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Es war ein unendlich er-
fülltes Leben, das am 7.
Juni 1995 zu Ende ging.
Eilig verbreitete sich die
Kunde im ganzen Bezirk:
Regierungsrat Hans Wasch-
gler ist nicht mehr. Durch
Jahrzehnte war er gleichsam
ein fester Bestandteil des
kulturellen Lebens unseres
Bezirkes.
Hans Waschgler wurde
am 6. Feber 1901 in Ober-
rasen im Hochpustertal als
Sohn eines Lehrers geboren.
Er besuchte in seinem Hei-
matort die Volksschule,
später die Lehrerbildungs-
anstalt in Bozen, wo er 1920
maturierte. Die politischen
Verhältnisse hatten sich mit
dem verlorenen Ersten
Weltkrieg völlig gewandelt.
Waschgler mußte zum itali-
enischen Militär einrücken,
konnte nur kurze Zeit in
Südtirol unterrichten und
wurde dann von der faschi-
stischen Schulbehörde des
Dienstes enthoben. Über
Innsbruck kam er 1928
nach Osttirol, wo er in Thal
und – nach Ablegung der
Hauptschulprüfung – in
Lienz unterrichtete.
Im Jahr 1931 heiratete er
Juliana Horwath. Aus der
Ehe gingen drei Kinder
hervor. Sein ihm gegebenes
künstlerisches Talent sollte
er an Kinder und Enkel wei-
tervererben.
Die Lehrtätigkeit wurde
mit der Einberufung zur
deutschen Wehrmacht im
Jahr 1943 unterbrochen.
Nach Kriegsende wieder in
den Lehrberuf zurückge-
kehrt, bestellte man den an-
gesehenen
Schulmann
1952 zum Schulinspektor
für den Bezirk Lienz, ein
Amt, das er mit Umsicht,
Akribie und Erfolg bis
1966 ausübte. 1952 legte er
das Amt des Kulturreferen-
ten der Stadt Lienz zurück,
das er seit 1948 bekleidet
hatte. Es paßt zum Bild des
engagierten Lehrers, wenn
er einige Schulbücher ver-
faßte und die Herausgabe
der „Bezirksunde von Ost-
tirol“ (1954) veranlaßte.
Auch nach seiner Pensio-
nierung war Hans Wasch-
gler rastlos tätig, z. B. für
den Tiroler Kunstkataster
oder die „Osttiroler Heimat-
blätter“. Waschglers Enga-
gement in verschiedenen
Bereichen wurde durch
zahlreiche Ehrungen ausge-
zeichnet, z. B. durch den
Titel „Regierungsrat“, das
Ehrenzeichen für Verdienste
um die Republik Österreich
in Gold, das Verdienstkreuz
des Landes Tirol und den
Ehrenring der Stadt Lienz.
Lebensweg und Verdien-
ste von RR Hans Waschgler
wurden mehrmals ausführ-
lich gewürdigt, u. a. war ihm
eine Sondernummer der
„Osttiroler Heimatblätter“
des Jahres 1991 gewidmet.
Was in diesem Rahmen
speziell
hervorgehoben
werden soll, ist seine
fruchtbare Tätigkeit für die
„Osttiroler Heimatblätter“
bzw. überhaupt für die Hei-
matzeitung „Osttiroler Bo-
te“, dessen Pressekomitee er
als einflußreiches Mitglied
seit Beginn angehörte.
Seit Juli 1946 erschienen
wiederum die „Osttiroler
Heimatblätter“. Damit wur-
de die heimatkundliche
Schrift der Zwischenkriegs-
zeit fortgesetzt. Als Schrift-
leiter fungierte kurze Zeit
Karl Maister. Bald schon
löste ihn Hans Waschgler ab.
Zurückblickend ist es nahe-
zu unfaßbar, daß er über 40
Jahrgänge herausbrachte.
Mit der Jänner-Nummer
1991 legte er aus gesund-
heitlichen Gründen die Lei-
tung der „Osttiroler Heimat-
blätter“ zurück. Ein von
ihm wenig später verfaßter
Beitrag (OHBl 1991/6) in-
formierte über die Ge-
schichte der Heimatblätter,
damit auch über seine re-
daktionelle Tätigkeit.
RR Hans Waschgler ist es
gelungen, einen Kreis stän-
diger Mitarbeiter aufzubau-
en; oft hat er gezielt Autoren
angesprochen. Immer wie-
der hat er aber auch selbst
zur Feder gegriffen und Ar-
tikel mehr naturkundlichen
Inhalts verfaßt, Beiträge zu
Jubiläen, Nachrufe, Buchbe-
sprechungen.
Waschgler
war auch in der Lage, selbst
Bildmaterial beizusteuern
und damit den Wert der Hei-
matblätter zu erhöhen.
In der Einbegleitung
des 50. Jahrganges der
„Osttiroler Heimatblätter“
(OHBl 1982/1) formulierte
der Schriftleiter: „Sie sind
ein bescheidenes Blättchen
geblieben und schämen
sich dessen nicht; sie haben
sich als zäh und lebensfähig
erwiesen und möchten auch
weiterhin der Heimat die-
nen.“
Daß sie unangefochten
Bestand hatten – und bis
heute haben –, daß sie allen
geschichtsbewußten Ostti-
rolern Ergänzung ihres
Wissens bieten, daß sie wis-
senschaftlichen Wert besit-
zen und daß ihr Ansehen in
der Tiroler Geschichtsfor-
schung besteht, ist letztlich
Waschglers Verdienst.
RR Hans Waschgler war
zum Begriff geworden für
Geradlinigkeit, Rechtschaf-
fenheit, Engagement im
Dienste der Mitbürger, im-
mer getragen von einem
nach christlichen Anschau-
ungen handelnden Welt-
bild. Seine Stimme wurde
gehört und vielfach befolgt.
Ganz Osttirol verdankt ihm
viel. Er gehörte zu den be-
deutenden Menschen unse-
res Bezirkes, ja, des ganzen
Landes Tirol. Sein Anden-
ken wird nicht verlöschen.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 10/11 — 63. Jahrgang
Meinrad Pizzinini
Regierungsrat Hans Waschgler zum Gedenken
Regierungsrat Hans Waschgler (1901-1995), Kohlezeichnung
seines Enkels Hannes Neuhold, Lienz.