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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
24. NOVEMBER 2014
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Es gibt so vieles zu erzählen!
Herbert Guggenberger,
Kreuth bei Kötschach-Mauthen:
Eigentlich wollte Herbert Guggenberger nur noch einige Gedanken zum alten Brauch der „Allerheiligenstriezeln von Mau-
then“ loswerden, über die der „Oberkärntner Volltreffer“ vor kurzem berichtete. Doch dann stellte sich heraus, dass der
fast 80-Jährige noch viele andere Dinge zu berichten weiß.
IndemBauernhof vlg. Röthen-
bauer hoch über Kötschach-
Mauthen liegt „asou geats“
auf dem Tisch. Die „Zaiting
van Circul Kultural va Tischl-
bong“. Die Zeitung vom Kul-
turkreis von Tischlbong, dem
heutigen Timau jenseits des
Plöckenpasses. Hier hat sich
ein alter Dialekt erhalten, den
Guggenberger gerne mag.
Wegen dem er immer wieder
über die Grenze fährt, um ihn
zu hören. „Tischlbongerisch –
das man als tischlwongerisch
ausspricht – ist eigentlich der
Gailtaler Urdialekt“, erzählt
Guggenberger. Laut Wikipe-
dia „a südboarischer Dialekt,
der wou a oide Mischform
aus de Kernta und Osttirola
Dialekt is“. Da heißt es dann:
„Van otobar a(u)f is cleach-
ta beitar lottuns chaan vriid
unt da schana bearnt oiabai-
la greasar“ was soviel heißt
wie: „Ab Oktober lässt uns
das schlechte Wetter keinen
Frieden und die Schäden wer-
den immer größer“. Nach einer
Einführung in das „Tischlbon-
gerische“ erzählt Guggenber-
ger dann die Geschichte vom
„Tischlbonger Weibile“ und den
Allerheiligenstriezeln.
A Bietschile für mi
und für mei Gitschile
Das Bitten um die Striezeln wur-
de mit dem Sprüchlein „Bitt gor
schean um a Bietschile (We-
ckerl) für mi und für mei Gitschi-
le“ vorgetragen. Darauf gab es
je nach Bedürftigkeit und nach
Freigiebigkeit der Besitzer die-
se „Bietschilan“. Dieser alte Aus-
druck ist noch teilweise im Le-
sachtal sowie auch in Tischlbong
(Timau) bekannt. Die so Be-
schenkten bedankten sich mit:
„Vergelt‘s Gott in Himml aufn
oder 1.000 Mal Vergelt‘s Gott,
Vergelt‘s Gott“. Diese Vergelt‘s
Gott waren den Verstorbenen
und Armen Seelen gewidmet,
damit sie früher erlöst würden.
Bei einem Bauer in Kreuth ob
Kötschach kam am Allerseelen-
tag eine Frau aus Tischlbong
um „Bietschilan“ zu bitten. Die
Bäuerin war in Kötschach am
Friedhof, so ging halt der Bauer
ins Gewölbe (alte Bezeichnung
für eine dunkle, kühle Speise-
kammer) und brachte etliche
Striezeln. Irrtümlich war auch
das daneben gelagerte Dampfl
(Sauerteig) dabei. Die Frau be-
dankte sich mit den vielen
Vergelt‘s Gotts und ging. Bald
darauf kam sie zurück. In den
Händen hielt sie das Dampfl und
gab dieses dem Bauer zurück
mit den Worten: „Ober Herr,
do hom se ma oba gebn in Vota
vom Broat“. Wahrscheinlich hat-
te sie den Begriff Dampfl auf
Deutsch nicht gekannt. Nach
raschem Umtausch war der
Fehler sofort wieder behoben.
Wie der Nikolaus zum
Namen „Herbert“ kam
Seit 55 Jahren ist Herbert Gug-
genberger mit seiner Frau Anni
verheiratet. In ihrem ersten Ehe-
jahr, erzählt er, kam Anfang De-
zember eine Nachbarin mit der
Bitte, ihr einen Korb zu leihen.
„Unsere Kinder kennen unsere
Körbe, und sie sollen ja nicht
wissen, dass der Nikolaus nur
verkleidet ist“, erklärte sie. Es
ergab sich dann, dass Herbert
als Nikolaus und seine Frau als
„Bartl“ zu den Nachbarn ge-
hen sollten, damit die Kinder
gar nicht auf die Idee kamen,
an der Echtheit des Nikolaus zu
zweifeln. Die Nachbarin legte
vier gleiche Säckchen für die
Kinder in den Korb und ver-
riet, dass etwas, das ganz un-
ten im Korb liege, als Danke
für das Nikolaus-Spielen sei.
Als die Guggenbergers dann
in der Stube ankamen, wa-
ren die Kinder ganz andächtig.
„Mei, hobn de schnell gebe-
tet“, lacht Guggenberger. „Die
beiden Mädchen haben hinten
aufghört und vorn wieder an-
gfangen!“ Das Kleinste schau-
te verdutzt – aber der größte
Bub schien bereits etwas miss-
traurisch zu sein. Als die Ge-
schenke verteilt waren, ent-
deckte Guggenberger im Korb
noch eine Schüssel mit Keksen
und Nüssen. Da griff er hinein,
gab eine Handvoll dem Groß-
vater, eine Handvoll dem Va-
ter, eine Handvoll der Mutter –
da rief die ganz laut: „Nit, Her-
bert, de sein jo für euch!“ Und
so war ungewollt – trotz aller
Heimlichtuerei – die Identität
des Nikolaus geklärt.
Während Herbert Guggenber-
ger die eine Geschichte erzählt,
fällt ihm schon die nächste ein.
So manche Begebenheit wird
sicher noch im „Oberkärntner
Volltreffer“ zu lesen sein!