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neuen Wein dazu und guten Kochre-
zepten.
Edelkastanie (Castanea sativa), auch
Maronibaum oder Esskastanie genannt,
gehört mit allen Arten von Buche und
Eiche zur Familie der Buchengewächse
(Fagaceae).
Von den fünf Arten dieser Pflanzengat-
tung lebt eine in Japan (C. crenata), eine
zweite recht verbreitet in den USA (C.
dentata), in Ostasien: China, Korea, Tai-
wan (C. mollisima) die nächste wieder in
den USA vom Norden bis Florida und
Texas (C. pumila) und schließlich unsere
Art (C. sativa): Südeuropa, südliches
Mitteleuropa, Vogesen, Kleinasien, Kau-
kasus, Kaspisches Meer, Algerien; in
Westeuropa und im nördlichen Mittel-
europa eingebürgert. – Als Obstbaum kul-
tiviert in Österreich, scheinbar nirgends ur-
sprünglich heimisch, die gute Bienenweide
fehlt scheinbar in Salzburg, bevorzugt
kalkarme Böden der Laub-Eichen-Föh-
renwälder, recht selten in Tallagen.
An den Blättern ist der Baum gut kennt-
lich: schmal-lang, lederig, oberseits glän-
zend, unten matt, kahl. Die männlichen
Blütenstände aufrecht und ährenförmig,
schlank, bis 20 cm lang, gelbweiß und
stark riechend; die weiblichen Blüten fin-
den sich am Grunde der männlichen Blü-
tenstände, werden durch Insekten bestäubt
nach Nektarproduktion. Jungbäume bilden
recht lange keine Blütenstände aus.
In Osttirol nur sehr wenige Angaben:
Abfaltersbach-Geselhaus beim Haus
Möst, Lienz-Friedensiedlung im Garten
der Fam. Deutschmann, Gaimberg beim
Grißmann-Bauern (Fam. A. Duregger) zu-
mindest drei Bäume mit recht kleinen
Früchten etwa 1965 noch gesehen, inzwi-
schen gefällt.
Ein junger, gut blühender Jungbaum im
Stadtgebiet beim Haus Lugger (Adlerst-
überl), in letzter Zeit sind einzelne End-
zweige vertrocknet und dann entfernt wor-
den, gut geht es dem Bäumchen offenbar
nicht.
Möglicherweise stehen noch einzelne,
unbekannte Exemplare im weiteren Lien-
zer Talboden. Der nächste Fundort im
Kärntner Drautal findet sich in Kersch-
baum bei Greifenburg.
Fleischrote Roßkastanie
(Aesculus x
pavia):
Kronblätter rosa, Winterknospen nicht
klebrig, Frucht glatt und weniger stachelig.
Als Zier- und Parkbaum kultiviert: eine
Kulturhybride zwischen den Arten Aescu-
lus hippocastanum, Weiße Roßkastanie
und A. pavia, Rote Roßkastanie. In Osttirol
z. B. mehrere Bäume beim Bahnhof Lienz,
ein junger Baum bei Kienburg/Huben.
Weiße oder Europäische Roßkastanie
(Aesculus hippocastanum):
Kronblätter weiß, Saftmal anfangs gelb
später purpurrot, Winterknospen klebrig,
Frucht stachelig. Häufig kultivierter Zier-
und Alleebaum (in Wien erstmals 1576),
schattenspendender Baum in Gastgärten,
vereinzelt verwildert.
Teile der Pflanze finden mehrfach Ver-
wendung in der Volksarzneikunde, Phar-
mazie und Homöopathie, die Samen in der
Wildfütterung.
Die
Makedonische Roßkastanien-
Miniermotte
(Cameraria ohridella), (Fa-
milie: Gracillariidae: Miniermotten)
wurde kurz 1998 in den Ostt. Heimatbl.
66(4) vorgestellt. Sie ist aus dem Lienzer
Stadtgebiet seit Herbst 1994 bekannt und
hat sich seitdem sehr rasch verbreitet. Im
Herbst 1998 wurden im Drautal genauere
Zählungen zusammen mit Dr. K. Hellrigl,
Brixen, durchgeführt und diese Ergebnisse
1999 für alle Täler erweitert. Die Besich-
tigung und Beurteilung des Befalls er-
folgte zwar möglichst vollkommen, ein-
zeln stehende Bäume sind möglicherweise
unbekannt geblieben. Die Ergebnisse
werden gekürzt bekannt gegeben:
1998:
Winnebach/Grenze: kein Baum; Arn-
bach: 6 Bäume, davon einer mit wenig re-
zenten Minen; Sillian: ein Baum mit
wenig Befall; Panzendorf: 3 Bäume mit
zahlreichem Blattbefall; Strassen: 12
Bäume, davon nur der östlichste mit ge-
ringem Minenanteil (vielleicht Anzeichen
für Windverbreitung aus dem Raum
Lienz); Abfaltersbach: unter mehreren nur
ein Baum mit starkem Befall; Mittewald:
wenige Bäume mit einzelnen Minen;
Thal/Aue: keine Roßkastanie; Leisach:
wenige Bäume am Ostrand, nur einzelne
Blätter mit Minen und viel Pilzbefall;
Lienz-Stadt: viele Bäume mit starkem
Mottenbefall und Pilzspuren; Iselsberg,
schon im Lande Kärnten, 1.204 m, 3
Bäume mit einzelnen Minen.
Angrenzendes Kärnten: Iselsberg
(1.204 m), Oberdrauburg und Gailberg-
Sattel (1.997 m): im Tal sehr starker Be-
fall, in 1.000 bzw. 1.200 m nur vereinzelte
Minen, am Iselsberg zugleich der derzeit
höchst bekannte Standort dieser Bäume,
nachdem in Kartitsch (1.360 m) ein Baum
im Ortsbereich wegen Bauarbeiten gefällt
worden sein soll. (Mitt. von Prof. Al.
Außerlechner).
1999:
Osttirol: Lienzer Talboden: zunehmend
stärkerer Befall vor allem älterer Bäume,
meist in unteren Bereichen beginnend,
zahlreiche Bäume beobachtet. Interessan-
terweise auch Befall der Fleischroten Roß-
kastanie am Bahnhof-Lienz: 11 Bäume
mit vereinzelten Minen am 25. 8. 1999,
also zweite Generation, dazu umfangrei-
cher Pilzbefall der Blattränder, entspre-
chend dem reichen Blütenstand auch
schön ausgebildete Früchte und Samen.
Der Befall dieser Kulturhybride wurde oft-
mals negiert, allerdings ist der Befalls-
druck mitten im Stadtgebiet scheinbar der-
art groß, dass auch diese Art als geschä-
digte einbezogen werden muss. –
Tristacher See: 3 Bäume beim Hotel mit
mäßigem Befall im untersten Bereich, kein
Befall an benachbartem Berg-Ahorn, dort
nur vereinzelte Teerfleckenkrankheit be-
obachtet. – Bannberg in Thal/Assling: nur
ein junger Baum bei der Kirche mit ver-
einzeltem Befall an der Basis am 4. 9.
1999, bei 1.268 m vielleicht bleibender
Höhenrekord. – Iseltal: Weiherburg bei
Ainet, starker Befall an 3 Bäumen, vor
allem beim östlichsten, am 29. 7. 1999
nachmittags außerordentlich starker Flug,
wie ein Mückenschwarm, laut Aussage
des Wirtes erst im Jahr 1999 so auffällig;
St. Johann beim Gh. Moar im Wald, deut-
licher Befall an mehreren Blättern; Kien-
burg bei Huben, ein junger Baum von
Fleischroter Roßkastanie, am 25. 9. 1999
kein Befall durch Motten, nur vereinzelte
Pilze, Einzelfrucht mit glatter Schale;
Huben beim ehemaligen Gh. Taferner, ein
Baum mit mäßigem Befall; Matrei: Rau-
terplatz, 2 Bäume mit nur vereinzelten
Minen. – Virgental: Mitteldorf, 1 Baum
mittleren Alters mit vereinzeltem Minen-
anteil im untersten Bereich; Virgen-Ort, 7
Jungbäume ohne Mottenminen, nur Pilz-
flecken am distalen Bereich der Einzel-
blättchen.
Keine Beobachtungen:
Villgratental
(26. 7. 1999: Außervillgraten, Innervill-
graten, Kalkstein); Defereggental (2. 8.
1999: Hopfgarten, St. Veit, St. Jakob, Erls-
bach) und im Kalsertal: (1. 8. 1999: Sta-
niska, Kals-Dorf, Großdorf) wurden
keine Kastanienbäume beobachtet.
Die Bekämpfung dieser speziellen Gra-
dation ist durch Insecticide grundsätzlich
möglich, aber nicht länger wirksam, denn
die Überwinterung der Tiere findet in den
Blättern auf dem Boden statt. Deren ge-
samte Menge müsste man einsammeln und
am besten verbrennen, das ist technisch
und personell fast unmöglich. Im übrigen
werden scheinbar die Bäume durch den
recht späten Entwicklungszeitraum der
ersten und noch mehr der zweiten Gene-
ration wenig geschädigt, weil die Haupt-
produktion von Blatt und Frucht schon ab-
geschlossen ist, wenn die Schmetterlinge
schlüpfen.
Es gibt einige Dutzend parasitoider
Kleinwespen, die als natürliche Bekämpfer
der Motten in Frage kommen, aber darun-
ter eigentlich keine einheimische Art zur
Pflanzengattung, wohl aber aus ähnlichen
Bereichen, z. B. vom Berg-Ahorn (Acer
pseudoplatanus) der auch fallweise von
dieser Miniermotte befallen wird. Im
übrigen muss man abwarten, bis ein sol-
cher Massenbefall durch die natürliche Be-
kämpfung mit Nützlingen wieder einge-
bremst wird.
Allgemeiner Hinweis:
Die außerordentlich hohe Artenzahl an
Pflanzen und Tieren ist noch bei weitem
nicht in das natürliche System eingeglie-
dert. Jährlich werden mindestens 5.000
neue Arten beschrieben. Die Benennung
durch den jeweiligen Spezialisten ist
durch detaillierte Vorgaben (Nomenkla-
turregeln) bestimmt und durch den
schwedischen Naturforscher Karl von
Unne (1707 bis 1778) eingeführt worden.
– Viele Arten haben keine deutschen
Namen, daher kann nur die wissenschaft-
liche Benennung (binäre Form: Gattung,
Art) benützt werden, sie ist international
gültig und vorgeschrieben.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 6-7
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer:
HR Mag. Dr. Alois Kofler, Meraner Straße 3,
A-9900 Lienz Osttirol.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-
blätter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Piz-
zinini, A-6176 Völs, Albertistraße 2a.