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PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2014
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Klasse im Jahr 1946 sogar auf
den Roten Turm“, erzählt die
Autorin, die damals ins Lienzer
Gymnasium ging.
Botanikstudium
Schon früh setzte sie sich in
den Kopf, Botanik zu studieren.
„Seit meinem elften Lebensjahr
war der Wunsch da“, schmunzelt
sie. Der Wunsch erfüllte sich
dann in Wien. Ihre Dissertation
schrieb sie im Fachbereich Pflan-
zensoziologie in den Lienzer
Dolomiten. „Österreich mit Aus-
nahme der Karawanken war da-
mals noch Neuland für die Pflan-
zensoziologie.“ Als Standort für
ihre Arbeiten wählte sie die
Kerschbaumeralm, ein Schutz-
haus des Alpenvereins auf ca.
1.900 m. „Der Weg dorthin mit
vollem Rucksack über den
Goggsteig war für mich be-
schwerlich und lang. Schwierig
auch die Versorgung der Hütte,
die der Wirt mittels eines kleinen
Kosakenpferdchens meistern
konnte. Seine Frau hatte mich ins
Herz geschlossen und dachte, sie
müsse mich mit einem Heiden-
sterz in aller Herrgottsfrüh vor
dem Verhungern während der
täglichen Strapazen im Gelände
retten“, erzählt die Autorin.
Rudl Eller
Sie begegnete dort in den Ber-
gen auch dem legendären Berg-
steiger und Kletterer Rudl Eller.
„Er hatte nur einen kleinen
Rucksack mit. Ich war neugierig
und fragte ihn, was er denn zu
essen mithabe. Er zeigte mir
dann ein Scherzel harten Bau-
ernbrotes. Dazu trank er Quell-
wasser. Die Nachkriegsjahre
waren ernährungsmäßig ja
immer noch nicht leicht in
Österreich. Meine Mutter
schickte mir manchmal ein klei-
nes Päckchen mit Esswaren
hinauf zur Kerschbaumeralm.“
Nach zwei Sommern hatte sie
die Vegetation der Lienzer Dolo-
miten oberhalb der Baumgrenze
gründlich erforscht. Nach der
Promotion in Wien im Juli 1952
lernte sie viel während eines
Postdoktorates beim Gründer der
Pflanzensoziologie, Dr. Josias
Braun-Blanquet, in Montpellier.
„Er war ein fabelhafter Lehrer.
Mein Mann Sandro, den ich dort
kennenlernte, und ich gehören
jetzt wahrscheinlich noch zu
seinen letzten Schülern.“
Der Autor ist gebürtiger Vene-
zianer, den sie im Dezember
1956 heiratete. Das gemeinsame
Leben begann in Pavia, dann
folgte Padua und ab 1961 Triest.
Und die gemeinsame Liebe zur
Pflanzenwelt, schweißte sie noch
enger zusammen. Sie verbrach-
ten schon bald längere Perioden
während der Sommermonate in
den Dolomiten. Von 1962 bis
1968 wurden ihre fünf Kinder
Johannes, Laura, Giuseppe, Eu-
genio und Francesco geboren.
Ein fixes Standquartier blieb oft
auch Lienz mit Großmutter
Hanna. „Wir wanderten mit den
Kindern ebenso viel in den Do-
lomiten. Diese Wanderungen ge-
hören zu den schönsten Erinne-
rungen der ganzen Familie.“
Wehmut
Die beiden lehrten als o. Univ.-
Professoren an der Universität
Triest Botanik und Pflanzengeo-
graphie. „Ich bis zur Pensionie-
rung.“ Der Ehemann wurde ab
1982 als o. Prof. der Ökologie an
die Universität La Sapienza nach
Rom berufen und ist jetzt Prof.
emeritus. „Wir sind inzwischen
an unserem Lebensabend ange-
kommen, und es erfüllt uns mit
ein bisschen Wehmut, aber auch
mit Dankbarkeit für die in den
Dolomiten erlebten Sternstun-
den, dass wir uns die Berge jetzt
nur mehr von unten anschauen
können“, so die Autoren, die
allerdings zwischen Triest und
Rom hin- und herpendeln und
nicht müde werden, weiterzufor-
schen. So plant Prof. Sandro Pi-
gnatti die Herausgabe der zwei-
ten Auflage der „Flora d‘Italia“,
ein großes Werk in vier Bänden.
Die Ehefrau gab kürzlich mit
einem Mitarbeiter ein Buch über
die Vegetation von 53 archäolo-
gischen Zonen in Rom und in
der Campagna Romana heraus.
„Und dann möchten wir noch
über die Pflanzenwelt der west-
australischen Wüsten schreiben,
die wir während drei unserer
zwölf Forschungsreisen in Wes-
tern Australia äußerst faszinie-
rend erlebten.“ Martina Holzer
Dolo-
miti -
Poten-
tilla
delle
Dolo-
miti.
Dolo-
mit
Passo
Por-
doi.
Raponzolo delle Dolomiti.
Fanes Piccola.
Fotos: Vito Zingerle
Bergwiese vor Heilgkreuzkofel.
Foto: Thomas Wilhalm