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trieben, dass es einem seiner geistlichen
Mitbrüder möglich war, die Manuskripte
druckfertig zu machen und somit der
Öffentlichkeit auch diese Teile zugänglich
zu machen. In der gelehrten Welt hatten
die Publikationen des universell gebildeten
Admonter Benediktiners schon längst
einen guten Namen und es war daher nur
folgerichtig, dass er bei der Gründung der
Österreichischen Akademie der Wissen-
schaften im Jahre 1847 schon von Anfang
an als Wirkliches Mitglied in diese Insti-
tution berufen wurde.
Wenige Monate vor seinem Tod hat P.
Albert einem Mitbruder, der auf einer stif-
tischen Pfarre tätig war, zu dessen achtzig-
stem Geburtstag gratuliert und man kann
sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er
damals bereits von Todesahnungen
berührt war, als er schrieb: „Es ist immer
ein süß-bitter Schmerz, jemandem über-
haupt und insonderheit einem alten Freund
zu seinem 80. Geburtstag glückwünschen
zu können. Das erste, weil‘s wahrlich eine
Seltenheit ist und das zweite, wenn man
selbst nicht die Aussicht hat, dasselbe zu er-
leben. Wenn ich mit 70 abschließen darf,
bin ich‘s zufrieden“. – Diese Hoffnung soll-
te sich ihm nicht erfüllen, denn am 6. Juni
dieses Jahres – ebenso wie sein Geburtstag
war auch sein Todestag ein Mittwoch –
starb er, noch keine 63 Jahre alt, im
Admonterhof in Graz. In dieser Stadt, der
langjährigen Stätte seines gelehrten und
administrativen Wirkens, ist er dann auch
auf dem St. Peters-Friedhof zur letzten Ruhe
gebettet worden, in einem Ehrengrab des
Historischen Vereines für Steiermark, des-
sen Mitbegründer er einst gewesen war.
In den Bemerkungen von Zeitgenossen,
von ehemaligen Schülern und Kollegen,
wird Muchar stets als eindrucksvolle Per-
sönlichkeit geschildert. Nicht nur sein um-
fassendes Wissen und seine Sprachge-
wandtheit, sondern auch seine kultivierten
Umgangsformen und sein charmantes We-
sen werden häufig lobend hervorgehoben,
wenngleich es auch nicht an Stimmen
fehlte, die ihm hin und wieder eine „barsche
Biederkeit“ attestierten, die ihm nun einmal
als Tiroler „eigentümlich geblieben“ sei.
Dieser seiner Herkunft aus Tirol hat er
sich auch in späten Jahren immer wieder
erinnert; so etwa in der Vorrede zum ersten
Band seiner „Geschichte der Steiermark“,
wo er ausdrücklich davon spricht, dass
seine Wiege „an den tirolischen Quellen
des Drave-Stromes und an den himmelan-
strebenden Felsen des norischen Pusterta-
les“ gestanden sei, aber im gleichen Atem-
zug darauf verweist, dass ihm die Steier-
mark zur wahren zweiten Heimat
geworden sei. Aus seiner bergumgrenzten
Osttiroler Heimatstadt hat er wohl auch
jene ausgeprägte Vorliebe für die Natur auf
seinen Lebensweg mitgenommen, wie sie
etwa in der Einleitung zu einer historischen
Abhandlung zum Ausdruck kommt, wo er
die Urgewalten der Gebirgsnatur mit dem
Gang der Menschheitsgeschichte ver-
gleicht:
„Hoch oben an den Felsenzinnen der
Alpen ballt sich schwarzes Gewölk zu-
sammen, senkt sich tiefer herab; weit aus-
einander wirbelt die Windsbraut feuer-
sprühende, donnerdröhnende Gewitter;
die Stürme sprengen die Schleusen des
Firmaments, unermeßliche Wasserfluten
stürzen rauschend herab, hunderte Ströme
tosen hochangeschwollen die Täler ent-
lang, schleudern abgerollte Bergmassen
mit Fels- und Baumtrümmern auf ertrag-
reiche Felder und Wiesen und vernichten
in wenigen Stunden den fruchtbaren Fleiß
und den Segen arbeitsreicher Jahrhun-
derte. – Doch die mächtige, sinnige Natur
verwandelt bald wieder durch Luft, Wärme
und Licht den wüsten Schauplatz ihrer
Zerstörung in eine humusreiche Erdmasse
um und kleidet sie mit augenerfrischender
grüner Matte, und nach wenigen Jahren
wogen die Goldwellen üppiger Getreide-
felder von neuem an derselben Stelle. –
Wie in der ewig gerechten Natur, so ist es
auch im Strome der Zeiten, im Leben der
Völker, in der Geschichte.“
Mit diesem eindrucksvollen sprach-
lichen Bild aus Muchars Feder dürfte nun
der richtige Augenblick erreicht sein, um
einen Schlußpunkt hinter jene Würdigung
zu setzen, die ich meinem prominenten
Amtsvorgänger, dem Altmeister der steiri-
schen Landesgeschichte, hier in seiner
schönen Geburtsstadt anlässlich seines
150. Todestages erweisen durfte. Im
Rückblick darf ich zusammenfassend
noch festhalten, dass Muchars Ruhm als
Geschichtsforscher nicht so sehr aus sei-
nem beruflichen Wirken im eigentlichen
Sinn resultierte, als vielmehr aus einer Be-
schäftigung, der er seine gesamte Freizeit
gewidmet hat. Dass er diese Beschäftigung
nicht auf dem Niveau eines Dilletanten,
sondern höchst professionell und kompe-
tent betrieben hat, ist auch heute noch an
seinem umfangreichen wissenschaftli-
chen Werk ablesbar. Dass er diesen Ruhm,
den er sich als Altmeister der steirischen
Landeshistorie erworben hat, zum nicht
geringen Teil seiner früheren Tätigkeit als
Stiftsarchivar zu verdanken hatte, erfüllt
mich, als seinen späten Nachfolger,
natürlich mit Freude und Genugtuung.
Quellen- und Literaturhinweise zu Muchars Leben
und Werk (Auswahl)
Muchars handschriftlicher Nachlass befindet sich im
Admonter Stiftsarchiv. Seine umfangreichen Vorarbeiten
für die geplante Stiftsgeschichte sind späterhin von P. Gre-
gor Fuchs für dessen „Kurzgefaßte Geschichte des Bene-
diktiner-Stiftes Admont“ (zwei Auflagen, Graz 1856 und
1859) verwertet worden. – Über die große Zahl von Muchars
Briefen orientiert die folgende Übersicht: Adalbert Krause
(Hrsg.). Aus Albert von Muchars Briefen an seinen Freund
Benno Kreil (Auszüge mit Kommentar), Graz 1949. – Die
ausführlichste Darstellung von Muchars Leben und Werk
bietet immer noch: Franz Rohracher, Albert von Muchar –
ein Lebensbild. In: Studien und Mitteilungen aus dem
Benediktinerorden und seiner Zweige NF 4 (1914), S. 313-
344 und 409-438. – Aus der neueren Literatur sei nur ge-
nannt: Friedrich Hausmann, Albert Muchar, sein Weg zur
Geschichtswissenschaft und seine „verlorene“ Geschichte
des Stiftes Admont. In: Hermann Wiesflecker und Othmar
Pickl (Hrsg.), Beiträge zur allgemeinen Geschichte. Fest-
schrift für Alexander Novotny, Graz 1975, S. 61-77 (mit
Verzeichnis der älteren Literatur).
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
67. Jahrgang –– Nummer 7
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer:
Dr. Johann Tomaschek, Archivar des Benedik-
tinerstiftes
Admont,
A-8911
Ad-
mont/Steiermark.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pi-
zzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
Porträt
Albert von
Muchars
als Sche-
renschnitt,
angefertigt
von
seinem
Admonter
Mitbruder
P. Gerald
Lehnert,
1844/45.
Original
und Rep.
Benedik-
tinerstift
Admont
Ge-
burts-
haus
Anton
(Albert)
von
Mu-
chars in
Lienz,
Mu-
char-
gasse
13,
an dem
eine
Gedenk-
tafel
ange-
bracht
ist.
Foto:
Manfred
Gasser