Seite 4 - H_2000_03

Basic HTML-Version

Brustharnisch und aufgebauschtem Um-
hang, halten das Schweißtuch der Veronika
und eine Schale mit Krug aus der Fuß-
waschungsszene, beidseitig des Baldachins
finden sich Symbole aus der Passion
Christi: links Leiter mit Schwert und Ohr,
Laterne, Geldbeutel, Nägel, Würfel und
Gewand, rechts Geißelsäule mit Hahn,
Kette, eiserner Handschuh, Fackel, Geißel,
Stock und Rohrkolben. Auf dem historis-
tischen Tabernakel steht ein Kruzifix mit
übergehängtem Tuch und mehrzeiligem
Titulus, Lanze, Stange mit Schwamm,
Hammer und Zange, davor eine dem ge-
läufigen Kompositionsschema verpflich-
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer:
Dr. Reinhard Rampold, Bundesdenkmalamt,
Landeskonservatorat für Tirol, A-6020 Inns-
bruck, Burggraben 31.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Piz-
zinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 3
tete Pieta, die von zwei Kerzenleuchter hal-
tenden Putten flankiert wird.
Aus der Zeit der Regotisierung der Kir-
che stammen auch das mit Maßwerkdekor
versehene Chorgestühl und die Betbänke
im Kirchenschiff, während die Bänke in
der Seitenkapelle noch barockisierend aus-
geschwungene Wangen aufweisen.
Von der Funktion der Kirche als Zentrum
einer regional beschränkten Wallfahrt
künden noch heute die auf einem Reli-
quiensockel stehende, aus der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts stammende,
wohl von Johannes Vierli 1673
20
ge-
schnitzte Statuette des hl. Antonius von
Blick auf die Eingangsseite der Kirche mit der Empore.
Außenansicht der in den Jahren 1993 bis 1998 restaurierten
Filialkirche zum hl. Antonius von Padua in Anras.
Anmerkungen:
1 Pizzinini, Osttirol, 1974, S. 109
2 Nach Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171 scheint
diese Notiz in einem Visitationsprotokoll aus dem Jahre
1653 auf.
3 „Am Feste des neuen Kirchenpatrons wallfahren die
Abfaltersbacher, am Vorabend des Margarethen-
Tages die der alten Patronin treu gebliebenen Tilliacher
zu diesem Heiligtum.“ (Hochenegg, Kirchen, S. 276.)
Nach Gugitz (a.a.O., S. 6) galt das am Margarethentag
geweihte Margarethenwasser als heilkräftig.
4 Über die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Bru-
derschaft gibt ein vor 1800 unter dem Titel „Kurzer Be-
richt derjenigen Stück und Regeln, welche die Brüder
und Schwestern der 1717 neu aufgerichteten Bruder-
schaft des hl. Antoni von Padua in der Pfarre Anras des
Bistums Brixen u. desselben hochfürstlicher Herrschaft
zu verichten u. der heil. Ablaß, so sie zu genießen
haben, sammt dem Responsori, den drey Fußfällen, zwo
Litaneyen u. etlichen Gebethern zu dem heil. Antoni
von Padua.“ gedrucktes Büchlein Auskunft. Die Bru-
derschaft entging zwar dem Aufhebungsdekret Kaiser
Josephs II., ihr Vermögen wurde jedoch 1813 jenem der
Pfarrkirche einverleibt, weshalb seither die Pfarre für
die Erhaltung der Filialkirche aufkommen musste.
5 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 172.
6 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171 f.
7 Vgl. hierzu die diesbezügliche Abhandlung bei Sinna-
cher, Geschichte, III. Bd., Brixen 1823, S. 161-171.
8 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171.
9 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171.
10 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 172.
11 Datierung im Rundfenster der Westfassade.
12 Akten des BDA Wien, Zl. 5219/D. Im Zuge dieser
Maßnahmen wurden auch die Renaissancemalereien im
Gewölbe entdeckt, anschließend jedoch wieder über-
tüncht.
13 Akten des BDA Innsbruck, Zl. 1381, 1991 ff.
14 Maister, Anras, 1925, Heft 7, S. 108.
15 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171.
16 Restaurierbericht der Fa. Pescoller Werkstätten KG aus
dem Jahre 1997, Akten des BDA Innsbruck, Zl.
1381/32.
17 Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt, Innsbruck,
Archiv, Bestellbuch 1928, Blatt 1, 2, 3
18 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 172.
19 Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Bd.
Tirol, Wien 1980, S. 160.
20 Maister, Anras, 1925, Heft 11, S. 171 f.
21 Pizzinini, Osttirol, 1974, S. 109.
Quellen und Literatur:
Akten des Bundesdenkmalamtes (BDA) Innsbruck, Zl.
1381 – Akten des BDA Wien, Zl. 5219/D – Pfarrarchiv
Anras, Fasc. IX – Kulturberichte aus Tirol (KBT) 1993,
375/376, S. 45 – KBT 1994, 381/382, S. 43 – KBT 1996,
393/394, S. 82 – KBT 1997, 399/400, S. 94 f. – Tiroler
Glasmalereianstalt Innsbruck, Archiv – Tiroler Kunst-
kataster, Aufnahmeblätter zur Gemeinde Anras, bearbeitet
von A. Baumann (Oktober 1990) und H. Waschgler (1966).
Sinnacher, Franz Anton, Beyträge zur Geschichte der bi-
schöflichen Kirche Säben und Brixen in Tirol, III. Bd., Bri-
xen 1823, S. 161 bis 171 – Tinkhauser, Georg, Topogra-
phisch-historisch-statistische Beschreibung der Diözese
Brixen, Erster Band, Brixen 1855, S. 593 – Maister, Karl,
Anras, Geschichte eines alten Pfleggerichtes und einer alten
Pfarre, in: Osttiroler Heimatblätter 7 – 12/1925, 3/1926 –
Hochenegg, Hans, Die Kirchen Tirols, Innsbruck 1935, S.
20 – Gugitz, Gustav, Österreichs Gnadenstätten in Kult und
Brauch, Bd. 3: Tirol und Vorarlberg, Wien 1956, S. 6 –
Weingartner, Josef, Die Kunstdenkmäler Osttirols, Inns-
bruck 1958, S. 20 – Pizzinini, Meinrad, Osttirol. Der Bezirk
Lienz. Seine Kunstwerke, historischen Lebens- und Sied-
lungsformen (= Österreichische Kunstmonographie, Bd.
VII), Salzburg 1974, S. 108 f. – DEHIO-Handbuch, Die
Kunstdenkmäler Österreichs, Bd. Tirol, Wien 1980, S. 160 f.
– Hochenegg, Hans, Bruderschaften und ähnliche religiöse
Vereinigungen in Deutschtirol bis zum Beginn des zwanzig-
sten Jahrhunderts (= Schlern-Schriften 272), Innsbruck 1984,
S. 41 – Gobiet, Antonia, Beiträge zur Altarbaukunst des 19.
Jahrhunderts in Tirol, Phil-Diss., Innsbruck 1994, S. 123.
Padua und die sieben erhaltenen, volks-
kundlich bedeutsamen Votivbilder. Darüber
hinaus verfügt die Kirche über einen aus fünf
Bildern bestehenden, aus der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden
Passionszyklus und einen aus sieben Bildern
bestehenden, in die zweite Hälfte des 19.
Jahrhunderts zu datierenden Zyklus der Sie-
ben Schmerzen Mariens. Historisch bedeut-
sam ist ein Grabstein aus weißem Marmor
von 1735 für den kaiserlichen Offizier Ernst
August Freiherr von Nizzi aus Hannover, der
in der Armee Kaiser Karls VI. gedient hatte
und auf dem Rückzug in Anras verstorben
ist
21
. Inschrift: „HIC JACET / ILLUSTRIS-
SIMUS DOMINUS / ERNESTUS AU-
GUSTUS / LIBER / BARO / ANIZI / HAN-
NOVERANUS / S. CAES. MAIESTATIS /
CENTURIO.
/
QUI
XI.
AUG.
MDCCXXXV / HIC RENTINO CASU
OBIIT / REQUIESCAT IN PACE.“
Nicht unerwähnt bleiben darf auch das
Mobiliar der durch ein Spitzbogenportal mit
abgefastem Steingewände erschlossenen, mit
einem Kreuzgratgewöbe versehenen Sakris-
tei, das im Stil der Spätrenaissance ausge-
führt wurde und mit ornamental angelegter
Schablonenmalerei und Kammzugmalerei
versehen ist.
* Gekürzte Fassung des Beitrages für den in Bearbeitung be-
findlichen Band über den Bezirk Lienz, der Österreichischen
Kunsttopographie, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt.
Alle Aufnahmen Bundesdenkmalamt,
Inge Kirchhof, Wien.