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Nummer 8/1995
63. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLATTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Schloß Rabenstein bei Virgen, wohl eine Gründung des 12. Jahrhunderts, diente bis 1703 als Sitz von Urbaramt und Gericht Virgen.
Der Schwerpunkt dieses Beitrages liegt
in der Bestätigung nachstehender Aussage
des letzten Pflegers des Gerichtes, Johann
Kornel Schullern von Schrattenhofen, der
in seiner „Historischen Beschreibung“ an
die Cammeral-Administration des Haller
Damenstifts-Fonds vom Jahre 1802 fol-
gende Behauptung aufstellte:
1)
„Mit Gründen kann man behaupten, daß
vielleicht im ganzen Land Tyrol keine Un-
tertanen mit Urbarial-Giebigkeiten so
sehr beschwäret sein, als jene in Virgen.“
Entstehung des Gerichtes Virgen
In den Urkunden des Chorherrenklosters
Neustift bei Brixen wird Virgen bereits im
Jahre 1160 als Sitz eines Pfarrers erwähnt.
Damit war das Virgental um diese Zeit
schon besiedelt.
Weiters hören wir aus Urkunden, daß
das Gebiet Virgen mit dem Schloß Ra-
benstein Graf Albert von Tirol besessen
hat. Vielleicht hat er es von den Herren
von Lechsgemünd erhalten, die ja reichen
Besitz im hinteren Iseltal hatten und Graf
Alberts Frau Uta stammte aus dem Ge-
schlecht von Lechsgemünd. Nach dem To-
de des Tiroler Grafen im Jahre 1253 erbten
Schloß und Gebiet von Virgen die Grafen
von Görz.
2)
1267 verzichteten die Burggrafen von
Lienz zu Gunsten des Erzstiftes Salzburg
auf den Zehent in Virgen.
3)
In der Güterbeschreibung der Grafen
von Görz vom Jahr 1300 wird bereits ein
Urbaramt in Virgen angegeben, das auf
viele Güter der Grafen hinweist. Warum
das Gebiet ein eigenes Gericht wurde, er-
klärt sich durch die weite Entfernung von
Lienz und die Abschnürung vom Landge-
richt Lienz durch das salzburgische Ge-
richt Windisch-Matrei.
1299 wird in einer Urkunde ein Fron-
bote für Virgen erwähnt, und 1268 – sicher
aber 1306 – besitzen wir auch eine Ur-
kunde, in der Virgen als Gericht bezeich-
net wird.
Dieses Gericht war aber schubpflichtig
an das Landgericht Lienz; es besaß also
keine Blutgerichtsbarkeit und damit auch
kein Hochgericht. Bei Kriminalfällen
wurde der Verhaftete an das Landgericht
befördert.
Das Gericht Virgen/Defereggen umfaß-
te folgende Rotten: Virgen Dorf, Mittel-
dorf, Mellitz, Göriach, Ober- und Nieder-
mauern, Welzelach; Prägraten Dorf, Bobo-
jach, Wallhorn, Hinterbichl. In Defer-
eggen: Oberrotte St. Jakob, Feistritz und
Görtschach.
Erwin Kolbitsch
Das Gericht Virgen/Defereggen