukom-
men.“
9
)
Eine weitere schwere Belastung für die
Güter sind die Ehrungen, die bei jedem
Todesfall, Kauf, Tausch, kurz bei jedem
Besitzwechsel abverlangt wurden. Sie be-
trugen im 18. Jahrhundert, wo sie fixiert
wurden, 5 % des Gutswertes beim Über-
gang auf den Sohn, 15 % wenn die Toch-
ter erbt und 20 % wenn der Mann der
Tochter das Gut übernimmt.
10)
Die Ehrungen mußten binnen Jahresfrist
abgeliefert werden.
Dazu berichtet Hörmann:
11)
„Es muß in
der Tat auch einem kaltblütigen Beamten
bei der Ausübung seines Amtes das Herz
bluten, wenn er das, was arbeitsame Eltern
in 20 Jahren im Schweiße ihres Angesich-
tes erspart und ihrem eigenen Lebensun-
terhalt abgezwungen haben, auf einmal
ihren Kindern entziehen muß.“
Auch die Taxen waren eine ganz bedeu-
tende Abgabe.
In einem Ausweis des Richteramtes
Virgen für die Jahre 1793 bis 1801 werden
folgende Taxen angeführt:
12)
Taxen in officio
nobili ......... 4.955 Gulden 1 1/4 Kreuzer
Taxen in
Streitsachen .. 243 Gulden 29 1/2 Kreuzer
Richteramt Virgen, 13. Mai 1802
Josef von Schullern, Richter
Hörmann erklärt auch, warum die Virger
nicht wie die Deferegger durch Teppich-
handel ihre wirtschaftliche Lage zu bes-
sern versuchten. Das hätte ihnen wenig
genützt, denn mit dem Gewinn hätten sie
höchstens einen Teil ihrer Schulden rück-
zahlen können, ohne ihre Lebensqualität
verbessern zu können.
Anders war die Lage in Defereggen, wo
auf Grund geringerer Abgaben die Früch-
te des Hausierhandels größtenteils der ei-
genen Familie zugute kamen.
13)
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 8 — 63. Jahrgang
St. Andreas in Prägraten, das zum Gericht Virgen gehörte.