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Außer den beiden Anklagepunkten:
„Wehrkraftzersetzung und Feindbegünsti-
gung“, wurde P. Edmund auch wegen
„Devisenschiebung,
Rundfunkverbre-
chens und weil er bei der Gründung unse-
res Großdeutschen Reiches nach Ungarn
geflüchtet war“, verurteilt und dafür mit
dem Tode bestraft.
Ein Zellengenosse des P. Edmund,
Alexander Ritter von Negrelli, schrieb
über den Leidensweg des „Kameraden
Pontiller“ folgenden Brief (auszugsweise):
„In Ihrer Ausgabe vom 25. Oktober 1945
habe ich eine Lokalnotiz aus Stadl-Paura
gelesen, die auf den Tod des P. Edmund
Pontiller bezug nimmt. Ich möchte Ihnen
hiezu ergänzen, daß ich selbst Todeskandi-
dat, vom Wachpersonal, wenig zartfühlend
,Köpfler‘ benannt, mit P. Pontiller vor und
nach seiner Verurteilung in einer Zelle ge-
meinsam untergebracht war. Kamerad
Pontiller kam am 14. Oktober 1944 in mei-
ne Zelle. Außer mir befand sich noch ein
Franzose, Louis Genniach, und ein 18-jähri-
ger Rheinländer darin, dessen Aufgabe es
war, uns zu ,bespitzeln‘. Eine Stunde nach
der Verhandlung war P. Pontiller ,umge-
kleidet‘ und mit Fesseln versehen, die er bis
zu seiner Todesstunde tragen mußte, Tag
und Nacht. Geistlicher Zuspruch wurde ihm
verweigert, Bibel, Brevier und Rosenkranz
abgenommen. Der französische Kommunist
Genniach linderte ihm in der ersten qual-
vollen Nacht die schmerzenden Hände und
Arme durch ein paar Tropfen kühlenden
Wassers. Linde strich er ihm über das Ant-
litz und sagte: ,Ich sterbe, weil gegen Gott,
Du sterben, weil für Gott, Alexander
(Negrelli) sterben, weil gegen Hitler, tau-
sende draußen sterben, weil für Hitler. In
Deutschland nur immer sterben, alles ster-
ben, weil Führer so will‘.
So trug Kamerad Pontiller sein Los in
Ergebenheit und grenzenloser Hingabe an
seinen Heiland. Beim Verlassen der Zelle
umarmte er mich [Negrelli] ein letztes Mal
und bat mich, seine geistlichen Oberen es
wissen zu lassen, daß er demütig und im
festen Glauben an Gott und mit der Bitte
um Verzeihung für seine Richter, in den
Tod gegangen sei.“
An seinem Todestage, 9. Feber 1945,
hatte man P. Edmund nach München zur
Hinrichtung durch Enthauptung über-
stellt. In Berlin hatte es um diese Zeit zwar
nicht an Todesurteilen, wohl aber an
Scharfrichtern gemangelt. An seine Abtei
schrieb er: „Das Todesurteil wird heute 16
Uhr vollstreckt werden. Ich habe nur eine
Antwort auf diese Ankündigung: Herr,
Dein Wille geschehe! Priester sein, heist
Opfer sein! Heute muss ich es im
wahrsten Sinne des Wortes sein. Ich will
mein Leben opfern für die großen Anlie-
gen unserer Zeit und auch meines Klo-
sters. Ich hoffe von Gottes Barmherzigkeit
ein gnädiges Urteil. Ich verzeihe allen und
jeden und hoffe von Gott Verzeihung mei-
ner Sünden und Fehler.“
Seiner Schwester „Moidl“ wurde mitge-
teilt, dass die Hinrichtung „ohne Zwi-
schenfall“ verlaufen und die Veröffent-
lichung einer Todesanzeige verboten sei.
Der Geistliche, der Pater Edmund letzt-
lich seelsorglichen Beistand geleistet hatte,
schrieb am 13. Feber 1945 an die Schwe-
ster „Moidl“: „Der Glaube an das Weiter-
leben bei seinem Herrgott und an das Wie-
dersehen bei ihm mit allen seinen Lieben,
ließ ihn leicht und friedlich sterben.“ Die
Frage, ob er einen Abschiedsbrief ge-
schrieben habe, beantwortete er: „Meinen
Oberen habe ich geschrieben, meiner lieben
Schwester schreiben Sie, bitte, ich bringe es
nicht über mich, ihr das mitzuteilen. Hier-
aus ersehen Sie, wie gern er Sie hatte.“
1962 bzw. 1987 wurden die Gebeine des
P. Edmund zum Teil nach Niederaltaich
bzw. nach Dölsach überführt. In der Döl-
sacher Pfarrkirche wurde eine Gedenktafel
angebracht und am 23. Mai 1987 von
Bischof Dr. Reinhold Stecher gesegnet.
Seither brennen an den Ruhestätten stän-
dig Kerzen. Sie werden von Betern zu P.
Edmund um Fürsprache im Himmel ent-
zündet. Nach Niederaltaich werden sogar
Pilgerwallfahrten unternommen, und nach
Dölsach war am 25. Feber 1995 eine große
Gruppe junger Menschen aus Ungarn ge-
kommen, die vor dem Metallschrein über
100 Kerzen aufleuchten ließen.
Im Nachruf für P. Edmund heißt es:
„Wenn feststeht, daß jemand letztlich um
Christi willen sein Leben hingab, dann
wissen wir, er ist ein Heiliger bei Gott und
wir dürfen um seine Fürbitte bei Gott bit-
ten – nun auf Wiedersehen in der ewigen
Heimat, P. Edmund, bitte für uns!“ Ein
Schüler des P. Edmund ließ ein Erinne-
rungskärtchen drucken mit den Worten:
„Lasset uns danken dem Herrn, unserm
Gott ... für P. Edmund Pontiller OSB,
durch den mich Gott berufen hat, …“
Die Republik Österreich rehabilitierte
P. Edmund mit der Aufhebung des
Todesurteiles durch das Landesgericht
Wien am 29. September 1998 und ehrte
ihn post mortem mit der Verleihung des
„Ehrenzeichens für Verdienste um die Be-
freiung Österrreichs“! So möchte auch ich
mit den Worten schließen: „P. Edmund,
bitte für uns – Ehre deinem Andenken.“
Die Autoren der Aufnahmen sind nicht
bekannt. Alle Originalfotos im Besitz
des Verfassers. – Original des Briefes vom
9. Feber 1945 im Kloster Niederaltaich.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 2
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer:
Michael Pontiller, Bezirksgendarmeriekom-
mandant i. R., A-9900 Lienz, Schloßgasse 42.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pi-
zzinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.
P. Edmund Pontillers letzter Brief, geschrieben im Gefängnis zu München an seinem
Todestag, 9. Feber 1945. Der Brief ist an seinen Ordensoberen in Niederaltaich ge-
richtet.