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Nummer 2/1998
66. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Gerhard zur Strassen
Der Frankfurter Stadtpfarrer,
„der von dem Berge kam“
Zum Wirken Beda Webers (1798 – 1858), Stadtpfarrer zu Frankfurt, und zum Gedenken an seinen Todestag
am 28. Feber 1858, der sich zum 140. Male jährt
„Von der Etsch nicht an die Memel, von
der Etsch nur bis zum Main“ hätte man mit
einem Schuß Ironie ein Jahrhundert nach
Hofmann von Fallersleben reimen können
und zwar zum hundertsten Todestage eines
der bekanntesten und bedeutendsten
Theologen, der im Dome zu Frankfurt die
Messen las, der aber zu den 600 Abgeord-
neten zählte, die das Land zwischen
„Etsch und Memel, zwischen Maas und
Belt“ in der Frankfurter Paulskirche im
Frühling des Jahres 1848 auf- und zusam-
menbrachte. Es war (um auf einen weite-
ren Filmtitel anzuspielen) ein „Frühling,
der ein Winter war“: Wenige Wochen und
Monate danach endete der demokratische
Lenz unter Schüssen und Marschtritt fürst-
licher Füsiliere.
10 Jahre vor seinem Tode war der Ost-
tiroler Benediktiner Beda Weber dem
Rufe nach Frankfurt gefolgt und ver-
tauschte dort wenige Monate später das
Rednerpult mit der Kanzel.
Beinahe hätte man dem hochbegabten
Handwerksburschen zurufen müssen:
„Schuster bleib bei deinen Leisten“, als er
sich nach Beendigung seiner Lehre auf die
Walz begab, wäre er nicht seinem Pfarrer
in die Arme gelaufen, der ihn zurück nach
Hause führte und veranlaßte, daß der
junge Mann lernen durfte. Schon älter als
andere, die „amo, amas, amat“, „quorum,
quarum, quorum!“ mit mehr oder weniger
großer Mühe „ochsten“, holte der „ein-
fache Schusterbub“ in Windeseile den
Stoff mehrerer Schuljahrgänge nach und
studierte in Innsbruck Theologie. Danach
trat er in den Benediktinerorden ein.
Den „Zweiten Bildungsweg“ hatte die
Kirche seit Jahrhunderten mit großem Er-
folg praktiziert, denn bei ihr gab es keine
Bildungsprivilegien.
Frankfurt am Main in einer Ansicht von ca. 1850. In dieser Stadt wirkte der Lienzer P. Beda Weber von 1848 bis zu seinem Tod im
Jahr 1858 als katholischer Stadtpfarrer.
Aufnahme: Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt a. M. (Hermann Nöller)